Eieieiei…ach herrje. Der Feuilleton war ja recht angetan von dieser deutsch/schwedischen Agentenverfilmung um Carl Hamilton, der hier, nach früheren Spielfilm-Ausflügen, endlich als Serienfigur auftreten darf. Homeland, 24 und Jason Bourne werden hier von den Kritikern in einem Atemzug mit Hamilton genannt, sogar James Bond darf nicht fehlen. Die Action sitzt, das Timing stimmt, die Kamera wackelt und fertig ist der öffentlich-rechtliche Blockbuster, der mit US-Produktionen mithalten kann. Schön wäre es. EDEL MOTION brachte den ZDF-Ausflug ins straff erprobte Agentengenre nun ungeschnitten heraus.
Regie: Erik Leijonborg, Lisa Farzaneh, Per Hanefjord
Darsteller: Jakob Oftebro, Nina Zanjani, Krister Henriksson, Rowena King, Peter Andersson
Artikel von Kai Kinnert
Nachdem eine Serie von Bombenanschlägen und Cyberattacken Stockholm erschüttert hat, fahndet der schwedische Geheimdienst SÄPO fieberhaft nach den Drahtziehern der Angriffe. Es sind schwierige Zeiten für jeden, der im geheimsten aller Regierungsjobs beschäftigt ist. Niemand weiß das so gut wie Carl Hamilton, der eine jahrelange Ausbildung zum Navy SEAL absolviert hat. Gerade erst in geheimer Mission in seine Heimat zurückgekehrt, wird er von der OP-5, dem militärischen Geheimdienst Schwedens, rekrutiert. Hamilton begibt sich auf eine wilde Verfolgungsjagd quer durch die Welt, um die Terroristen zu fassen und entdeckt bald, dass hinter den Anschlägen noch weitaus dunklere Kräfte stecken als die üblichen Verdächtigen: eine Organisation, die sich Fake News, Fremdenfeindlichkeit und Terrorismus zunutze macht, um daraus Profit zu schlagen! Hamilton gerät mitten in einen „Kalten Krieg 2.0“ zwischen Russland und den USA, der seine Loyalitäten auf eine harte Probe stellt.
Auf eine harte Probe wird auch der Zuschauer gestellt. Man muss schon ein TV Navy SEAL sein, um bei dieser Serie Spannung zu empfinden und dem verworrenen Treiben beiwohnen zu wollen. Dabei sah der Trailer für das angedachte TV-Format gar nicht so schlecht aus. Doch sobald sich die Serie aus dem Trailer heraus in seine 10 Folgen entblättert, eröffnet sich ein schwaches (bis albernes) Drehbuch, das mit dem üblichem IT-Cyber-Unsinn aufwartet und auch noch schlecht besetzt worden ist. Jakob Oftebro als Hamilton spielt so spannend, wie eine blasse, randlose Scheibe Toastbrot…gänzlich ohne Physis eben und frei von Überraschungen. Selten gab es einen Agenten, der so lahm und risikolos gespielt wurde, wie in Hamilton – Undercover in Stockholm. Da passt die dröge TV-Inszenierung, die hier zwar mit schnellen Schnitten Augenwischerei in Sachen Dynamik suggeriert, ansonsten aber nichts weiter als eine flache Optik abliefert, die man mit nur einem Kit-Objektiv an der Kamera erreichen kann. Das Schlimmste an Hamilton – Undercover in Stockholm ist der unendlich einfallslose Einsatz der Kamera, die hier mit Zooms und Gewackel einen Schwung wie bei 24 kopieren möchte…und daran scheitert. 24 bediente sich Techniken des Kinos, um seine optische Dynamik zu erreichen, während bei Hamilton nur am Objektiv herumgefummelt wird. Das hat keinen Look, da gibt es keine international konkurrenzfähige Optik, da ist so mancher ARD-Tatort deutlich cineastischer und größer inszeniert worden.
Kamera, Schnitt, Drehbuch, Regie und Darsteller verheben sich komplett an der wirren Agenten-Story, die ein Füllhorn an unsinniger Cyber-Hacker-Szenen ist und dabei passend vom Wollmützen-Nerd flankiert wird. Die Action mag hier und da zwar noch kurz funktionieren, doch all das Gedöns um irgendwelche Cyber-Attacken auf Stockholm zieht wahrlich niemanden die Schuhe aus. Erst recht nicht, wenn sich Jakob Oftebro als Agent versucht und dabei auch noch vom ZDF gefilmt wird.
Hamilton – Undercover in Stockholm ist eine dröge TV-Serie, die gerne größer wäre… jedoch am mangelnden Talent aller Beteiligten scheitert. Die Nummer springt einfach nicht über, die unsinnige Story gibt keine 10 Folgen her und die Action ist selbst uncut nicht allzu aufregend. Die 2. Staffel startet nächstes Jahr…Jack Reacher, bitte…bitte übernehmen Sie!
Das Bild der uns vorliegenden DVD ist sauber und klar, der Ton ebenso.