Ein Serienmörder mit Alzheimer-Erkrankung will seine Tochter vor ihrem Freund retten, denn die Instinkte des Killers haben angeschlagen: der Kerl könnte ebenfalls Mörder sein. Die Ausgangsbasis des südkoreanischen Thrillers klingt vielversprechend und auch das Dexter-Prinzip scheint nicht weit zu sein. BUSCH MEDIA brachte den Thriller, eine Romanverfilmung, nun frisch in die heimischen Wohnzimmer.
Originaltitel: Salinjaui gieokbeob
Regie: Won Shin-yeon
Darsteller: Kyung-gu Sol, Nam-gil Kim, Seol-Hyun Kim, Dal-su Oh, Seok-jeong Hwang, Byung-Joon Lee
Artikel von Kai Kinnert
Der freundliche Tierarzt Byung-su verbirgt ein düsteres Geheimnis: Vor seiner Alzheimer-Erkrankung war er ein brutaler Serienmörder. Nachdem er bereits im Kindesalter seinen sadistischen Vater im Affekt getötet hatte, machte er es sich fortan zur Passion, die Welt von menschlichem Abschaum zu befreien. Erst ein schwerer Autounfall beendete vor siebzehn Jahren die Mordserie. Als in Byung-sus Kleinstadt plötzlich die Leichen junger Frauen entdeckt werden, macht er sich Sorgen: Hat er die Frauen umgebracht und kann sich nicht daran erinnern? Schon bald findet er jedoch Indizien, die auf den Polizisten Tae-ju als Täter hinweisen. Als dieser ausgerechnet mit Byung-sus erwachsener Tochter ein Verhältnis beginnt, eskaliert die Situation.
Der Streifen hat eine…wie soll man sagen…schleichende Optik. Byung-su ist ein geborener Mörder, der gegen das Vergessen ankämpft und ein Buch über sein Leben schreibt. Angefangen von seinem brutalen Vater, den er mit einem Sack Weizen (?) tötet, danach zum Frauenmörder wird und abschließend als Tierarzt böse Menschen ermordet. Als er durch die Arbeit in seiner Praxis ein gewisses Ausmaß an Tierquälerei durch seine Kunden erkennt, beschließt er auch diese Leute umzubringen. Durch einen Auffahrunfall auf einer Straße im Industriegebiet einer Großstadt trifft Byung-su auf den Polizisten Tea-ju, der mit seinem Auto auf der Straße parkte. Der Kofferraum ist durch den Unfall aufgegangen: eine Leiche im Plastiksack scheint dort zu liegen. Byung-su weiß, das ein Mörder vor ihm steht und möchte für den Schaden aufkommen. Er überreicht Tae-ju seine Visitenkarte mit der Bitte, ihm die Rechnung der Reparatur zukommen zu lassen. Tae-ju weiß also fortan, wo Byung-su wohnt und das er eine Tochter hat. Soweit, so gut.
Die ersten 20-30 Minuten des Streifens kann man durchaus als funktionierend bezeichnen, sie sind atmosphärisch und führen Byung-su gut ein. Kamera und Musik schaffen eine kriechende Düsternis, die den ganzen Film über ihre Spannung halten kann. Die Idee mit den vielen, langsamen Zooms ist besonders gut…die Kameraarbeit ist gekonnt unaufdringlich und findet mit ihren leichten Zooms eine spannende Eleganz, die man sich vom Drehbuch auch gewünscht hätte. Filmtechnisch gibt es an Memoir of a Murderer nichts zu Meckern.
Natürlich gibt es gelungene Einfälle in der Story, so ist es ja nicht. Das Byung-su einen Poesie-Kurs besucht, um seine grausame Biografie besser in Worte fassen zu können, ist irgendwie ein angenehmer Bruch in der ansonsten unsympathischen Figur Byung-su, der den gesamten Film über aus dem OFF kommentiert. Es ist ein bisschen wie bei Dexter, nur das Dexter sporadisch aus dem OFF plauderte, während Byung-su durch Konstanz den Zuschauer an sein krankes Wesen zu binden versucht. Doch während die Nummer in Dexter gut funktioniert und Dexter als sympathisch-entrückter Killer inszeniert wird, bleibt Byung-su einfach nur ein Mörder, der trotz Alzheimer, Diktiergerät, Poesie-Kurs und Tochter einfach nur ein Mörder ist. „Portrait of a Serialkiller!“könnte man jetzt denken, doch soweit geht Memoir of a Murderer nicht. Denn das Grundlegende in diesem Streifen ist schrecklich konstruiert. Nach gut 20 Minuten hat sich der Film als selbst-zweckhaft ausgehebelt und sich so in belangloser Künstlichkeit verloren. Mag es optisch auch ein spannender Film sein, so ist doch der gesamte Plot hingebogen und einfältig. Es gibt zwar diesen Gag mit dem verzögertem Humor von Byung-su (Humor ist die einzige Emotion, die er empfinden kann), doch dieser Gag führt zu nichts. Das Byung-su erst später auf einen Witz reagieren kann, bringt weder dem Film, noch der Figur etwas. Doch während man diesen undurchdachten Einfall noch durchgehen lassen kann (irgendwie ist die Nummer auch ganz witzig), ist für den Film ab dem Auftritt von Tae-ju Schluss.
Dass Tae-ju aufgrund der Visitenkarte weiß, wo Byung-su wohnt und seine Tochter bedroht – kein Problem. Das die Tochter sich aber in Tae-ju verliebt, die beiden ein Paar werden, zusammen bei Byung-su am Tisch sitzen und heiraten wollen…das ist völliger Unsinn. Würde die Tochter nicht plötzlich und einfach so Tae-ju als Freund haben, gäbe es den gesamten Film nicht. Nur die Künstlichkeit einer einzigen Situation erzeugt den weiteren Verlauf der Handlung – und das ist schwaches Handwerk im Schreiben von Drehbüchern, da fällt der Streifen in sich zusammen. Gefühlt mag der Film in seiner Spannungskurve vorangehen, im Inneren jedoch ist Memoir of a Murderer seelenlos konstruiert und so eine Plattitüde des Serialkiller-Genres.
Handwerklich ist die Atmosphäre von Memoir of a Murderer gut umgesetzt worden, der Rest ist Gedöns und voller Selbstzweck. Das wäre besser gegangen.
Das Bild der uns vorliegenden Blu-ray ist gut und klar, die Ton ebenso. Die Synchronisation ist gut. In der Mediabookvariante wird außerdem noch die Directors Cut Variante angeboten, die sich deutlich von der „normalen Fassung“ unterscheiden soll.
Trailer: