Regisseur und Drehbuchautor Ivan Kavanagh hat sich in den letzten Jahren einen Namen mit düsteren Genrefilmen gemacht. Sein neuester Streich SON (2021) befasst sich mit der unzerstörbaren Bindung zwischen Mutter und Kind, verpackt in einen atmosphärischen Horrorfilm, der sich bei bekannten Vertretern seiner Gattung anzubiedern versucht. Capelight Pictures haben den Schocker mit HALLOWEEN-Star Andi Matichak kürzlich im Heimkino veröffentlicht und ob er sich für Fans entsprechender Kost auch lohnt, erfahrt ihr in unserer Kritik.
Originaltitel: Son
Drehbuch & Regie: Ivan Kavanagh
Darsteller: Andi Matichak, Emile Hirsch, Luke David Blumm, Cranston Johnson, Kristine Nielsen…
Artikel von Christopher Feldmann
Die Beziehung zwischen Kindern und ihren Eltern, speziell den Müttern, haben eine lange Tradition im Horrorkino. Egal ob Klassiker wie DAS OMEN (1976) oder Roman Polanskis ROSEMARY’S BABY (1968), bis hinzu modernen Beiträgen wie THE BABADOOK (2014), die Vermischung von elterlichen Ängsten mit meist okkulten Horror-Elementen hat sich schon oft bewährt. Das liegt in erster Linie daran, dass sich ein Großteil des Publikums am ehesten mit solchen Beziehungen identifizieren kann, denn wer würde nicht Alles für seine Kinder tun? Ivan Kavanagh, der vor allem mit seinem letzten Werk, dem kompromisslosen und düsteren Western NEVER GROW OLD (2019) auf sich aufmerksam machen und nach einigen Jahren mal wieder John Cusack zu einer engagierten Performance treiben konnte, scheint die bereits erwähnten Referenz-Werke akribisch studiert zu haben, denn auch SON (2021) wandelt auf bereits bewährten Spuren. Und obwohl der Horrorfilm keinen Preis für Originalität gewinnen wird, ein kompetenter, kurzweiliger und recht blutiger Vertreter des „Mein-Kind-ist-vom-Teufel-besessen“-Genres ist dabei dennoch entstanden.
Handlung:
Vor acht Jahren ist es der schwangeren Laura (Andi Matichak) gelungen, sich aus den Fängen einer satanischen Sekte zu befreien. Heute lebt sie mit ihrem Sohn David (Luke David Blumm) ein beschauliches Vorstadtleben. Als Laura jedoch eines Nachts eine Gruppe Fremder in Davids Zimmer vorfindet, holt ihre düstere Vergangenheit sie ein.
Trotz der Unterstützung des engagierten Polizisten Paul (Emile Hirsch), macht sie sich große Sorgen um ihren Sohn. Seit dem nächtlichen Überfall leidet der Junge an einer mysteriösen Krankheit: Er kämpft mit unvorstellbaren Qualen, gegen die es nur ein einziges Heilmittel zu geben scheint. Laura will David um jeden Preis retten und muss sich entscheiden, wie weit sie für das Leben ihres Sohnes zu gehen bereit ist.
Für Kavanagh selbst stellt SON einen sehr persönlichen Film dar, begann er mit dem Drehbuch doch kurz nach der von Komplikationen überschatteten Geburt seines ersten Sohnes, was seiner Aussage nach extrem belastende Monate zur Folge hatte, in denen er die Geschichte entwickelte, die sich primär der Angst und Furcht vor dem Verlust des eigenen Kindes widmet. Dieser emotionale Background ist jederzeit spürbar, befasst sich das Drehbuch intensiv mit der Panik Lauras und dem immer dominanter werdenden Beschützerinstinkt. Davids Leben scheint immer wieder auf Messers Schneide zu stehen, die daraus resultierenden Gefühle beschreiben eigentlich den wahren Horror, während die okkulten Anleihen, bestehend aus einem ominösen satanischen Kult und der Frage ob der Sprössling nun eine Ausgeburt der Hölle darstellt, eher zweckmäßige Aufhänger darstellen, um den Plot einen nötigen Rahmen zu geben. Während die Beziehung zwischen Mutter und Kind aufgearbeitet wird und ein paar schöne Zwischenmomente zum Tragen kommen, bewegt sich der Rest allerdings auf eher durchschnittlichem Niveau. Kavanagh zitiert ausgelassen die Eingangs erwähnten Vorbilder, fügt den Genre-Tropes aber selten etwas wirklich Neues hinzu.
So spielt der Film, ähnlich wie bei ROSEMARY’S BABY oder dem noch jungen Hit HEREDITARY (2018), mit der Wahrnehmung des Zuschauers, was für den geneigten Kenner aber stets erwartbar bleibt. Zwar überrascht der Film kurz vor der Abblende noch einmal mit einem Twist, den man nicht unbedingt kommen sieht, ansonsten verläuft SON jedoch eher geradlinig und ohne allzu große Höhepunkte. Tatsächlich bildet Lauras immer größer werdender Wahn, ihr Kind vor bösen Mächten zu schützen, das Kernelement, welches durch einige ziemlich deftige Schockmomente gewürzt wird. In wenigen Momenten geht es ziemlich blutig zur Sache, dankenswerterweise mit ordentlichen, praktischen Make-Up-Effekten.
Diese sind schon fast stellvertretend für den Look des Films, der ziemlich wertig aussieht. Kavanagh gelingen einige düstere, stimmungsvolle Aufnahmen, die gerade in den nächtlichen Szenen schon fast an klassisches Neo-Noir-Kino erinnern. Dem Gegenüber stehen die staubigen, entsättigten Bilder des mittleren Westens und dessen Einöden, durch die das Mutter-Sohn-Gespann tingelt und wenn Laura mit einem bulligen Zuhältertypen, aus Gründen die ich nicht spoilern möchte, anbandelt, dann sorgt das für ziemlich unangenehme, spannende Minuten.
SON profitiert zudem von seiner guten Hauptdarstellerin. Andi Matichak, die dem Mainstream-Publikum am ehesten durch ihre Rolle als Allyson Strode, der Enkelin der von Jamie Lee Curtis verkörperten Laurie, in HALLOWEEN (2018) und der kommenden Fortsetzung HALLOWEEN KILLS (2021) bekannt sein dürfte, hängt sich mit viel Engagement in ihre Performance und verkörpert eine von Angst und Traumata zerfressene Mutter. Ihr zur Seite steht Emile Hirsch als Polizist, der eine nicht sonderlich beeindruckende aber solide Leistung abliefert. Der Dritte im Bunde ist Luke David Blumm als besessener Filius. Auch wenn der sich sichtlich Mühe gibt, den nötigen Grusel zu transportieren, bleibt er relativ blass, was auch an den ihm zugeschriebenen Dialogen liegen mag. Insgesamt ein solides Dreiergespann, aus dem Matichak am meisten hervorsticht. Eine Schauspielerin, die ich gerne öfter in guten Rollen sehen möchte.
Capelight Pictures hat sich dem Schocker angenommen und ihn in sowohl als Blu-ray- und DVD-, als auch als 4K-UHD-Variante veröffentlicht. Die Blu-ray wartet mit einer sehr guten Bildqualität auf und auch der 5.1-Ton weiß zu gefallen. Im Bonusmaterial findet sich neben dem Trailer auch ein kleines Behind-the-Scenes-Featurette.
Fazit:
SON (2021) ist ein spürbar persönlicher Horrorfilm, der in seinem emotionalen Kern durchaus gut funktioniert, was auch größtenteils der guten Hauptdarstellerin zu verdanken ist. Abseits davon bekommen Fans solide Durchschnittskost geboten, die wenig falsch macht aber auch nie originell oder sonderlich frisch daherkommt. Wer auf diese Sorte Film steht, wird knapp 100 Minuten solide unterhalten. Insgesamt kein Meisterwerk aber für den kühlen und dunklen Herbstabend reicht es allemal.
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