Der König ist verrückt geworden und holt sich 10.000 Konkubinen an den Hof. Das ist doch mal eine Ansage. Soll es wirklich gegeben haben, damals, im alten Korea. Und wo Macht und Irrsinn zusammenkommen, ist auch die Intrige und der Tod nicht weit. Was nach einem Soft-Erotik-Drama im historischen Gewand klingt und somit gepflegte Langeweile verspricht, gebiert sich zu einem prächtig gefilmten, eleganten Caligula. Zumindest biegt sich der Film in diese Richtung, denn der König hat echt einen an der Waffel. BUSCH MEDIA GROUP bringt den episch angelegten Film nun in zwei Schnittfassungen als limitiertes Mediabook heraus. Die Einzeldiscveröffentlichungen beinhalten lediglich die kürzere, internationale Fassung.
Originaltitel: Gansin
Regie: Min Kyu-dong
Darsteller: Ju Ji-hoon, Kim Kang-woo, Lim Ji-yeon, Chun Ho-jin, Lee Yoo-young
Artikel von Kai Kinnert
Korea im 16. Jahrhundert. Nachdem König Yeongsan den gewaltsamen Tod seiner Mutter blutig gerächt hat, verfällt er dem Wahnsinn und wird zum sexbesessenen und grausamen Tyrannen. Er lässt zehntausend junge Mädchen und Frauen aus allen Provinzen des Landes entführen, um sie zu seinen Konkubinen zu machen. Die Frauen werden fortan wie Sexsklavinnen gehalten, in der Kunst verschiedenster Sexualpraktiken unterrichtet und intimen Prüfungen unterzogen. Die Beste von ihnen soll auserwählt werden, dem König als persönliche Gespielin zu dienen und einen Thronfolger gebären. Doch dieser perfide Plan gerät ins Wanken, als sich der mächtige Minister Soong-jae, Jugendfreund und engster Vertrauter des despotischen Herrschers, in eine der Konkubinen verliebt. Heimlich rebelliert er gegen den König. Auch die hübsche Konkubine, die von ihm begehrt wird, hegt eine verborgene Agenda. Schließlich eskalieren Intrigenspiel, Verrat und grenzenlose sexuelle Begierden zu einem verhängnisvollen Konflikt.
„Ihr seid nichts weiter als ein verrückter Schlächter!“ schreit der alte Mann, bevor ihn der König enthaupten lässt. Das trifft so ziemlich die Essenz des Films, in dem es eigentlich um nichts weiter geht, als um Rache, Intrige, Sex und Gewalt. Zwar nicht so explizit, wie man es jetzt vermuten mag, aber dennoch bizarr und konsequent über die gesamte Laufzeit hinweg. Besonders blutig ist der Film nicht, obwohl es am Schluss hier dann doch verstärkt zur Sache geht. Der Wahnsinn führt ins Nichts und auch wenn der König tot ist, wird neuer Verrat und Wahn seinen Platz einnehmen. The Treacherous ist, wenn man so will, eine Reise ins Herz der Finsternis; wenn auch eine bunte. Kamera, Farbgebung und Lichtsetzung sind fantastisch, visuell ist The Treacherous echte Oberklasse, hier sitzt jede Einstellung. Kostüm und Ausstattung sind prächtig und auch die Besetzung spielt durch die Bank weg gut. Handwerklich ist der Streifen bestes Kino, rund inszeniert, teils malerisch-düster gefilmt und mit einer stimmungsvollen Filmmusik unterlegt.
Obwohl hier vieles letztendlich soft und angedeutet bleibt, gibt es doch genug drive durch den konsequenten Irrsinn des Königs. Der Typ ist reif für die Zwangsjacke und das Drehbuch weicht ihm nicht von der Seite. Der König ist sexbesessen und fertigt auch schon mal erotische Zeichnungen von Pferden beim Decken an und zwingt für seine Bilder Konkubinen zum Sex. Dabei ist er völlig unberechenbar und hat einen Verräter an seiner Seite, es ist sein engster Vertrauter. Aber auch der ist nicht ganz dicht und wähnt sich als König über dem König. Und am Ende des Films sitzt ein blutbeschmierter Typ in einem dunklen Keller und hat 30 Schweine getötet – obwohl es umgekehrt sein sollte. Die Story ist bizarr und der Film reizt unter seiner eleganten Mainstream-Inszenierung mit expliziten Sekunden, die gut passen.
Die Nacktheit in dem Film ist soft inszeniert, besser gesagt: sie wurde gut fotografiert. Grenzen werden letztendlich nicht gesprengt, wohl aber angedeutet. Regisseur Min Kyu-dong hatte, ebenso wie die groß aufspielende Besetzung, Spaß an diesem Irrsinn und lotet das Mainstream-Kino beinahe provokant aus. Der Vergleich zu Caligula (1979) von Tinto Brass ist also nicht ganz verkehrt, wobei der König in The Treacherous noch einen Zacken mehr Gas gibt, als einst Malcolm McDowell. Es gibt hier zwar keine Pornoszenen und auch in Punkto Gewalt ist Min Kyu-dongs Film eher für die große Leinwand konditioniert, doch die Darstellung des Königs durch Kim Kang-woo und sein engster Vertrauter, gespielt von Ju Ji-hoon, geben der Sache den nötigen Pfeffer.
The Treacherous ist großes Ausstattungskino, welches fulminant gefilmt und gespielt worden ist. Die kürzere Filmfassung hat mehr Tempo, was den Film expliziter wirken lässt und gut zum Inhalt passt. Jede Einstellung ist bestens durchdacht und es ist immer Bewegung im Bild. Alle Einstellung beginnt mit einer Bewegung, sei es durch die Kamera selber oder durch die Schauspieler. Dadurch entsteht eine hohes Erzähltempo mit einer gewissen Sogwirkung. Obwohl der Film keine eigentliche Spannung besitzt, glaubt man einen spannenden Film zu sehen, denn Tempo und Schauspiel binden den Blick des Zuschauers über die gesamte Laufzeit an das Geschehen.
Der knapp 30 Minuten längere Extended Cut hat dieses Tempo nicht und verbringt mehr Zeit im Wahn des Königs, weitet den Off-Kommentar der Erzählerin aus und verändert das Zeitgefühl durch zusätzliche Zeitlupen, mehr Handlung und längere Einstellungen. Aber auch diese Version, die ja die eigentliche Fassung des Films darstellt, hat eine Sogwirkung – nur eben anders gewichtet und nicht minder deftig. Egal welche Fassung man sich nun ansehen mag, der Fan dieses Genres bekommt hier zwei runde und sinnvolle Schnittfassungen serviert, die beide voller Farben, Stimmung und Irrsinn sind. Wer sich Caligula schon gerne ansah, darf hier also getrost einen Blick wagen.
Das Bild der Blu-ray ist sauber, satt und tief, der Ton ebenso. Als Extras gibt es ein Making of, Behind the scenes, Interviews mit Regisseur und Cast, Featurette über die Charaktere, Originaltrailer, Teaser. Die Mediabookversion besitzt neben den zwei Filmfassungen zusätzlich noch ein 16-seitiges Booklet.
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