Fleabag ist zurück! Die 1. Staffel war verdammt witzig, ein Füllhorn guter Dialoge und bestens vorbereiteter Gags…ein britische Serie von hoher Qualität eben, super besetzt und genau auf den Punkt gebracht. Obwohl das Liebesleben von Serienfiguren auf Dauer eher uninteressant ist, gelang Fleabag das große Kunststück, gerade dies urkomisch zu inszenieren und mit luftiger Würze in 180 Minuten ansehnlich zu verpacken. Doch reicht der Schwung für eine Fortsetzung, gibt es eine sinnvolle Weiterführung…oder bekommt man hier nur den gleichen Gag noch einmal vorgekaut? JUSTBRIDE ENTERTAINMENT brachte die 2. Staffel nun frisch heraus.
Regie: Harry Bradbeer
Darsteller: Phoebe Waller-Bridge, Sian Clifford, Olivia Colma, Brett Gilman, Andrew Scott, Hugh Skinner, Jenny Rainsford, Bill Paterson
Artikel von Kai Kinnert
Es muss die zweite Folge in dieser Staffel von Fleabag gewesen sein, die die ARD damals dazu veranlasste, die ersten zwei Folgen dieser Staffel auch nach 22 Uhr nur mit Altersnachweis in der Mediathek zugänglich zu machen. Fleabag bändelt nämlich in der ersten Folge bei einem Familienessen mit einem katholischen Priester an, der alles andere als korrekt ist und somit in den Fokus von Fleabags Trieb gerät. Grund genug scheinbar, um hier nach dem Ausweis zu fragen. So ab Ende der 17. Minute der zweiten Folge muss dann der Moment gekommen sein, bei dem die Jugendschützer des öffentlich-rechtlichen Rundfunks rote Ohren bekommen haben und der Türsteher für die Mediathek angeheuert wurde. Fleabag sitzt hier bei einer Therapeutin und es entwickelt sich ein flott-kurzer Dialog über Sex mit einem Priester, der britisch-trocken pointiert vorgetragen wird. Das Konzept der Serie, verkorkst spritzige Dialoge und eine direkte Ansprache durch Fleabag, die den Zuschauer so zu einem intimen Begleiter Fleabags macht, funktioniert hier genauso frisch wie in der ersten Staffel und führt uns nach dem kurzen „Ich möchte einen Priester ficken“-Dialog zur dritten Folge, die eine der besten in der vorliegenden Staffel ist. Es geht um die Preisverleihung „Beste Frau im Business“, bei der Fleabag kellnern soll. Natürlich zerstört Fleabag kurz vor der Übergabe den gläsernen Pokal und muss improvisieren, wobei sie eine unglücklich-witzige Wahl für den Ersatz-Preis treffen wird. Die so geehrte Geschäftsfrau, eine ältere Dame, nimmt die Preisübergabe mit Fassung und es entwickelt sich später zwischen den beiden ein toll geschriebener Dialog über das Frau-sein und die Wechseljahre. Es sind dieser Art Dialoge, die Fleabag so warmherzig und nahbar machen, eine Art Tiefsinn, der hinter der permanenten anwesenden Sexualität in den Drehbüchern hervorblitzt. Das ist angenehm unterhaltsam, denn es gibt den Figuren einen Bogen, ihr Auftreten ist kein Selbstzweck und so erfüllt sich hier vor den Augen des Zuschauers gut gemachtes Serien-Kino.
Phoebe Waller-Bridge ist eine Drehbuchautorin mit Talent und eine Schauspielerin mit Timinig, doch die Serie würde scheitern, gäbe es da nicht die toll aufspielende Besetzung, die hier für den eigentlichen Witz sorgt. Da ist Sian Clifford als Claire, herrlich verklemmt und unter Dampf zu gleich, da ist Olivia Colman als Stiefmutter, die auf einer Trauerfeier in der Kirche ihren besten Auftritt hinlegt (wobei die Kimono-Nummer mit Blume im Haar auch genial ist), auch Brett Gilman (Martin) hat in der letzten Folgen seinen großen Auftritt, selbst Hugh Skinner als Ex-Freund Harry (mit Baby vor dem Bauch) darf nicht fehlen….und Andrew Scott als Priester schießt den Vogel ab. Wie der verschwitzte Vertreter eines Strukturvertriebs in der Finanzberatung, schmiert sich Scott mit verzweifeltem Charme und blauem Auge durch seine Rolle als katholischer Priester und rundet so den Schwung der Serie gekonnt ab.
Wer sich schon bei der 1. Staffel von Fleabag bestens unterhalten fühlte, wird bei Fleabag – Season 2 nicht enttäuscht werden. Drehbuch, Tempo, Witz und Schauspiel sind auch hier von höchster Qualität, es gibt keinen Hänger, der Witz verbraucht sich nicht und die Story mündet in einem elegant-feinen Finale. Das hat wirklich Spaß gebracht.
Das Bild der uns vorliegenden DVD ist sauber und satt, der Ton ebenso.