Auf dieses Wiedersehen habe ich mich besonders gefreut, denn zur Abwechslung dreht es sich mal um einen Film, mit dem ich quasi aufgewachsen bin. Das ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass THE GLASS HOUSE (2001) zu seiner Zeit ein Dauerbrenner im hiesigen Free-TV war, was dazu führte, dass ich mehrmals in den Genuss von Daniel Sackheims Hochglanz-Thriller kam. Das war auch nicht weiter schlimm, sorgte der durchaus hochkarätig besetzte Streifen bei meinem jungen Ich doch immer für ordentlich Spannung. Das ist allerdings auch schon wieder mehr als 15 Jahre her, weswegen ich mich über die Mediabook-Veröffentlichung von Justbridge Entertainment gefreut habe, die seit kurzer Zeit erhältlich ist. Ob das Wiedersehen dem Ganzen gut getan hat, erfahrt ihr in unserer Kritik.

Originaltitel: The Glass House

Drehbuch: Wesley Strick

Regie: Daniel Sackheim

Darsteller: Leelee Sobieski, Trevor Morgan, Stellan Skarsgard, Diane Lane, Bruce Dern, Kathy Baker, Chris Noth…

Artikel von Christopher Feldmann

Als Kind, und natürlich auch als Jugendlicher, habe ich viel Zeit vor dem heimischen Fernseher verbracht. Das soll nicht bedeuten, dass ich ein Stubenhocker war aber ich habe die abendlichen Stunden vor der Glotze geliebt und so ziemlich alle Filme gesehen, die das damalige Free-TV-Programm zu bieten hatte, vorausgesetzt sie konnten mein Interesse wecken. Die 2000er Jahre waren das Jahrzehnt, in dem Filme besonders auf Hochglanz getrimmt wurden, während das Raue und Kantige irgendwie abhanden kam. Filme wurden glatt, was mein junges Ich natürlich nicht interessierte, das wollte einfach nur unterhalten werden. Es war die Zeit, in der der Produzent Neal H. Moritz mit seinem Stil das Kino prägte, immerhin war er verantwortlich für Hits wie EISKALTE ENGEL (1999), THE FAST AND THE FURIOUS (2001), TRIPLE X (2002), NOT ANOTHER TEEN MOVIE (2001) oder für auf Teenager zugeschnittene Slasher-Ware wie ICH WEISS WAS DU LETZTEN SOMMER GETAN HAST (1997) und DÜSTERE LEGENDEN (1998). Auch THE GLASS HOUSE (2001) geht auf Moritz‘ Konto, der damit versuchte einen spannenden Thriller abzuliefern, der auch für das Mainstream-Publikum funktionieren kann, weshalb er in meiner Wahrnehmung auch immer zur Prime-Time gezeigt wurde. Wie bei vielen der eben genannten Titel, war der Rewatch allerdings weniger erquicklich, musste ich doch erneut feststellen, dass Filme, die Bestandteil meiner Jugend waren, heute kaum noch funktionieren. Das trifft besonders auf den hier vorliegenden Fall zu.

Handlung:

Als die Teenagerin Ruby Baker (Leelee Sobieski) eines Abends zu spät nach Hause kommt und Polizeiwagen in der Einfahrt entdeckt, kann sie nicht glauben, dass ihre Eltern wirklich eine Vermisstenmeldung aufgegeben haben. Klar, sie hat sich wieder einmal unerlaubt rausgeschlichen, aber man kanns doch auch echt übertreiben … Leider erfährt sie schon bald, dass die Ordnungshüter aus einem ganz anderen Grund da sind: Das Ehepaar Baker ist bei einem Autounfall tödlich verunglückt. Bevor Ruby und ihr Bruder Rhett (Trevor Morgan) wissen, wie ihnen geschieht, sind sie schon in der Obhut von Terry (Stellan Skarsgård) und Dr. Erin Glass (Diane Lane), Freunde der Verstorbenen, wie es deren Wille vorsah. Die neuen Pflegeeltern geben sich fürsorglich, doch der Neuanfang wird schnell von einigen Problemen begleitet. Es dauert nicht lange, bis Ruby dahinterkommt, dass die beiden die Vormundschaft nicht aus reiner Nächstenliebe angenommen haben…

THE GLASS HOUSE ist ein Kind seiner Zeit, soviel steht schon mal fest, und atmet durchgängig den Stil der frühen 2000er Jahre. Die Hochglanz-Optik kommt besonders in der Inszenierung des titelgebenden Hauses zum Tragen, das mit seiner klinischen Einrichtung und den großen Glasfronten das perfekte Abbild des Yuppietums dieser Dekade darstellt. Natürlich ist der Titel aber auch mehrdeutig zu verstehen, so ist „Glass“ auch der Familienname der Pflegeeltern aber auch eine Metapher für den gläsernen Menschen, immerhin bleibt den zu Beginn noch sympathischen Samaritern kaum etwas verborgen. Das mag jetzt alles ziemlich durchdacht klingen, das Endergebnis ist aber schon simpler gestrickt. Im Prinzip handelt es sich um eine klassische „Hänsel-und-Gretel“-Geschichte, in der sich unsere minderjährigen wiederfinden. Der Verlust der eigenen Eltern, eine unheilvolle Umgebung und vermeintlich nette Vertrauenspersonen, die sich als ziemlich böse entpuppen. Dieser Umstand ist vermutlich der größte Kritikpunkt am Film, bleibt die Story doch ziemlich vorhersehbar und unangenehm konstruiert.

Dass das Ehepaar „Glass“ sinistere Pläne schmieden und den Kindern gar nicht so wohlgesonnen sind wie sie zunächst vorgeben, wird schnell klar und zudem schon von jeglichem Klappentext bisheriger Veröffentlichungen verraten. Warum die beiden von Schulden geplagten Erbschleicher sich allerdings einen derartig umständlichen Plan einfallen lassen, um an Geld zu kommen wirkt doch weit hergeholt, gäbe es doch mit Sicherheit mehrere Möglichkeiten an Kapital zu kommen. Warum die Beiden gerade diesen Weg wählen, mit dem Ziel an das Vermögen zu kommen wird nicht erklärt und macht auch keinen Sinn. Außerdem wirken die Eltern von Ruby und Rhett nicht unbedingt wie die absoluten Top-Verdiener, weshalb es mir auch etwas unrealistisch erscheint, dass sie ein derartig großes Vermögen angehäuft haben, um ihre Kinder abzusichern. Auch dass man dem titelgebenden Pärchen die Kinder anvertraut, wenn schon der, von Chris Noth gespielte, Onkel auf der Bildfläche auftaucht und den Beiden seine Führsorge anbietet, bleibt mir doch ein Rätsel.

THE GLASS HOUSE hält einige Stolpersteine bereit, die den ansonsten hübsch gefilmten Thriller etwas madig machen. Als Jugendlicher macht man sich darüber nicht viele Gedanken, man schluckt einiges, ohne wirklich darüber nachzudenken, mit gereiftem Auge kann man gewisse Missstände aber nicht mehr ignorieren. Regisseur Daniel Sackheim versteht es aber immerhin, das Ganze möglichst effektiv in Szene zu setzen. Es existieren genug Filme dieser Ära, die heutzutage schon rein optisch kaum noch guckbar sind. Dies hält sich hier in Grenzen und immerhin gelingen dem Auftrags-Handwerker ein paar gute Einzelmomente, etwa das Dinner mit Ruby und Terry oder die guter Eröffnungssequenz, in der auch die Darsteller glänzen dürfen. Zum Ende hin nimmt der Film dann noch einmal richtig Fahrt auf und liefert ein doch recht actionreiches Finale, dass ein wenig über einige Längen hinwegtröstet, die leider deshalb hervorstechen, weil das Drehbuch eben an den Haaren herbeigezogen und zudem vorhersehbar ist.

Die Darsteller machen einen guten Job, allen voran Leelee Sobieski, die in ihrer Rolle wunderbar funktioniert. Auch wenn diese ihre Zeit in den 2000er Jahren hatte und danach eher in der Versenkung verschwand, hinterlässt sie als schlagfertiges aber auch von Trauer gezeichnetes Teenager-Mädchen einen guten Eindruck. Etwas fragwürdig ist jedoch die Inszenierung, zeigt Regisseur Sackheim die Schauspielerin überwiegend leicht bekleidet, mal im Nachthemd oder auch im Bikini. Zwar war Sobieski zur Drehzeit schon volljährig, wenn man bedenkt, dass sie eine Minderjährige darstellen soll, hinterlässt das schon einen negativen Beigeschmack. Ebenfalls gut ist Stellan Skarsgard, der wunderbar zwischen fiesem Arschloch und sympathischem Onkel von Nebenan wechselt. Etwas blass bleibt hingegen Diane Lane, die nicht viel zu tun hat, ebenso wie Bruce Dern, der in einer Nebenrolle als Vermögensverwalter verheizt wird.

Justbridge Entertainment brachte den Thriller kürzlich im schicken Mediabook in den Handel. Bild- und Tonqualität wissen zu überzeugen, die Extras mit Deleted Scenes und Interviews, was nicht mal zehn Minuten ausmacht, fallen allerdings mager aus. Immerhin hat Christoph N. Kellerbach wieder ein lesenswertes Booklet beigesteuert, das einen Blick auf den Film und das Kino dieser Zeit, insbesondere die Produktionen von Neal H. Moritz wirft. Mit THE GOODES’S HOUSE (2006), der auch unter dem Titel THE GLASS HOUSE 2: THE GOOD MOTHER erschien, entstand eine Quasi-Fortsetzung als Direct-to-Video-Premiere, die aber inhaltlich nichts mit dem Vorgänger zu tun hat, sondern sich bei der Prämisse bedient.

Fazit:

THE GLASS HOUSE (2001) gehört zu den typischen Teenager-Thrillern der frühen 2000er Jahre, die mit Hochglanz-Optik für ein Massenpublikum konzipiert wurden. Gute Einzelmomente und gut aufspielende Darsteller können allerdings nicht verschleiern, dass das Drehbuch stellenweise ziemlich dämlich ist. Ein typischer Fall von „kann man schauen, wenn das Wetter schlecht ist und sonst nichts vernünftiges zur Verfügung steht“.

Christophers Filmtagebuch bei Letterboxd – Your Life in Film

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