Am 01. Juli öffnen bundesweit die Lichtspielhäuser wieder ihre Pforten. Gleich zu Beginn werden dann auch reihenweise größerer Filmproduktionen endlich wieder auf uns losgelassen. Einer von ihnen ist die neueste Videospielverfilmung von Paul W.S. Anderson, der bereits dem Resident Evil-Franchise seinen ganz eigenen Stempel aufdrückte. Dies kam zwar nicht überall gut an, sorgte aber immerhin für volle Kinokassen. Wie sich dieser, ebenfalls von CONSTANTIN FILM produzierte, Creature-Horrorfilm an der Kinokasse schlägt, wird sich zeigen. Wir verraten Euch aber vorab, ob sich der Kauf einer Kinokarte lohnt.
Drehbuch und Regie: Paul W.S. Anderson
Darsteller: Milla Jovovich, Tony Jaa, Ron Pearlman, T.I., Diego Boneta
Artikel von Christian Jürs
Es war einmal in einem Paralleluniversum, weit weit entfernt. Ein riesiges Segelschiff durchquert eine Sandwüste. Noch bevor man als Zuschauer „What the fuck?“ aufgrund dieses eigenartigen Ereignisses und den extrem künstlich wirkenden CGI-Effekten sagen kann, erhaschen wir ein Monstrum, welches durch den Sand buddelnd das Schiff verfolgt. Eine Art Raketenwurm also (oder doch ein Sandshark?). An Bord befindet sich eine Truppe illustrer Kämpfer, die dem Ungetüm versuchen zu trotzen. Unter ihnen befindet sich, neben einer Kampfkatze (!), auch Hunter, gespielt von Kampfsportstar Tony Jaa (Ong Bak), was die Vorfreude auf kommende Actionmomente bei mir enorm steigerte. Doch nicht nur er, auch Ron Pearlman ist unter den Kriegern, die dem Ungetüm den Kampf angesagt haben. Der sorgt dann auch gleich für den ersten- und besten Lacher im gesamten Film, indem er eine lächerliche Perücke zur Schau trägt, die wahrscheinlich vor dem Dreh noch beim König der Löwen Musical zum Einsatz kam. Optisch erinnert der Mime dabei an eine Mischung aus Will Ferrell und seinem eigenen Alter Ego aus der TV-Serie Die Schöne und das Biest (Pearlman war nicht „die Schöne„!). Zum Ende der Szene geht Hunter über Bord und wird von seinen Kameraden im Sand zurückgelassen.
Danach geht es ab in unsere Welt. Darin sucht Captain Natalie Artemis (Milla Jovovich), zusammen mit einer ihr unterstellten Sodatentruppe, in einem Jeep nach einer verschwundenen Einheit, irgendwo hinter den Sanddünen. Die Worte „Durchkämmen Sie die Wüste!“ kommen mir in den Sinn und ich fange sofort an zu grinsen. Ganz im Gegensatz zu Captain Artemis, die dauerhaft wichtig-böse dreinschaut und jeden Satz so voller Inbrunst im Domina-Befehlston von sich gibt, dass selbst die Wahl des Mittagessens auf das jüngste Gericht fallen dürfte. Als der bis unter die Decke bewaffnete Jeep in einen Sandsturm gerät, schleudert dieser das Gefährt in eingangs erwähnte Paralleldimension. Wieso? Weshalb? Warum? sind Fragen, mit denen sich ein Paul W.S. Anderson nicht abgibt. Ich allerdings frage mich, wie es angehen kann, dass ein Fahrzeug sich ein halbes Dutzend mal überschlagen kann, ohne dass, abgesehen von der stylisch aussehenden, blutigen Schnittwunde im Gesicht von Milla Jovovich, irgendjemand auch nur eine Schramme oder einen blauen Fleck davon trägt. Zwei weitere Male soll sich das Fahrzeug im Laufe des Films nochmal in dieser extremen Art überschlagen, verletzt wird dabei aber erneut niemand.
In der fremden Wüstenwelt angekommen, treffen unsere Helden (?) auch sogleich auf Hunter, der einen Warnschuss abfeuert, was ihn sofort seitens der Soldaten unter Beschuss geraten lässt. Gott sei Dank erkennt Milla / Artemis sofort: Der meint das gar nicht böse, der schießt mit roter Kreide um uns zu warnen. Und tatsächlich, nur wenige Sekunden später bricht ein gepanzerter Riesenkäfer aus dem Boden, Starship Troopers lässt schön grüßen. Die Soldaten feuern sofort aus allen Rohren auf das Biest, doch egal ob Automatikknarre, Maschinengewehr oder auch Panzerfaust, das Vieh zuckt nicht einmal. Trotzdem feuert unsere hochintelligente Truppe munter weiter, statt fix das Weite zu suchen (vielleicht hätten sie es ja irgendwo gefunden). Schwupps, hat sich der Cast innerhalb von Sekunden halbiert.
Die Überlebenden verschanzen sich in einer Höhle, wo Mastermind Paulchen Anderson eine ganz besondere Überraschung für uns parat hält: Captain Artemis wird verletzt und stirbt. Nach nicht einmal einer halben Stunde verlässt also des Regisseurs Liebchen den Film. Was jedoch bei Einsame Entscheidung noch ein gelungener Überraschungsmoment war, entpuppt sich hier als Hoax. Natürlich zuckt sie bereits eine Szene später wieder und kommt auch rasch wieder auf die Beine, im Gegensatz zu ihrer Einheit, die nun bereits endgültig das Zeitliche gesegnet hat. Ein einziger Soldat gibt noch kurz ein Lebenszeichen von sich, ehe dutzende von spinnenähnlichen Viechern aus seinem Wanst platzen. Die einzige Szene übrigens, die auch nur annähernd die deutsche FSK 16 Freigabe halbwegs rechtfertigt, obwohl auch hier das CGI auch von jüngeren Zuschauern als solches entlarvt werden dürfte.
Nachdem ihre Co-Stars in ungewohnt hoher Geschwindigkeit ablebten (was wohl daran lag, dass das Drehbuch aus diesem gespielten Nichts an Charakteren einfach keinerlei Inhalt mehr hervorzaubern konnte), muss Artemis folgerichtig natürlich erneut auf Hunter treffen, der ihr fix aus der Patsche hilft, als riesige Spinnenmonster „the directors wife“ angreifen. Da sie aber die Worte des Asiaten nicht versteht, bekämpft sie ihn zunächst (dabei dürfte jeder Dreijährige gemerkt haben, dass beide im selben Team arbeiten). Egal, vielleicht mochte Drehbuchautor und Regisseur Paul W.S. Anderson einfach John Carpenters Sie leben und wollte auch einmal so eine zünftige Schlägerei zwischen den Helden inszenieren. Es heißt also Tony Jaa vs. The stuntgirl of Milla Jovovich. Hätte, bei all dem Blödsinn, trotzdem eine tolle Actionszene werden können, doch Anderson zerhackt die Szene mit Schnitten im Sekundentakt, um zu verbergen, dass er nicht in der Lage war, eine ordentliche Choreographie des Kampfes einzufangen. Dies gilt übrigens für sämtliche Actionszenen, die zwar in teilweise beeindruckenden Settings stattfinden, jedoch einfach nur konfus aneinander gecuttet wurden. Eine billige Art und Weise, die er bereits bei seinem letzten Film Resident Evil – The Final Chapter, als Stilmittel verwendete, um auch noch den letzten Schauwert seiner immer hirnloser werdenden Werke zu vernichten.
Es kommt, was kommen muss: Die beiden ungleichen Helden raufen sich zusammen und suchen gemeinsam einen Weg aus der Hölle. Dabei lässt es sich Maestro Anderson nicht nehmen, eine unglaublich bewegende Szene zu inszenieren, die mich zu Tränen rührte. In dieser Szene versucht Artemis etwas über die Heimat von Hunter zu erfahren. Da dieser ihre Sprache nicht versteht, bildet sie mit ihren Fingern ein Dreieck, quasi das Dach des Hauses vom Nikolaus und fragt, ob er jemals wieder nach Hause kommen wird. Hunter bildet daraufhin ebenfalls ein Dreieck mit seinen Patscherchen, sagt leise „Ause!“ und schüttelt traurig den Kopf. Wer hier nicht heult, der ist schon tot.
Als ich die Ehre hatte, diesen neuen, potentiellen Blockbuster zu sichten, betrug die Außentemperatur in Hamburg 38 Grad. Daher bekamen wir vom Verleiher jeder ein Eis spendiert. CujaMara Split. Äußerst lecker, diese Mischung aus zartschmelzendem Vanillekern, umhüllt von fruchtigem Wassereis. Hätte ich dieses Eis reviewen dürfen, ich hätte es sofort weiterempfohlen. Für Monster Hunter habe ich heute aber leider keine Rose dabei. Zu billig die Effekte, zu doof die Charaktere, zu schlecht das Schauspiel und – trotz andauernder Monsteraction – zu viel Langeweile, da einem das Gezeigte einfach komplett am Allerwertesten vorbei geht. Am Besten ist noch Ron Pearlman als Howard Carpendale Look-a-like auf Crack, der im Finale wieder aus dem Nichts auftaucht und so Dinge wie „Ey, Scheisshaufen!“ den Monstern entgegenraunzen darf.
Eine echte Enttäuschung, zumindest für mich. Wer mit dem nach meinem Empfinden ähnlich belanglosen Resident Evil – The Final Chapter etwas anfangen konnte, der darf aber gerne einen Blick riskieren.