Nur weil der unscheinbare Duane und sein deformierter, klumpiger Bruder Belial am Ende des ersten Teils aus dem Hotel-Fenster gestürzt sind, bedeutet das noch lange nicht, dass die Beiden das Zeitliche gesegnet haben. Wie im Horrorgenre üblich, findet sich immer irgendwie ein Weg für eine Fortsetzung. Das sah Regisseur und Autor Frank Henenlotter ähnlich und drehte acht Jahre nach seinem Underground-Hit das Sequel BASKET CASE 2 – DIE RÜCKKEHR (1990), mit deutlich höherem Budget und richtigen Schauspielern. Ob das monetäre Upgrade dem kleinen Weidenkorbmonster gut getan hat, erfahrt ihr in unserer Kritik, denn auch diesen Streifen haben DigiDreams Studios als Einzel-Blu-ray in der „Classic Cult Collection“ neu aufgelegt.
Originaltitel: Basket Case 2
Drehbuch & Regie: Frank Henenlotter
Darsteller: Kevin Van Hentenryck, Annie Ross, Heather Rattray, Kathryn Meisle, Matt Mitler…
Artikel von Christopher Feldmann
Sequels haben eine lange Tradition und gerade das Horrorgenre ist voll von nicht enden wollenden Franchises, die versuchen auch den letzten US-Dollar aus einer beliebten Marke zu pressen. Besonders interessant wird es immer, wenn kleine, minder-budgetierte Indie-Filme plötzlich richtig Kasse machen, irgendein Studio seine Chance wittert und das Ganze dann ordentlich aufpumpt. Beste Beispiele dafür sind Filme wie HALLOWEEN (1978) und THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE (1974) oder auch modernere Hits wie SAW (2004), die trotz geringer Mittel zu großen Kassenschlagern avancierten und deutlich aufwendigere Fortsetzungen nach sich zogen. Auch Frank Henenlotters für ein paar Kröten heruntergekurbelter Midnight-Movie-Klassiker BASKET CASE (1982), der nach seiner Erstveröffentlichung durch endlose Grindhouse-Verwertungen und Videotheken-Gewinne zum Kultfilm reifte, musste als Basis für eine Fortführung herhalten. Niemand geringeres als die Herren Leonard Shapiro und James Glickenhaus, die sich in den 1980er und 1990er Jahren unter dem Banner Shapiro-Glickenhaus Entertainment auf die Produktion und den Vertrieb von Horror- und Actionfilmen spezialisiert hatten, gaben Henenlotter ein im Vergleich zum Erstling wahrlich üppiges Budget, um ein Sequel zu drehen. BASKET CASE 2 – DIE RÜCKKEHR (1990) profitiert dabei aber wenig von seinem sichtbar höheren Aufwand, lässt die morbide Freakshow doch den dreckigen Charme des Originals vermissen.
Handlung:
Nachdem sich die beiden ungleichen Zwillingsbrüder Duane Bradley (Kevin Van Hentenryck) und Belial an ihren einstigen Peinigern gerächt haben und in einem Streit beinahe selbst ums Leben gekommen wären, finden sich sich in einem Krankenhaus wieder. Da zu befürchten ist, dass die beiden für die Verbrechen belangt werden, entschließen sie sich zu flüchten und werden bald darauf von einer hilfsbereiten alten Dame namens Granny Ruth (Annie Ross) aufgenommen. Diese entpuppt sich als wahre Übermutter: Nicht nur dass sie gleich mehrere Menschen in ihrem großen Anwesen betreut, sie alle sind wie Belial heftig entstellt und alleine kaum lebensfähig. Tatsächlich könnten Duane und Belial hier ein friedliches Leben unter Gleichgesinnten führen – was sie zunächst auch vorhaben, erst Recht als die Liebe ins Spiel kommt. Doch bald darauf bekommt eine dreiste Sensations-Reporterin (Kathryn Meisle) Wind von dem Unterschlupf und droht das Ganze durch einen Artikel auffliegen zu lassen. Das können Duane und Belial natürlich nicht zulassen…
BASKET CASE 2 knüpft nahtlos an den Vorgänger an und zeigt, dass Duane und sein Bruder Belial den Sturz aus dem Hotelfenster überlebt haben. Hierfür hat man auf die Continuity geachtet und sogar Beverly Bonner, die im ersten Teil als „Casey“ zu sehen war, hat nochmal einen kleinen Gastauftritt. Entgegen anderer Sequels, die sich in ihrer Fortführung holprig anfühlen, ist der Übergang hier ganz gut gelungen, auch wenn der Film im Verlauf der Handlung ganz andere Töne anschlägt als das Original.
Während BASKET CASE (1982) noch als Horrorfilm mit satirischen Elementen gedreht wurde, liegt der Fokus in der Fortsetzung deutlich stärker auf der Groteske. Im Kern dreht sich der gesamte Plot um das Haus von Granny Ruth, die so etwas wie ein Heim für deformierte Kreaturen, oder „einzigartige Individuen“ wie sie sie nennt, unterhält und auch den flüchtigen Brüdern, die von der Polizei gesucht werden, Asyl gewährt. Somit wären wir schon beim stärksten Element des Films, denn Henenlotter war es anscheinend eine wichtige Angelegenheit, allen Ausgestoßenen und andersartigen ein Denkmal zu setzen. Auch wenn man zu Beginn noch denkt, dass die nette Omi vielleicht gar nicht so knuddelig ist, wie der Film sie zu verkaufen versucht, entpuppt sie sich zu meiner Überraschung doch zu einer zwar etwas seltsamen aber immerhin sympathischen Figur, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, ihre „Kinder“ vor Missbrauch zu schützen, nämlich vor all den Schaustellern und sensationslüsternen Medien, die Profit aus den exotisch aussehenden Individuen zu schlagen versuchen. Henenlotter greift diese beiden Lager vehement an und wirft ihnen reine Gier vor und den fehlenden Respekt vor Menschen aller Art. Das manifestiert sich speziell in der Figur der Reporterin Marcie, die ohne Rücksicht auf Verluste ihre Story auf der Titelseite platzieren will aber schlussendlich eines den Kürzeren zieht, wenn man das so ausdrücken kann. In seinem Subtext bietet BASKET CASE 2 zumindest ein wenig mehr als der Erstling, auch wenn darin schon das Hotel als Auffangbecken für gescheiterte Existenzen diente, die mit ihren Schrulligkeiten irgendwie sympathisch waren. Hier ist das Ganze eben noch klarer erkennbar aber nicht weniger liebenswert.
Abseits der Message hat der Film allerdings nicht allzu viel zu bieten, denn bis auf die Gefahr durch die Medien, ist der Plot relativ dünn und ereignislos. Wo das Original immerhin noch eine Rache-Story erzählt, fehlt hier einfach eine richtige Dramaturgie oder ein besonderes Ziel. Auch die zwischenmenschlichen Töne bleiben nur Beiwerk, egal ob es sich um die Love-Story zwischen Duane und Susan oder der Geschwister-Konflikt zwischen ihm und Belial handelt, irgendwie ist hier alles weder Fisch noch Fleisch.
Statt Spannung aufzubauen oder gar echten Horror zu präsentieren, hat Henenlotter deutlich mehr Interesse daran, eine üppige Freakshow zu inszenieren. An der Grenze zur Groteske und darüber hinaus veranstaltet er hier ein Schaulaufen an deformierten Gesichtern und Körpern, die aberwitziger kaum sein könnten. Diese werden zwar als friedliche Kreaturen gezeichnet, die sich genauso wie andere Menschen verhalten, auch wenn die Artikulation nicht immer so funktioniert, und halten auch für den ein oder anderen Gag her, eine wirkliche Faszination entsteht aber selten, dafür sehen sie Masken auch zu sehr nach Pappmaché aus. Nicht falsch verstehen, das Make-Up-Department konnte sich sichtbar austoben und seiner Fantasie freien Lauf lassen, allerdings wirkt alles sehr steril. Das ist eben auch dem höheren Budget geschuldet, mit dem man sich zwar bessere Animatronics und aufwendigere Effekte leisten konnte, der schmuddelige, raue Charme des ersten Teils, der essenziell für die Atmosphäre war, geht somit aber leider verloren. Da ist es gleichgültig wie viele Absurditäten der Film auffährt, so richtig packen sie selten, was übrigens auch für die schon ziemlich abgefahrene Sexszene zwischen Belial und einem anderen klumpigen Wesen gilt. Sieht cool aus aber das Feeling fehlt irgendwie. Auch in Sachen Gore wirkt der Streifen somit wesentlich zahmer.
Auch die overactenden Laiendarsteller machten einen Teil des Charmes im Franchise-Auftakt aus, hier bekommen wir deutlich bessere Akteure geboten, von denen aber lediglich Annie Ross als „Granny Ruth“ den größten Eindruck hinterlässt. Die spielt nämlich derart ambivalent, dass sie süß und liebenswert aber auch ziemlich creepy wirkt. Schön ist auch, dass Kevin Van Hentenryck wieder zurückkehren durfte, auch wenn er im Vergleich zum Vorgänger deutlich älter aussieht, wenn man bedenkt, dass die Handlung eigentlich nahtlos an ihn anschließt. Ansonsten ist das Personal routiniert aufgelegt.
Die Blu-ray aus dem Hause DigiDreams Studios, die ein Repack der CMV-Laservision-Scheibe darstellt, bietet den Film in der ungeschnittenen Fassung und HD remastered. Bild- und Tonqualität sind sehr gut, die Extras mit Trailern zum ersten Teil und BASKET CASE 3 – DIE BRUT (1991) leider etwas mager, zumal kein Trailer zum vorliegenden Film oder gar eine Bildergalerie enthalten ist wie es das Backcover der Scheibe verspricht.
Fazit:
BASKET CASE 2 – DIE RÜCKKEHR (1990) ist eine typische Fortsetzung, die mit deutlich höherem Budget noch mehr Absurditäten bietet. Statt eines Horrorfilms liefert Regisseur Frank Henenlotter eine groteske, satirische Freakshow ab, die zwar eine nette Message transportiert aber zu keiner Zeit Look & Feel des Vorgängers transportieren kann. Dafür ist der Plot zu ziellos und das Gezeigte zu glatt. Wer allerdings nach solch einer Art von Film sucht, dürfte hier ausreichend bedient werden.
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