„Whoa, We’re half way there, Whoa-oh, Livin‘ on a prayer…“. Jon Bon Jovi, seines Zeichens Sänger und Frontmann der Kult-Rockband „Bon Jovi“, versuchte sich anno 2002 ebenfalls als Leading-Man, dieses Mal aber als Hauptdarsteller eines Films. Unter der Regie von Carpenter-Protegé Tommy Lee Wallace bekleidete er die Hauptrolle in dem Horror-Western VAMPIRES: LOS MUERTOS, einer klassischen Videotheken-Fortsetzung zum Vampir-Schocker von 1998. Ob der Rockstar als Badass-Van-Helsing-Verschnitt die Coolness eines James Woods gepachtet hat und die DTV-Premiere generell zu unterhalten weiß, erfahrt ihr in unserer Kritik zur neuen Mediabook-Veröffentlichung von Justbridge Entertainment.

Originaltitel: Vampires: Los Muertos

Drehbuch & Regie: Tommy Lee Wallace

Darsteller: Jon Bon Jovi, Cristián de la Fuente, Natasha Wagner, Diego Luna, Arly Jover, Darius McCrary…

Artikel von Christopher Feldmann

Die 1990er Jahre waren nicht gerade sonderlich gnädig was das Schaffen von Horror-Meister John Carpenter betrifft. Mit keinem seiner Filme konnte der einst gefeierte Filmemacher und Musiker an Glanztaten aus früheren Zeiten wie HALLOWEEN (1978) oder THE THING (1982) anknüpfen, sowohl kommerziell als auch künstlerisch. Weder der düstere Horrorfilm DIE MÄCHTE DES WAHNSINNS (1994), noch das starbesetzte Sequel FLUCHT AUS L.A. (1996) konnten Kritiker noch Zuschauer überzeugen, das Remake DAS DORF DER VERDAMMTEN (1995) wurde sogar komplett abgestraft. Doch bevor der künstlerische Tausendsassa seinem persönlichen Tiefpunkt entgegensteuerte, schaffte er es mit dem Horror-Western VAMPIRES (1998) zumindest die Fans ein wenig zu besänftigen. Zwar blieb der ganz große Erfolg aus, jedoch schlug sich der staubtrockene Schocker mit James Woods als knallhartem Vampirjäger relativ wacker an den Kinokassen und avancierte zum Hit auf dem Videomarkt. Und wie das damals eben so üblich war, kamen Produzenten gleich mit der Idee um die Ecke, auf eben jenem Sektor nochmal Geld zu verdienen, in dem man einfach kostengünstig eine Fortsetzung für all die gierigen Horrorfans produziert, denen es nach Blut und knackiger Vampir-Action dürstet. James Woods, der noch den Vorgänger mit seiner Präsenz veredelte hatte allerdings keine Lust auf eine Rückkehr, weshalb man sich nach einer Alternative umsehen musste. Schließlich verpflichtete man Rockstar und Föhnfrisurträger Jon Bon Jovi für die Hauptrolle, dessen Hits wahrscheinlich so ziemlich jeder aus dem FF trällern kann. Allerdings beweist der Hit-Garant, dass er auf der Bühne deutlich besser aufgehoben ist als vor der Kamera. Das ist aber nicht das einzige Problem dieses ansonsten eher mittelmäßigen B-Streifens.

Handlung:

Mexiko. Eine einsame, verfallene Festung im Nirgendwo. Hier haben die Vampire, angeführt von der scheinbar unbesiegbaren Meisterin Una (Arly Jover), ihren Unterschlupf. Im weiten Umkreis erzittert das Land unter ihren Bluttaten. Gerade erst haben die untoten Killer ein ganzes Kloster ausgelöscht. Derek Bliss (Jon Bon Jovi), Vampirjäger im Auftrag des Vatikans, und sein unerschrockenes Team stellen sich zwischen die Armee des Bösen und ihre Gier, Tag und Nacht gleichermaßen beherrschen zu wollen!

Tommy Lee Wallace gehörte früh zum engen Kreis um Kult-Regisseur John Carpenter, den er zu Studienzeiten kennenlernte und mit dem er nicht nur gerne musizierte, sondern auch an diversen Projekten arbeitete. So war er nicht nur für den Schnitt bei HALLOWEEN (1978) zuständig, sondern kreierte auch die ikonische Michael-Myers-Maske. Seine Freundschaft zum Maestro sorgte schließlich dafür, dass Wallace für das damals geschmähte Sequel HALLOWEEN 3 (1982) erstmals auf dem Regiestuhl Platz nehmen durfte und einen erstaunlich guten Job machte, denn für nicht wenige ist der einzige HALLOWEEN-Film in dem Kultkiller Michael Myers nicht auftritt heute eine echte Perle des phantastischen Horrors der 1980er Jahre. Dass dies keine Eintagsfliege war, bewies er mit einer weiteren Fortsetzung, nämlich FRIGHT NIGHT PART 2 (1988), die sich nicht hinter dem kongenialen Original verstecken muss. Allerdings ging es für den Filmemacher auch schnell bergab ins TV-Fach, wo er zahlreiche Projekte abfrühstückte. Lediglich seine Fernsehverfilmung von STEPHEN KINGS ES avancierte über die Jahre zum Kultfilm, was aber auch an der großartigen Darstellung von Tim Curry als Pennywise liegen mag.

VAMPIRES: LOS MUERTOS (2002) war der erste Film nach 14 Jahren, den Wallace nicht für das US-Fernsehen inszenierte und trotzdem kann man hier natürlich nicht von Kinoqualität sprechen. Dass das Budget für diese Direct-to-Video-Produktion nicht gerade üppig war, lässt sich sofort erkennen, allerdings ist der Streifen immer noch hochwertiger produziert, als die meisten B-Movies, die heutzutage so das Licht der Welt erblicken. Vor allem was die Effekte angeht, sieht der Vampir-Western ziemlich ordentlich aus, so suppt das Kunstblut ordentlich, während schon mal Zungen herausgebissen und reihenweise Kehlen aufgeschlitzt werden. Auch werden hier noch ausgiebig Vampir-Leichen verkohlt, was man heute wohl mit schlechtem CGI bewerkstelligen würde. Trotz monetärer Einschränkungen schafft es Wallace, dem Film einen wertigen Look zu verpassen, so werden die stimmungsvollen Aufnahmen der mexikanischen Landschaften zum Eye-Candy für Westernfans. Woran es auf inszenatorischer Seite hapert, ist einfach das fehlende Händchen für echtes Horror-Feeling und kompetente Action. Die meiste Zeit des Films spielt bei Tage, weshalb der Film auch nie mit düsteren Szenarien punkten kann, um den Vampir-Horror auszuspielen. Die Blutsauger agieren größtenteils abrupt, weshalb man nie in Verlegenheit kommt, sich irgendeiner Spannung herzugeben, da diese einfach nicht vorhanden ist. Zwar kommt es hier und da zu Konfrontationen zwischen Derek Bliss und den durstigen Nachtschwärmern, diese bleiben aber aufgrund des unvorteilhaften Schnitts eher unspektakulär. Da ist der kurze Kampf in der Kircher, relativ zu Beginn, noch das Highlight. Bevor das Finale dann noch einmal etwas Gas gibt, muss man schon viel Leerlauf und einige wenig aufregende Vampirattacken durchstehen, die zwar blutig sind aber auch nie wirklich spektakulär daherkommen.

Zudem fehlt es der Geschichte auch an etwas Neuem. Zwar bietet diese mit dem Vampirvirus einen netten Ansatz, im Grunde recycelt der Film den Plot des Vorgängers und ändert dabei lediglich das Geschlecht des Antagonisten. Wo in Carpenters Film noch Thomas Ian Griffith als „Valek“ brillieren durfte, ist die weibliche Fürstin der Finsternis in diesem Werk eine herbe Enttäuschung, die lediglich dazu verdammt wurde, ein wenig lasziv in die Kamera zu gucken, bevor sie einem Opfer an die Kehle springt, zumal sie auch keinen wirklichen Dialog zum Besten geben darf und somit einfach nur zur blassen Statistin verkommt. Das sorgt eben auch dafür, dass das Bedrohungsszenario überschaubar bleibt, dem auch unsere Protagonisten wenig hinzuzufügen haben. Wer der Meinung ist, es seine eine coole Idee 80s-Rocker Jon Bon Jovi als knallharten Vampirjäger zu casten, den wird VAMPIRES: LOS MUERTOS bitter enttäuschen, fehlt es dem Hit-Interpreten doch gänzlich an Charisma und schauspielerischen Können. Im Vergleich zu James Woods‚ entfesselter Badass-Macho-Motherfucker Performance, ist der durchgeföhnte Rockstar eine echte Luftnummer und schaut die ganze Zeit in die Kamera, als wäre ihm das Ganze hier etwas zu suspekt.

Das Gleiche gilt für seine Kompagnons, die mehr schlecht als recht versuchen, das fehlende Charisma auszugleichen. Es ist zwar löblich, dass Wallace hier mehr auf ein Team-Gefüge setzt, allerdings fehlt es so ziemlich jedem der Darsteller an Ausdrucksvermögen. Am vielversprechendsten ist da noch Darius McCrary, der den Bad Motherfucker geben darf. Allerdings verhält sich der selbsternannte Profi-Vampirkiller so selten dämlich, dass er schon nach kurzer Zeit der Vampir-Lady zum Opfer fällt und daraufhin an Unterhaltungswert einbüßen muss. So dümpelt der Film mit einer Vielzahl an uninteressanten Figuren, mauen Dialogen und einer leidlich spannenden Geschichte ziemlich lange vor sich hin, bis dann wenigstens das Finale noch ein paar Kohlen aus dem Feuer holt. John Carpenter persönlich, dessen Name hier noch den Titel ziert, war hier lediglich als Produzent an Bord, vermutlich als Freundschaftsdienst für seinen Kumpel. Auch musikalisch wird der Meister schmerzlich vermisst, der Score von Brian Tyler ist zwar nett aber auch nicht mehr.

Nachdem VAMPIRES: LOS MUERTOS jahrelang nur in einer alten DVD-Auflage von Columbia Tristar erhältlich war, hat Justbridge Entertainment dem Film nun eine HD-Frischzellenkur verpasst und ihn im Mediabook veröffentlicht. Die Bildqualität der Blu-ray ist richtig gut und überzeugt mit einer guten Schärfe und satten Farben, auch der Ton ist gut. Auf Bonusmaterial muss der geneigte Käufer verzichten, nicht mal ein Trailer ist auf der Scheibe zu finden. Immerhin hat Christoph N. Kellerbach wieder ein lesenswertes Booklet verfasst, ob das allerdings als klares Kaufargument für die Edition zu bezeichnen ist, sei einmal dahingestellt.

Fazit:

Eigentlich steckt in VAMPIRES: LOS MUERTOS (2002) ein wirklich solider B-Streifen. Der Look ist gemessen am Budget wertig, die Effekte sind gut und das Setting überzeugt mit staubiger Westernromantik. Allerdings sind die Figuren ziemlich blass und frei von Charisma, vor allem Jon Bon Jovi enttäuscht als Hauptdarsteller ebenso wie die fehlende Horror-Action.

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