Do you like Scary Movies?“ Im Januar kehrt der Ghostface-Killer ein weiteres Mal auf die Leinwand zurück und mit ihm das beliebte Stammpersonal bestehend aus Neve Campbell, Courteney Cox und David Arquette. Das Kino-Comeback scheint aber nicht der einzige Grund zu sein, warum Paramount Pictures Home Entertainment dem legendären Original von Horror-Meister Wes Craven eine neue Heimkino-Veröffentlichung spendierte. Immerhin feiert SCREAM (1996) 25-jähriges Betriebsjubliäum, standesgemäß mit neuer 4K-Abtastung im schicken Steelbook. Grund genug, einen Abstecher nach Woodsboro einzulegen und mal zu prüfen, wie gut sich der selbstreferenzielle Slasherfilm über die Jahre gehalten hat. Die Erkenntnis findet ihr im Artikel.

Originaltitel: Scream

Drehbuch: Kevin Williamson

Regie: Wes Craven

Darsteller: Neve Campbell, Courteney Cox, David Arquette, Jamie Kennedy, Skeet Ulrich, Matthew Lillard, Rose McGowan, Drew Barrymore…

Artikel von Christopher Feldmann

Die frühen 1990er Jahre waren keine sonderlich ergiebige Dekade für Horrorfans. Bis auf wenige Ausnahmen fanden die dem Genre zugehörigen Filme eher im B-Sektor, respektive in den Videotheken statt. Die 1980er Jahre hatten dem modernen Horrorfilm ihren Stempel aufgedrückt und derartig viele Klassiker und Kultfilme beschert, dass die Jahre darauf dem kaum mehr etwas hinzuzufügen hatten. Speziell der Slasherfilm, der in seiner Blüte mit Killer-Ikonen wie Jason Voorhees, Freddy Krueger und Michael Myers, sowie unzähligen Rip-Offs und Trittbrettfahrern für reißenden Absatz an den Kinokassen sorgte, war mehr oder weniger zu Grabe getragen worden. Die Zuschauer waren schlichtweg übersättigt, wurden doch so ziemlich alle Feiertage aufgebraucht und gesichtslose Teenager auf jede erdenkliche Art und Weise dahingerafft. Es waren schließlich Wes Craven, Schöpfer von A NIGHTMARE ON ELM STREET (1984), und der zu dieser Zeit noch unbekannte Drehbuchautor Kevin Williamson, die eine wahre Renaissance des Horrorkinos einläuteten und dem verstaubten Slasher-Konzept eine Frischzellenkur verpassten, indem sie dem mörderischen Treiben ironische Dialoge und selbstreferenziellen Witz beimischten. SCREAM (1996) wurde dank dieser Zutaten, einem temporeichen Plot und motivierten Darstellern ein echter Hit, zog bisher vier Sequels nach sich (von denen das neueste im Januar startet) und sorgte dafür, dass eine neue Welle von ähnlich konzipierten Schlitzerstreifen die Leinwände flutete. Auch wenn es bei diesen durchaus qualitative Ausschläge nach Oben gab, die Initialzündung von Altmeister Craven blieb unerreicht und gehört noch heute zu den besten Filmen seiner Art.

Handlung:

Als in der verträumten Kleinstadt Woodsboro die High-School-Schülerin Casey Becker (Drew Barrymore), sowie deren Freund, eines Abends von einem maskierten Killer grausam ermordet werden, bricht die Hölle los. Die Polizei tappt im Dunkeln und auch die Klatschpresse fällt über das Örtchen her, allen voran die sensationslüsterne Gale Weathers (Courteney Cox). Dieser Vorfall bereitet besonders Sindey Prescott (Neve Campbell) Bauchschmerzen, deren Mutter gerade einmal ein Jahr zuvor ebenfalls umgebracht wurde, auch wenn der vermeintliche Täter Cotton Weary (Liev Schreiber) längst hinter Gittern sitzt. Als der geheimnisvolle Killer jedoch auch Sidney ans Leder will, weitere Menschen ihr Leben lassen und sogar ihr Freund Billy (Skeet Ulrich) verdächtigt wird, beginnt ein perfides Katz-und-Maus-Spiel mit dem Täter.

Ich muss so ungefähr 12 Jahre alt gewesen sein, als ich SCREAM das erste Mal sah, natürlich in einer geschnittenen FSK-16-Fassung irgendwo im Free TV nach 22 Uhr. In meiner Erinnerung ist ebenfalls noch verankert, wie ich meinen Freunden in der Schule von diesem krassen Horrorfilm erzählt habe, wobei ich verschwieg, dass ich bereits nach dem Prolog das Handtuch warf. Bis heute zählt diese sich in ihrem Terror immer weiter steigernde Eröffnungssequenz zu prägendsten Momenten meiner Jugend, da ich mir im wahrsten Sinne des Wortes die Decke über den Kopf ziehen musste, so sehr habe ich mich vor der Bedrohung durch den maskierten Killer gefürchtet, der Drew Barrymore am Telefon mit Quizfragen zu Horrorfilmen in ein mörderisches Spiel verwickelte. Für mein zartes Alter war das ziemlich harter Tobak, wenn auch in geschnittener Form und ich erwischte mich auch bei erneuter Sichtung dabei, wie sich mir die Nackenhaare aufstellten. Allerdings will ich hier ja nicht über Kindheitserfahrungen berichten, sondern den Film rezensieren.

Natürlich ist das Opening legendär, vor allem weil man sich damals den PSYCHO-Kniff zu Nutzen machte, indem man den Film überwiegend mit Drew Barrymore bewarb, was die Zuschauer natürlich umso mehr in Angst und Schrecken versetzte, als diese sahen wie die berühmte Schauspielerin noch vor der Titeleinblendung das Zeitliche segnet. Ich bitte um Verzeihung wenn sich an dieser Stelle jemand von diesem Spoiler gestört fühlt aber wer noch nie SCREAM gesehen hat, ist selbst schuld. Wie Craven es hier schafft ohne allzu viele Taschenspielertricks eine bedrohliche, nervenzerreißende Atmosphäre zu kreieren, ist schon eine Nummer für sich. Der perfekte Einstieg für einen außergewöhnlichen Film, der einen zu Beginn schon ordentlich durchrüttelt. Aber auch über den Rest der Laufzeit büßt dieses doppelbödige Werk zu keiner Zeit an Qualität ein. Craven und vor allem Williamson wussten, dass im Jahr 1996 kein Slasher mehr möglich war, der bierernst der Blaupause folgen würde, die die Kollegen eine Dekade zuvor bis zur Besinnungslosigkeit ausgereizt haben, weshalb sie das Ganze mit einer damals frischen Meta-Ebene ausstatteten. Die Figuren in SCREAM kennen Horrorfilme, haben Genreklassiker wie HALLOWEEN (1978) und FREITAG DER 13. (1980) gesehen, reden über eben jene Vorbilder und erläutern sogar die Regeln, nach denen ein Slasher funktioniert. Kein Sex, keine Drogen, keine Sprüche wie „Ich bin gleich wieder da!“, sonst fällt man dem Killer zum Opfer. Craven kokettiert zu jeder Zeit mit diesem engen Korsett und spielt mit den Versatzstücken, in dem er im Grunde vorhersehbare Szenen clever variiert und mit den Erwartungen bricht. Auf der anderen Seite streut er immer einen fiesen Humor ein, in dem diverse Personen dem Killer zum Opfer fallen, obwohl sie sich eigentlich den Regeln bewusst sind. So bildet der Film eine sanfte Parodie auf die etablierten Klischees, die vermutlich jeder ebenfalls herunterbeten kann.

Aber auch wenn Craven humoristische Töne anschlägt, die Figuren ironische Dialoge zum Besten geben und der Regisseur selbst einen Cameo als Hausmeister im Freddy-Krueger-Outfit absolvieren darf, funktioniert SCREAM auch immer noch als Horrorfilm, was vermutlich auch auf die langjährige Erfahrung des Filmemachers zurückzuführen ist. Der war nicht nur für den Klassiker A NIGHTMARE ON ELM STREET (1984) verantwortlich, sondern inszenierte auch Terror-Klassiker wie THE LAST HOUSE ON THE LEFT (1972) und THE HILLS HAVE EYES (1977). Bereits mit NEW NIGHTMARE (1994) versuchte sich Craven am Meta-Horror, doch erst mit dem hier vorliegenden Film landete er einen Volltreffer. SCREAM hat zwar seine erheiternden Momente, nimmt sich aber in den entscheidenden Szenen ernst. Wenn der Ghostface-Killer seine Opfer über das Telefon stalkt, sie in die Enge treibt und dann erbarmungslos zuschlägt, dann ist das mitnichten mehr komisch, es sei denn man kann sich nicht von dem Spoof SCARY MOVIE (2000) frei machen, der aber eigentlich auch nur die Parodie einer, nun ja, Parodie ist. Craven zeigt, dass dies auch ohne Pipi-Kacka-Pubertär-Humor möglich ist.

Williamsons Drehbuch schafft es indes, aus dem immergleichen Konzept „Killer verfolgt Teenager“ einen spannenden Whodunit-Plot zu schustern, dessen Kernfrage natürlich die Identität des Killers darstellt. Dafür fährt der Autor ein ganzes Arsenal an Figuren auf, die zwar den etablierten Stereotypen entsprechen aber genug Personality und Grautöne mitbringen, um als eigenständige Charaktere zu funktionieren. Sidney Prescott zum Beispiel ist im Grunde das Final Girl, die klassische Jungfrau, die es am Ende mit dem Killer aufnehmen muss. Anstatt aber völlig apathisch in der Ecke zu stehen, mausert sie sich über den Film hinweg zur selbstbewussten, fast schon emanzipierten Frau, die dem Grauen ein Schnippchen schlagen kann. Neve Campbell, die damals noch relativ unbekannt war, ist fantastisch in ihrer Rolle und schafft wunderbar den Spagat zwischen zerbrechlich und taff, was sie zur starken Hauptfigur macht, mit der man mitfiebert. Auch Courteney Cox, die als schmierige Klatschreporterin gegen ihr FRIENDS-Image anzuspielen versuchte, passt perfekt auf die Rolle und darf als abgebrühte, sensationsgeile Medientante die umgekehrte Reise zur einfühlsamen und liebenswürdigen Frau machen und dabei sogar mit ihrem späteren Ehemann David Arquette anbandeln, der sich als Deputy „Dewey“ vom eher tollpatschigen, leicht unterbelichteten Cop zum Helden mausert. Hier zeigt sich wieder des Films Gespür für treffsicheren Humor, sorgt vor allem Arquette für zahlreiche Gags, die im Gesamtkontext aber nie zu albern wirken. Alle Hauptfiguren machen eine Reise, entwickeln sich, bleiben niemals in ihren stereotypen Ausgangslagen gefangen, weshalb sie von Fans auch so geschätzt werden und auch die zentralen Charaktere in den Fortsetzungen sind. Auch die restliche Besetzung kann vollends überzeugen, egal ob Matthew Lillard als weirder Horrorfreak, Skeet Ulrich als Johnny-Depp-Verschnitt oder Jamie Kennedy als Nerd, der dafür sorgt, dass auch die unkundigen Zuschauer die Regeln kennenlernen.

Darüber hinaus bemüht sich das Skript, nicht zu durchschaubar zu sein, was wirklich gut gelingt, funktionieren die Twists und Turns doch ganz ausgezeichnet. Der Zuschauer wird konsequent auf eine falsche Fährte geführt, nur um im Endeffekt zu überraschen und die Berechenbarkeit ähnlich gelagerter Film aufzuzeigen. Dies mündet in einem spannenden Showdown, der rund 40 Minuten des Films in Anspruch nimmt und ganze 21 Nächte der Drehzeit benötigte. Trotz der ausgewalzten Länge, die wir in lediglich einer Location verbringen, geht es immer Vorwärts bis zur Enthüllung, die ich an dieser Stelle nicht preisgeben möchte. Vielleicht gibt es ja den ein oder anderen Leser, der SCREAM tatsächlich noch nicht kennt und nun angefixt ist. Dieses Sehvergnügen möchte ich dann doch nicht mit Spoilern trüben. Man kann zumindest sagen, dass es im Kontext des Films wunderbar funktioniert und mit klassischen Auflösungen aus Slasherfilmen oder allgemein Whodunits bricht, was die Charakterisierung und die Motivation des Täters betrifft. Wer daran weit weniger interessiert ist, kann zumindest Zeit damit verbringen, die zahlreichen Referenzen und Easter Eggs zu erspähen, die man sich hat einfallen lassen.

SCREAM war damals ein ziemlicher Hit und spülte bei gerade einmal 15 Millionen US-Dollar Produktionskosten ganze 173 Millionen in die Kassen. Craven erlebte einen zweiten Karrierefrühling, Kevin Williamson war daraufhin als Autor dick im Geschäft und Dimension Films avancierte zum Label für hippe Horrorfilme wie FROM DUSK TILL DAWN (1996), THE FACULTY (1998) oder HALLOWEEN H20 (1998). Der Erfolg sorgte natürlich dafür, dass gerade einmal ein Jahr später mit SCREAM 2 (1997) ein Sequel folgte, dass sich den Klischees von Fortsetzungen annahm und eine gelungene Fortführung des Erstlings darstellt, was man von SCREAM 3 (2000) allerdings nicht behaupten kann. Trotz guter Ideen verkam Cravens Trilogie-Abschluss zum lauen Lüftchen, fehlte dem Streifen einfach der Biss der Vorgänger, was wahrscheinlich auch auf den Autorenwechsel zurückzuführen ist, stammte das Skript zum dritten Teil nicht mehr von Williamson, sondern von Ehren Kruger. Da konnte auch Cravens routinierte Regie nicht viel wett machen. Allerdings bügelte der Altmeister dies mit SCREAM 4 (2011) wieder aus, der seinen letzten Film darstellen sollte, Craven verstarb nämlich im Jahr 2015. Nun sind Matt Bettinelli-Olpin und Tyler Gillett an der Reihe, die einen fünften Teil gedreht haben, in dem auch die Originalbesetzung zurückkehrt. Ob das funktioniert, erfahren wir im Januar, denn dann startet SCREAM (2022) (ja man verzichtet auf eine Zahl im Titel) weltweit in den Kinos.

Wer das Original noch nicht in der Sammlung hat, der sollte nun bei der Neuauflage aus dem Hause Paramount Pictures Home Entertainment zuschlagen, die dem Klassiker zum 25-jährigen Jubiläum eine schöne Veröffentlichung spendiert haben. Dabei ist besonders das Steelbook ein Hingucker, in dem sich neben der Blu-ray auch eine 4K-Scheibe befindet. Zur Rezension lag mir der Bläuling vor, der den Film frisch remastered präsentiert und damit in ganz neuem Glanz erstrahlen lässt. Bild- und Tonqualität sind ausgezeichnet. Einziger Wehrmutstropfen für Fans dürfte aber die Tatsache sein, dass es sich hier „nur“ um die ungekürzte R-Rated-Kinofassung handelt. Wieder einmal verzichtet man auf die Unrated-Fassung, was aber eigentlich auch nur knapp sieben Sekunden Laufzeit ausmacht. Diese beinhalten einen etwas längeren Blick auf das Innerste von Drew Barrymore und eine längere Einstellung im Film, die aber einen wenig überzeugenden Effekt beinhaltet. Von daher ist der Unterschied wirklich so marginal, dass es mir hier schlichtweg egal ist und ich auch gut mit der Kinofassung leben kann. Die Disc enthält zudem das bekannte Bonusmaterial (Audiokommentar, Featurettes zu den Dreharbeiten und der Produktion, ein Q&A mit Cast und Crew, sowie den Trailer) und eine neue Doku mit dem Titel EINE BLUTIGE LEGENDE: „SCREAM“ 25 JAHRE SPÄTER.

Fazit:

Mit SCREAM (1996) schuf Regisseur Wes Craven einen zeitlosen Klassiker, der nicht nur den Slasherfilm in ein neues Zeitalter führte, sondern auch Meta-Humor und Selbstironie im Horrorgenre salonfähig machte. Ein temporeicher, spannender und cleverer Film, der sowohl als parodistischer Kommentar als auch klassischer Schocker bestens funktioniert.

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