Huch… noch ein Erotikfilm aus Südkorea. Hm…18. Jahrhundert, es geht um Kalligrafie und Hofmalerei, Frauen dürfen keine Kunstschulen besuchen und so verkleidet sich ein Mädchen als Junge und ihre Identität droht aufzufliegen, als die Liebe und das Begehren ins Spiel kommen. Doch was hier nach Yentl mit nackter Haut klingt, ist ein kunstvoll gefilmtes Drama, bei dem die erotischen Szenen kein Selbstzweck sind. BUSCH MEDIA GROUP brachte den Streifen nun im Heimkino heraus.
Originaltitel: Portrait of a Beauty / Miindo
Regie: Jeon Yun-su
Darsteller: Kim Min-sun, Kim Young-ho, Kim Nam-gil, Chu Ja-hyun
Artikel von Kai Kinnert
Die bildhübsche und talentierte Yun-jeong beginnt die Ausbildung an der königlichen Kunstschule im Korea des 18. Jahrhunderts. Sie muss sich als Junge tarnen, denn Frauen ist die Malerei strengstens untersagt. Durch ihren Blick für das Schöne, Lustvolle und Verbotene erregen ihre Gemälde schon bald große Aufmerksamkeit, aber auch moralischen Anstoß. Als sich Yun-jeong auf eine leidenschaftliche Affäre mit dem Spiegelmacher Kang-mu einlässt, droht ihre Tarnung aufzufliegen. Denn auch ihr Lehrer Kim Hong-do beginnt, die junge Frau zu begehren. Yun-jeong gerät in einen lebensgefährlichen Strudel aus Begierde, Lust und Eifersucht.
Den Streifen hatte ich mit einer recht niederigen Erwartungshaltung gestartet. Erotik im Film ist für mich ein denkbar unspannendes Genre, sind doch die meisten Fummelszenen nur Selbstzweck und selten ein sinnvolles Thema für eine spannende Handlung. Doch etwas ist an diesem Film anders. Der Streifen beginnt und sofort fällt einem die wirklich gute Ausstattung und die malerisch-elegante Kamera ins Auge… es gelingt der Regie eine glaubwürdige Stimmung aufzubauen, in der die Erotik noch fern ist. Die kleine Yun-jeong muss als Kind miterleben, wie ihr gleichaltriger Bruder an den Ansprüchen des Vaters und der Kalligrafie scheitert. Der Bruder begeht daraufhin Selbstmord, er erhängt sich in einem Raum voller Kalligrafien. Der Vater findet ihn und gibt Yun-jeong die Schuld für den Selbstmord, sollte der Sohn doch an die Kunstschule für Hofmalerei und nun ist er tot und damit der Familienname in der Hofmalerei ausgestorben. Mädchen dürfen das Zeichnen nicht lernen, und so war´s das für den Vater. Eigentlich. Denn er wirft Yun-jeong vor, ein Mädchen zu sein und zwingt sie, die Identität ihres Bruders anzunehmen und als Junge auf die Schule zu gehen.
Nun ist sie älter geworden, so Mitte 20 und Schüler im Namen ihres Bruders. Sie ist in ihrer Rolle ein rechter femininer „Mann“ und Liebe und Sexualität scheinen bis zu diesem Zeitpunkt in ihrem Leben keine Rolle gespielt zu haben. Sie lernt das Zeichen, inszeniert in irgendwie langsamen und schönen Bildern, es ist der Stil damaliger Malereien, die hier teilweise die Bildgestaltung übernimmt. Gerade in den Aufnahmen iin der Natur gibt es eine Farbgebung und Kontraste, wie sie auch in den alten asiatischen Zeichnungen zu finden ist. Es finden sich Bildaufteilungen, die sehr gestalterisch sind…Farben der Leidenschaft ist in so mancher Sequenz malerisch schön gefilmt worden. Die Inszenierung des Films ist passend ruhig und durchdacht, jederzeit seriös und gekonnt. Der Regisseur hat die Story ernst genommen und widmet sich, detailliert ausgestattet, einem Sittengemälde damaliger Tage.
Eine wirklich gelungene Sequenz ergibt sich so um die 18. Minute herum, wo Yun-jeong mit einem Freund durch die Dörfer der Umgebung wandert, um so Beobachtungen aus dem einfachen Leben der Menschen zeichnen zu können. Sie möchte wissen, wie die Menschen leben und man landet in einem bunt-romantischem Dorf. Der Film lässt sich hier Zeit, in schönen Bildern das Dorfleben zu skizzieren, man wird Zeuge, wie die Menschen damals lebten und das große Wunder dieses Films ist…. es fühlt sich authentisch an. Es entsteht Atmosphäre.
Farben der Leidenschaft schafft es von Anfang an, eine glaubwürdige Authentizität aufzubauen und dank seiner Ausstattung erstaunlich realistisch zu wirken. Zugegeben… die Story ist Mainstream-Kino und vieles in diesem Film wurde in Kulissen gedreht, die echten Außenaufnahmen bestreiten vielleicht 35% der Spielzeit… und dennoch, Schauspiel, Ausstattung, Tempo und Bildgestaltung lassen die Künstlichkeit vergessen, die das Setting so mit sich bringt. Die Szenen mit der Dorfbevölkerung sind gut inszeniert, man spürt eine respektvolle Idee in diesem Film. Und erst jetzt ergibt sich ein Moment der erotischen Inszenierung, denn Yun-jeong beobachtet eine Szene mit jungen Frauen an einem Fluss, einem Bächlein im Wald, die sich, teilweise barbusig und im sonnigen Licht, fröhlich unterhalten. Auch hier arbeitet die Kamera elegant und grafisch inspiriert, es ist die Reise durch das ländliche Leben, die Yun-jeong dann auch auf die obligatorische, aber wunderschöne Blumenwiese führt, in der sie zeichnet. Das sieht super aus, passt und unterstreicht die Malerei, die in diesem Film immer wieder eine Rolle spielt. Die Kamera klebt oft nah am Pinselstrich, die Kunst ist steter Begleiter der Inszenierung.
Danach zieht der Film in Sachen Liebelei und Eifersucht etwas an, ohne dabei deftiger zu werden. Später kommt es dann zu einer Szene in einem Gasthaus/Etablissement, bei der das Publikum zwei attraktiven Frauen beim Nachstellen von Kamasutra-Situationen beobachtet und erstmals kommt es nun zu erotischen Szenen, die elegant und stimmungsvoll in aufreizender Langsamkeit inszeniert wurden. Noch länger dauert es, bis Yun-jeong mit ihrem Freund schläft. Der Freund wusste schon, dass sie eine Frau ist und nun haben sie sich heimlich getroffen. Nach gut 50 Minuten kommt es so zur zweiten, längeren erotischen Szene, sinnvoll eingebettet und im Timing angenehm dezentral angesetzt. Auch hier ist die Nummer schön gefilmt, nichts ist zu viel, keine Wiederholungen, nichts zu lang oder zu kurz…es gelingt dem Film eine glaubwürdige Stimmung, ohne den Moment länger als nötig auszureizen. Die Chemie zwischen den beiden Schauspielern passt, man nimmt ihnen die Nähe ab. Im weiteren Verlauf wird es noch weitere Nacktheit geben, aber auch das ist ohne Selbstzweck und gehört zur Geschichte des Films.
Farben der Leidenschaft ist ein überraschend gelungener und optisch durchdachter Film. Kein Big-Budget, aber schön gefilmt, detailliert und farbenfroh ausgestattet, im richtigen Tempo inszeniert, Schauspieler und Filmmusik sind passend und die Story könnte eine TV-Serie bedienen… es flutscht also. Wer diese Art Film mag und sich beim südkoreanischen Kino wohl fühlt, darf hier getrost einen Blick wagen. Das war deutlich besser als erwartet.
Das Bild der mir vorliegenden Blu-ray war satt und klar, der Ton ebenso.