Einst gelang M. Night Shyamalan mit The Sixth Sense der große Wurf. Der geniale Twist in der Story sorgte für Begeisterung und begründete die Erwartung an Shyamalan, fortan nur noch Filme mit mysteriösen Settings und raffinierten Auflösungen zu drehen. Also machte sich Shyamalan ans Werk und schuf so sein eigenes Genre: It´s a Shyamalan Movie! Das Mysterium ist sein Ding, das Spiel mit Thrill, Twists und Grusel bestimmt das Portfolio des Regisseurs. Doch die Qualität seiner Filme begann zu schwanken und so manche Story krachte mit allerlei Brimborium an die Wand. Nun also erscheint sein neuster Streifen, herausgebracht von UNIVERSAL PICTURES HOME ENTERTAINMENT, im Heimkino. Ob Shyamalan mit Old zu alter Klasse aufschließen kann?
Regie: M. Night Shyamalan
Darsteller: Gael Garcia Bernal, Vicky Krieps, Rufus Sewell, Abbey Lee, Embeth Davidtz, Emun Elliot, Ken Leung, Aaron Pierre, Francesca Eastwood
Artikel von Kai Kinnert
Als sich ein Elternpaar (Gael Garcia Bernal, Vicky Krieps) mit seinen beiden Kindern an einem paradiesischen Strand erholen will, geraten sie in den Bann eines schockierenden Phänomens: Sie werden rasend schnell alt. Am Ende eines Tages wartet auf sie der Tod. Überleben können sie und die anderen Besucher nur, wenn sie das unheilvolle Rätsels dieses Ortes lösen.
In Old spielt Francesca Eastwood mit. Lieber Leser, da ich ein Freund des Filmwerks von Clint Eastwood bin, muss ich diesen Umstand kurz erwähnen. Sie hat eine Nebenrolle und kommt in ihren wenigen Filmminuten irgendwie interessant ´rüber, aber das nur am Rande. Ach ja, wenn wir schon dabei sind – Hauptdarstellerin Vicky Fries spielte sogar schon in einem Tatort mit und war auch in der Streaming-Serie Das Boot mit dabei. Gael Garcia Bernal, der hier den Vater und Ehemann spielt, wirkte in einer ganzen Reihe bekannter spanischer Filme mit, wie zB Y tu mamá también (2001), La Mala Educación (2004) oder auch Und dann der Regen – También la Illuvia (2010). Irgendwie interessant besetzt und Mike Gioulakis macht wieder die Kamera. Er drehte auch Split und Glass für Shyamalan und trägt mit seinem Stil ganz wesentlich die Spannung im Film. Die Kamera ist hier wesentlicher Bestandteil der Inszenierung, sie dreht und fährt, schwebt und schwenkt mit enger Aufteilung herum, zoomt, kommt von oben, verharrt und nutzt den Vordergrund mit starker Präsenz. Mal stört auch die Stange eines Sonnenschirms das Bild, ständig schieben sich Gegenstände und Bewegungen ins Bild, Störungen eben, oft werden Details verborgen. Die Kamera liefert einen Tanz zwischen Aufdringlichkeit und gekonnter Spannung.
Guy und Prisca fahren mit ihren Kindern Trent und Maddox, 6 und 11 Jahre alt, ins Anamika Resort, irgendwo am tropischen Strand gelegen. Sie bekommen bei Ankunft gleich einen, auf ihre körperlichen Bedürfnisse abgestimmten Smoothie in die Hand gedrückt und checken in ein semi-aufregendes Resort ein. Der Resort-Leiter begrüßt sie und nach fünf Minuten flutscht in einem unbeholfenen Dialog schon der erste Hinweis zur filmischen Lösung heraus. Wie dem auch sei, die Eltern haben Stress miteinander und die Mutter hat seit Jahren einen Tumor im Unterleib, der zu spät festgestellt worden ist. Prisca hatte die Reise Online gebucht, um mit den Kindern noch einmal einen schönen Urlaub zu verbringen, bevor man ihnen die Scheidung verkündet.
Da kommt die kleine, seltene und geheime Bucht ganz recht. Das Hotel möchte ein paar auserwählten Gästen einen Tag in einer super-feinen und geheimen Bucht schenken, da darf sonst niemand hin, und schon sitzt eine handvoll Gäste im Bus, darunter Guy und Prisca mit ihren Kindern. Die Truppe wird nach einer Weile am Zaun abgesetzt und steigt von dort aus, durch eine Höhle, in eine wunderschöne Bucht, umringt von einer Wand aus seltenen Mineralien. Als sie ankommen, sind sie nicht allein. Da sitzt ein Typ mit Nasenbluten und seine Freundin wird später tot an den Strand gespült werden. Es dauert nicht lange und das Drehbuch gibt Vollgas in der Eskalation der Figuren, denn die Tote, der Typ mit Nasenbluten und die körperlichen Veränderungen in der Gruppe lösen Stress und Panik aus, ein Entkommen aus der Bucht scheint unmöglich. Dazu entpuppt sich auch noch jemand als Irrer, der ob der psychischen Belastung austickt. Vorsicht, denn der Kerl hat ein Messer. Kreisch.
Plötzlich vergeht die Zeit wie im Fluge. Eine Stunde sind hier Jahre und schon wächst Priscas Tumor rasant zur Größe einer Honigmelone heran und muss schnell herausgeschnitten werden. Kein Problem, denn Wunden verheilen in der Bucht in Windeseile. Zeitgleich verstirbt die älteste Person an Altersschwäche und die selbst-optimierte Schönheit bekommt Falten und Arthritis, was im weiteren Verlauf zu einer denkwürdigen Szene in einer Höhle führen wird.
Während die Erwachsenen mehr Falten bekommen und später körperlichen Altersverschleiß, wie Taubheit oder Grauen Star, aufweisen, wachsen die drei Kinder, eine Vierjährige ist auch noch mit dabei, zu Teenies heran und durchlaufen – es ist der größte Gag in dem Film – die Pubertät. Als Gag hatte sich Shyamalan das sicherlich nicht gedacht, doch die Nummer ist so formvollendet in seiner unfreiwilliger Komik, dass man plötzlich lauthals Lachen muss. Die Vierjährige ist plötzlich 16 und Trent nun 18, beide nicht aufgeklärt und liegen in der Strandmuschel, brabbeln naiv und schon ist das Mädchen schwanger. Während am Strand Panik wegen irgendeiner Entwicklung herrscht, ruft das Mädchen, plötzlich im 5. Monat, nach ihrer Mutter. Als die ihre Tochter erreicht, muss auch schon entbunden werden. Das Baby, just geboren, wird kurz auf die Decke gelegt und ist da auch schon verstorben. An Vernachlässigung. Das ist urkomisch, weil hier alles over the top angelegt wurde und das Drehbuch ein wirres Durcheinander an Ideen und Undurchdachtem ist. Ebenso lustig gescheitert ist die Szene mit Trent und Maddox in der Höhle, wo ihnen die kreischende Schönheit verkrüppelt begegnet. Da war der Exorzist nicht weit. Von Grusel keine Spur, stattdessen schlechtes Schauspiel, ein dusseliges Drehbuch und Overacting – hier gibt es das volle Pfund an Fehleinschätzungen seitens des Regisseurs.
Old ist ein waschechter Trashfilm mit Millionen-Budget. Das Drehbuch ist albern und wurde, glücklicherweise, in aller Ernsthaftigkeit inszeniert. Die schauspielerischen Leistungen schwanken zwischen schlecht und tragbar, manchmal darf man auch lachen. Die Kamera hat tolle Einfälle, spielt mit dem Geschehen außerhalb des Bildrandes und findet spannende Fahrten und klasse Zooms. Ohne Mike Gioulakis wäre Old nur Schultheater. Einige selbstverliebte Momente sind da leicht vergessen.
Und die Auflösung? Nun ja. Die ist eine weitere Kerbe im Kosmos von M. Night Shyamalan. Old ist unfreiwillig komisch, wobei es durchaus spannende Ansätze gibt, jedoch scheiterten diese am Unvermögen der Umsetzung. Eben genau das, was einen guten Trashfilm ausmacht. So gesehen gibt es hier durchaus Abwechslung und wer das mag, darf einen Blick wagen. It´s a Shyamalan Movie!
Das Bild der Blu-ray ist sauber, satt und klar, der Ton ebenso. Als Extras gibt es Unveröffentlichte Szenen, Familienunternehmen Shyamalan, Der ganze Strand ist eine Bühne, Alptraum Paradies und Eine Familie im Moment.