James Gandolfini führt den Militärknast mit eiserner Hand und lässt Gefangene gerne mal abknallen. Oder ein Gefangener muss zur Strafe stundenlang im strömenden Regen im Gefängnishof vor der Fahne salutieren, was an diesem Ort gefühlt eine eher milde Strafe zu sein scheint, gehört doch das Salutieren zum Berufsalltag eines Soldaten. Nicht aber im Militärgefängnis, denn hier bedeutet das Salutieren unter den Gefangenen die Anwesenheit einer Befehlsstruktur, die es im Knast aus Autoritätsgründen zu vermeiden gilt. Denn Chef im Knast ist der Direktor und sonst niemand. Außer Robert Redford fährt auch in den Knast ein, hier als General. Dem General gelingt es mit väterlicher Pädagogik und militärischer Weisheiten neues Selbstvertrauen bei den Verurteilten zu säen und so langsam eine Knast-Armee aufzubauen. Und schon beginnt das Salutieren, hier getarnt durch eine abschließende Handbewegung durchs Haar. Das lässt sich James Gandolfini natürlich nicht gefallen. PARAMOUNT PICTURES brachte den Knast-Thriller nun frisch auf Blu-ray in die heimischen Wohnzimmer.
Originaltitel: The Last Castle
Regie: Rod Lurie
Darsteller: Robert Redford, James Gandolfini, Mark Ruffalo, Robin Wright Penn, Delroy Lindo
Artikel von Kai Kinnert
Sein Dienst am Vaterland machte ihn zum Helden. Ein Fehler machte ihn zum Gefängnisinsassen. Für General Eugene Irwin (Redford) geht es zunächst einfach nur darum, seine Strafe abzusitzen – bis er mit Entsetzen feststellen muss, dass seine Mitgefangenen kaltblütig ermordet werden. Da übernimmt Irwin ein letztes Mal das Kommando und vereint die Gefangenen in einem verzweifelten Kampf, der der Welt das wahre Gesicht eines brutalen, korrupten Systems offenbaren soll.
Ohne die beiden guten Hauptdarsteller Redford und Gandolfini wäre der Film wahrscheinlich nicht der Rede wert. Die beiden Schauspieler tragen den gesamten Film allein durch ihre Anwesenheit und brauchen dabei nicht einmal viel Aufwand. Während Redford einfach nur Redford ist und nicht schauspielert, zieht Gandolfini hier und da seine gekonnten Blicke und Details aus dem Gandolfini-Schauspielbaukasten, die ihn später mit der Rolle des Tony Soprano in Die Sopranos so brillant verwachsen ließen. Redford passt als General Irwin wie die Faust aufs Auge, ebenso Gandolfini als gemeiner Gefängnisdirektor. Protagonist und Antagonist sind also richtig besetzt worden und geben so ihrer Rolle das nötige Format, dem Film weiter beiwohnen zu wollen.
Redford ist der amerikanische Traum eines Generals. Seine väterliche Art ist voller Charisma, Übersicht und militärisch-pädagogischer Erfahrenheit, dass man dem Mann blind in den Kampf folgen würde. Auch als Nicht-Soldat. Doch ein weiser Held braucht einen Gegenspieler mit Tiefe, und hier setzt der Film mit Gandolfini gut an. Der Gefängnisdirektor ist nicht einfach nur ein latent aggressiver Arsch, er ist ein Typ mit bürokratischem Charakter, ein Schreibtischtäter, der aber nicht grundlegend schlecht ist, sondern sich durch die Möglichkeiten praktischer Macht verführen ließ und anschließend durch Irwin zur Grenzüberschreitung provozieren lässt. Da passt Gandolfini mit seiner Art des Schauspiels perfekt, denn er spielt das menschliche Zweifeln an der Richtigkeit seines Handelns gekonnt drunter.
Der Film versucht Begriffe wie Menschlichkeit und Gerechtigkeit durch die Konfrontation der beiden Hauptfiguren auszuloten, alle Figuren werden fast fair behandelt und nicht einmal die Scharfschützen im Finale sind unmenschliche Todesschützen. Für einen Militärknastfilm ist das beinahe erstaunlich. Und so begrenzt sich der finale Akt, trotz allen Aufstandes, am Ende auf Redford und Gandolfini, findet hier also seinen Kniff, mit dem das Gute irgendwie siegen darf.
Um so erstaunlicher ist die Undifferenziertheit, mit der Die letzte Festung seinen Ansatz der Menschlichkeit durch Fahnen-Verehrung, Heldentod und Soldatenehre wieder unterminiert. Wer seinen Dienst an der Fahne verrichtet, dem sollte Gerechtigkeit widerfahren…auch wenn er dafür in den Tod geht. Dieser merkwürdige Beigeschmack verwässert die Botschaft zu einer schlammigen Masse, die den Streifen ab Mitte zunehmend scheitern lässt. Hinzu kommt die schwache und schlampig zusammengeschusterte Action des Aufstandes, die eine Menge Fragen offen und spannende Elemente links liegen lässt. Als es zum Kampf kommt, sind plötzlich die Gefangenen mit Ketten, Blechschilden, Schleudern und Molotowcocktails bewaffnet…doch woher kommt die Ausrüstung? Wie hat man sich bewaffnen können? Spannende Fragen, auf die der Film keine Antwort hat. Das Zeug ist da und am Ende stürzt sogar ein Hubschrauber ab, ausgelöst durch eine Wasserwerfer-Harpune. Die Hubschrauber-Nummer wirkt wie Blech-Rodeo am Kran und lässt Die letzte Festung im Finale wie ein tobender Mad Max-Kindergarten im Gefängnishof aussehen.
Die letzte Festung lebt durch seine beiden Hauptdarsteller und vermag so die Fans von Robert Redford und James Gandolfini zu begeistern. Der Rest des Streifens zerfällt im Laufe der Spielzeit zunehmend zu einem durchschnittlichen, nicht besonders raffinierten Knastfilm, dem am Ende nur eine gehisste Fahne bleibt.
Das Bild der Blu-ray ist gut, der Ton ebenso. Als Extras gibt es einen Kommentar von Regisseur Rod Lurie; Rod Lurie über „Die Letzte Festung„, die Featurette Abschied eines Helden – Ein Gespräch über das alternative Ende, HBO First Look – Im Inneren der letzten Festung, entfernte Szenen und den Kinotrailer.