Diese Art von Serie ist eigentlich gar nicht mein Ding. Die Hormon-Probleme von Frauen, die mit ihrem Meerschweinchen-Motto-Café Pleite gehen, sämtliche Typen vögeln und um ihre beste Freundin trauern, erfüllen nicht gerade meinen persönlichen Spannungsbogen für einen unterhaltsamen Serien-Abend. Und dass die Hauptfigur ständig mit dem Zuschauer spricht und so ihre Situation kommentiert, hebt auch nicht gerade die Vorfreude auf alle sechs Folgen der ersten Staffel. Preisgekrönt hin oder her, hier habe ich nur einen kalten Fuß beim Durchlauf erwartet. Doch ich machte die Rechnung ohne Phoebe Waller-Bridge, Autorin und Hauptdarstellerin der Serie, die nur 21 Sekunden brauchte, um mich an alle Folgen zu nageln. Meine Güte, Fleabag strotzt vor gutem Schauspiel, rundem Timing und fantastischem Witz. JUSTBRIDGE ENTERTAINMENT brachte das Highlight britischen Serien-Könnens nun in physischer Form in die heimischen Wohnzimmer und spendiert Euch eine DVD-Box.
Creator: Phoebe Waller-Bridge
Regie: Harry Bradbeer, Tim Kirkby
Darsteller: Phoebe Waller-Bridge, Sian Clifford, Olivia Colman, Jenny Rainsford, Bill Paterson
Artikel von Kai Kinnert
„Fleabag bietet einen ebenso lustigen wie scharfsinnigen Einblick in die Seele einer schlagfertigen, sexuell aktiven, wütenden und von Trauer geplagten Frau, die versucht, die Welt zu verstehen. Während sie sich kopfüber in das Leben stürzt, stößt Fleabag im modernen Großstadtdschungel Londons jedoch des Öfteren an ihre Grenzen. Fleabag schläft mit jedem, der es wagt, ihr zu nahe zu kommen, pumpt sich regelmäßig Geld, lehnt jeden ab, der versucht, ihr zu helfen, und hält die ganze Zeit die Tapferkeit aufrecht.“
Grob gesehen erzählt Fleabag davon, wie sich Fleabag durch ihren Alltag kämpft, schräg-witzige Situationen mit ihren Kerlen erlebt und sich an ihre tote Freundin erinnert. Angetrieben wird das ganze noch vom familiären Hintergrund Fleabags, der für reichlich Witz sorgt und mit Olivia Colman (The Queen, 2018) als Stiefmutter bestens besetzt wurde. Aber auch der Rest der Besetzung ist fantastisch und gekonnt, die Nummer ist ein Spaß durch und durch.
Fleabag legt ein straffes Erzähltempo vor und hält seine Folgen kurz, nach 180 Minuten ist der Drops gelutscht. Dadurch, dass Fleabag die Barriere zum Zuschauer durchbricht, bekommt die Inszenierung der Serie einen literarischen Charakter, der bestens funktioniert. Phoebe Waller-Bridge spielt die Unterbrechung zum Zuschauer mit einem so guten Timing und sympathischen Witz, das man gleich auf ihrer Seite ist und so Fleabag in ihrer getriebenen Achterbahnfahrt der Gefühle folgen mag. Überhaupt hat man Spaß an allen Figuren der Serie, niemand nervt, alle haben ihre Eigenarten und obwohl der trockene Witz über allem schwebt, ist Fleabag von angenehm inszenierter und unaufdringlicher Traurigkeit umgeben, die sich am Ende der Serie aufklären wird.
Jeder Handlungsstrang ist voll mit gut geschriebenen, witzige Dialogen und in jeder Folge schlummert mindestens ein längerer Gag, der durch die Figuren fantastisch zündet und mir drei Lachanfälle bescherte, von denen ich mich nur schwer erholen konnte. Die ganze Truppe spielt auf höchstem Niveau und ist schmissig besetzt, aber Olivia Colman als Stiefmutter ist einfach klasse. Die Stiefmutter ist eine Psychopathin, eine narzisstische Künstlerin, die Fleabag hasst und ihr mit latenter Aggression begegnet. Da gibt es schöne Momente gekonnter Comedy, gerne hätte man von Olivia Coleman noch mehr gesehen (Stichwort „Selbstbildnis“, „Handtuch im Haar“ und „Sex-Ausstellung“). Aber auch Fleabags Ex-Freund Harry, mit dem sie eine On/Off-Beziehung führt, hat seine große Szene (hier besonders die „Ninja-Überraschung“), dann der Kerl aus dem Bus, der etwas blöde Adonis beim Familienessen und ihre verspannte Schwester mit ihrem sexistischen Ehemann, sorgen für ein rundes Drama-Comedy-Vergnügen.
Fleabag ist durchgehend straff und gekonnt inszeniert, voller Komik, guter Dialoge und bestens besetzt. Die 180 Minuten zieht man sich gerne in einem Stück rein. Da freut man sich auf die 2. Staffel, mit der Fleabag dann auch zu Ende erzählt ist. Ein Tipp für alle, die es auch mal lustig mögen. Die Serie ist übrigens deutlich besser, als es der müde Trailer suggeriert.
Das Bild der vorliegenden Rezi-DVD ist gut, der Ton ebenso.
Und da Fleabag eine Entdeckung wert ist, spendierte uns Justbridge Entertainment ein Exemplar zur Verlosung. Wer also an britischen Serien seinen Spaß hat, sollte hier mitmachen. Dazu muss nur eine Frage beantwortet werden:
Welches Nagetier bildet das Motto für Fleabags Café?
Die Antwort schreibt bitte bis Freitag, 21. Mai 2021 um 18 Uhr mit dem Betreff „Fleabag“ an christian@die-medienhuren.de. Der Gewinner wird im Anschluss per Mail informiert. Der Rechtsweg ist wie immer ausgeschlossen.
Trailer: