Trotz einigen gelungenen bis meisterhaften Filme wurde Werwölfen im Vergleich zu anderen Leinwandmonstern bisher immer eine etwas untergeordnete Rolle zu Teil. Daran wird vermutlich auch WEREWOLVES WITHIN (2021) nichts ändern, allerdings verbirgt sich hinter der Videospieladaption, die von EuroVideo kürzlich im Heimkino veröffentlicht wurde, eine wirklich spaßige Horrorkomödie mit Murder-Mystery-Elementen. Wir haben uns den Film angesehen und verraten euch in unserer Kritik, warum sich der bissige Whodunnit-Spaß nicht nur für Genrefans, sondern auch für eingefleischte Gesellschaftsspieler lohnt.

Originaltitel: Werewolves Within

Drehbuch: Mishna Wolff

Regie: Josh Ruben

Darsteller: Sam Richardson, Milana Vayntrub, George Basil, Wayne Duvall, Sarah Burns, Catherine Curtin…

Artikel von Christopher Feldmann

In meiner Jugend, speziell in meiner Konfirmandenzeit (ja, da mussten wir alle durch) war das Gesellschaftsspiel DIE WERWÖLFE VOM DÜSTERWALD ein wesentlicher Bestandteil entsprechender Freizeiten, das auch uns beratungsresistenten Jugendlichen wirklich Spaß bereitet hat. Dabei handelt es sich um ein Kartenspiel, bei dem jeder Teilnehmer eine verdeckte Rolle einnimmt und in dessen Verlauf ein oder mehrere Spieler als Werwölfe entlarvt werden müssen, bevor diese die „Dorfbewohner“ auf ein Minimum dezimieren können. Dabei geht es um geschickte Fragen und Antworten, Bluffs und entsprechende Argumentationen. Im Jahr 2016 veröffentlichten Red Storm Entertainment über den Publisher Ubisoft ein Game mit dem Titel WEREWOLVES WITHIN, das sich bei dem entsprechenden Konzept bedient und für das Virtual-Reality-Format konzipiert wurde. Knapp fünf Jahre später erblickte nun eine Verfilmung das Licht der Welt und wer an vergangene Videospieladaptionen denkt, wird schon mit längeren Zähnen als die eines Werwolfs an an die Produktion herantreten. Nichts desto trotz muss man den Machern um Regisseur Josh Ruben gute Arbeit bescheinigen, denn die Filmversion schafft es nicht nur elementare Bestandteile des Spiels aufzugreifen, sondern auch vorzüglich zu unterhalten.

Handlung:

Nachdem eine geplante Pipeline die beschauliche Kleinstadt Beaverfield entzweit hat und ein Schneesturm die Bewohner im örtlichen Gasthaus gefangen hält, versuchen der neu eingetroffene Ranger Finn (Sam Richardson) und die Postangestellte Cecily (Milana Vayntrub) den Frieden zu wahren. Doch als der Vollmond aufsteigt und sich plötzlich die Leichen um sie herum stapeln, entdecken Finn und Cecily eine Stadt voller schwelender Ressentiments, in der jeder ein Motiv hat… und in der jeder der Werwolf sein könnte.

Der größte Unterschied zur Vorlage dürfte das Setting sein, spielt WEREWOLVES WITHIN doch in einem herkömmlichen, verschneiten, von nur wenigen Menschen bevölkerten Provinznest namens Beaverfield, während das Game in einer klar definierten Fantasywelt angesiedelt ist. Jedoch holen Josh Ruben und Autorin Mishna Wolff das Maximum aus ihrer Location heraus und inszenieren das kleine Örtchen als abgeschiedenes Kaff, welches mit allerlei skurrilen Figuren aufwartet. Hier tummelt sich ein schräger Vogel nach dem anderen, von einem einsiedlerischen Jäger über eine völlig verrückte Esoterikerin bis hin zu einem reichen, homosexuellen Pärchen, welches sogar nicht in die eher konservativ geprägte Dorfromantik zu passen scheint, ist so ziemlich jedes Charakterextrem vertreten. Entsprechend schräg ist auch der Humor geraten, denn der Film verkauft sich zwar als Horrorkomödie, allerdings überwiegt der komödiantische Teil doch sehr, was vielleicht manchem Zuschauer weniger gefallen könnte. Ich hatte für meinen Teil großen Spaß an den völlig überdrehten Figuren und deren aufgedrehtem Schauspiel. Zwar kommt der Gruselfaktor wenig zur Geltung, da jeder Spannungsmoment schnellt mit einem Gag aufgelöst wird, wer daran allerdings Gefallen findet, wird über 90 Minuten blendend unterhalten.

Ein großes Plus ist natürlich das Whodunnit-Element, immerhin spielt der Film in bester Murder-Mystery-Manier mit den Fragen „Wer ist der Werwolf?“ und „Gibt es ihn überhaupt?“. So muss wie im Spiel ermittelt, Fragen gestellt und Hinweise gesammelt werden, während natürlich jeder der im örtlichen Gasthaus zusammengekommenen Figuren verdächtig ist. Man könnte das Ganze quasi als Agatha-Christie-Krimi mit Werwölfen bezeichnen, so sehr spielt der Film gängigen Erwartungshaltungen und Klischees. Der Kniff, dass sich die Bewohner aus diversen Gründen sowieso uneins sind und für entsprechende Handlungen ganz eigene Motive haben, macht das Rätselraten umso spaßiger. Und spätestens zum Finale präsentiert der Film einige wunderbar absurde Twists, die den Zuschauer immer wieder auf falsche Fährten führen, während die schlussendliche Auflösung gar nicht mal überraschend sein dürfte, den Weg dorthin bestreitet die Geschichte allerdings clever.

Was dadurch natürlich sehr kurz kommt, ist der eigentliche Horroranteil. Die Attacken des „Werwolfs“ passieren relativ häufig im Off oder sind so geschnitten, dass die entsprechende Kreatur nicht zu sehen ist. Trotzdem lässt es sich WEREWOLVES WITHIN nicht nehmen, an manchen Stellen etwas blutiger zu werden und gerade aufgrund des leichten Tonfalls ist man in Anbetracht mancher Effekte doch überrascht. Der Humor ist natürlich Geschmackssache und driftet oft ins überkandidelte ab, was aber in erster Linie an den Darstellern liegt, nichts desto trotz fühlte ich mich an die Filme von Edgar Wright erinnert. Auch schafft es der Film mit dem Ranger Finn und der Postbotin Cecily zwei sehr liebenswerte Figuren zu etablieren, die von der ersten Minute an wirklich sympathisch wirken und eine gute Chemie miteinander haben. Auch die anfängliche, kleine Romanze, die über die Laufzeit hinweg immer wieder thematisiert wird, hat ihren Reiz, denn wenn beide ihre Zuneigung füreinander entdecken, während im Hintergrund Popsongs aus den 1990er Jahren dudeln, dann hat das einen gewissen Kitschfaktor aber auch irgendwie etwas warmes an sich.

Sam Richardson und Milana Vayntrub bilden ein wirklich gutes Duo und sind die einzigen Darsteller, die trotz des eigenen Humors immer noch genug Ernsthaftigkeit an den Tag legen, um den Film zu tragen. Die restlichen Darsteller, speziell Michaela Watkins, Sarah Burns, George Basil und Harvey Guillén, dürfen dem Affen derweil ordentlich Zucker geben und brachten mich mit ihren völlig hysterischen Reaktionen des Öfteren zu lachen. Und wenn der Film nach 90 Minuten in den Abspann überleitet und man selbst der Überzeugung ist, gerade richtig Spaß gehabt zu haben, dann hat jemand etwas richtig gemacht.

WEREWOLVES WITHIN ist über EuroVideo im Heimkino erschienen und als Blu-ray, DVD, sowie digital erhältlich. Uns lag ein Presse-Screener vor.

Fazit:

WEREWOLVES WITHIN (2021) ist eine wirklich gelungene Videospielverfilmung und eine extrem spaßige Whodunnit-Horrorkomödie mit schrägen Charakteren, sympathischen Hauptfiguren und einigen cleveren Ideen. Der Film macht sich die Elemente der Vorlage zu Nutze und entwickelt diese auf unterhaltsame Weise weiter. Daraus resultiert ein Film, der vielleicht etwas zu klein für eine Kinoauswertung aber auf dem Heimkino-Markt wirklich einen Blick wert ist.

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