Ein Land im Schmerzmittelrausch. Oxycodon wird in den USA quasi bei jedem Beinbruch, Unfall und Rückenleiden verschrieben, und stürzt so eine gesamte Nation in die Abhängigkeit von Opioiden. Doch Oxycodon ist semisynthetisch und war nur der Wegbereiter für den gänzlich synthetischen Bruder Fentanyl, dem Gruß aus der Hölle. Billiger zu produzieren und stärker in der Wirkung: Während Oxycodon als Medikament verschrieben werden muss, produzieren die Kartelle Fentanyl zur Straßenreife und fangen so den gesamten Suchtmarkt auf, der weltweit auf Rezept verschrieben worden ist. Nach seinem gelungenem Hochfinanz-Thriller Arbitrage (2012), legt Regisseur Nicholas Jarecki nun einen Thriller zur Opioid-Seuche nach. CAPELIGHT PICTURES bringt den spannenden Steifen nun für´s Heimkino heraus.
Regie: Nicolas Jarecki
Darsteller: Armie Hammer, Gary Oldman, Evangeline Lilly, Luke Evans, Greg Kinnear, Michelle Rodriguez, Veronica Ferres
Artikel von Kai Kinnert
DEA-Agent Jake Kelly (Armie Hammer) operiert undercover als Drogenhändler. Zusammen mit zwei Drogenkartellen organisiert er einen illegalen Fentanyl-Transport von Kanada in die USA, bei dem die Drahtzieher überführt und festgenommen werden sollen. Im Zuge seines Einsatzes stößt er auf die junge Architektin Claire (Evangeline Lilly), die ebenfalls auf den Spuren der Kartelle ist, deren Anführer für das Verschwinden ihres Sohnes verantwortlich sein könnten. Unterdessen kämpft der Universitätsprofessor Dr. Brower (Gary Oldman) an anderer Front. Der Pharmakonzern, der seine Forschungen finanziert, steht kurz davor, ein neues, vielversprechendes Produkt auf den Markt zu bringen: Klaralon – ein Schmerzmittel, das nicht süchtig machen soll. Doch Dr. Browers Tests mit dem Medikament offenbaren Schreckliches.
Die Sucht frisst sich durch alle Gesellschaftsschichten hindurch und das Geschäft mit den Opioiden ist skrupellos, egal ob nun Kartelle oder Pharmakonzerne hinter der Droge stecken. Am Ende haben beide die gleichen Interessen. Nicolas Jarecki versucht in seinem Film einige Auswirkungen zu umreißen und bedient sich dabei drei Erzählsträngen, die an der kanadischen Grenze mit der Festnahme eines 18jährigen Jungen beginnen. Den Rucksack voller Fentanyl, wollte der Bengel gerade im Tarnanzug einen ungesicherten Grenzverlauf überqueren, als ihn die kanadische Grenzpolizei festsetzt. Zeitgleich arbeitet Agent Kelly in Detroit undercover als Betreiber einer Oxycodon-Praxis, um so seine albanischen Partner und den kanadischen Drogenlieferanten bei einem Deal dingfest zu machen. Die Festnahme des Jungen durchkreuzt die Pläne von Kelly, denn der Vorfall macht die Mafia nervös und bringt die Architektin Claire ins Spiel, die mit dem Vorfall an der Grenze indirekt und aus anderer Sicht konfrontiert wird. Claire war von Oxy abhängig, hat einen 16jährigen Sohn und wird sich an Kellys Drogenlieferanten rächen wollen.
Derweil arbeitet der Universitätsprofessor Dr. Brower an letzten Tests eines Schmerzmittels, das Oxycodon den Rang ablaufen soll. Man steht kurz vor der Zulassung und braucht den Professor mit seinem Labor, um die Wirkungsweise des Medikaments zu bestätigen. Doch die Nummer geht schief, denn das Zeug hat höchstes Suchtpotential und führt zum Tode. Dr. Brower muss sich nun entscheiden: Job oder Ehre.
Die Droge greift in das Privatleben der Hauptfiguren ein: Agent Kelly hat eine süchtige Schwester, Claire verliert einen Sohn und Dr. Brower seinen Job. Mag es aus Sicht des Thrillers auch eine adäquate Auflösung der Story geben, eine Erlösung erfährt das Problem an sich nicht. Im Grunde sind alle Protagonisten ein Opfer des Schmerzmittels Oxycodon und seinen Ausuferungen, der Kampf wird immer weiter gehen. Denn solange staatliche Behörden Mittel wie Oxycodon in die Alltagsmedizin einfließen lassen, wird es immer mehr Menschen auf Heroin geben, turbobeschleunigt durch Kartelle, die dankbar auf den Zug aufspringen und den Straßenmarkt erobern.
Crisis ist zügig inszeniert und durchaus glaubwürdig in seinen kurzen Ausflügen in die Privatwelt der Protagonisten. Gerne hätte man von Kellys Schwester mehr erfahren und auch die Trauer Clairs ist in den knapp gehaltenen Filmminuten nachvollziehbar. Armie Hammer macht als Agent Kelly eine passable Figur und Nicolas Jarecki inszenierte ruhig und doch konzentriert. Die Kamera ist gelungen und findet gute Kinobilder, die Atmosphäre funktioniert. Einzig Veronica Ferres sticht etwas befremdlich aus der übrigen Besetzung hervor. Ihr Schauspiel wirkt steif und bemüht, sie fällt gegen die lässig aufspielenden Kollegen ab und erreicht so kein internationales Format. Vielleicht hatte sie einen schlechten Tag, wer weiß.
Crisis ist ein solider, spannender Thriller, ein runder Begleiter für den Filmabend daheim. Wer bis zur physischen Veröffentlichung abwartet, wird im Bonusmaterial mit einer Featurette und Trailern belohnt. Ein Wendecover ohne FSK-Logo wird ebenfalls vorhanden sein.
Trailer: