Marvel, Marvel, Marvel. Gefühlt jede zweite Woche erscheint ein neuer Superheldenfilm oder eine ebensolche Serie auf dem Markt. Ich persönlich habe da resigniert, da ich so langsam nicht mehr durchsteige und freue mich, dass CAPELIGHT PICTURES einen Blick über den Tellerrand gewagt hat. Die haben nämlich, anstelle von der sich ständig wiederholenden Superheldensoße, die Verfilmung des brasilianischen Comics Samurai Shirô ins Programm genommen. Der kürzlich in unserem Heimkino veröffentlichte Streifen kommt weit weniger familienfreundlich als die PG-13-Latexanzugshelden daher und lässt die „Yakuza-Prinzessin“ ungezügelt und ohne Jugendfreigabe von der Leine.

Regie: Vicente Amorim

Darsteller: Masumi, Jonathan Rhys Meyers, Tsuyoshi Ihara, Eijiro Ozaki

Artikel von Christian Jürs

Als Akemi (Masumi), noch ein Baby war, wurde beinahe ihre gesamte Verwandtschaft auf einer Familienfeier in Osaka ermordet. Lediglich sie blieb verschont. Ahnungslos, dass ihre Familie der Yakuza angehörte, wuchs sie nach der Bluttat in São Paulo auf, wo sich die größte japanische Gemeinschaft außerhalb des Heimatlandes befindet. Zwanzig Jahre später, an ihrem 21. Geburtstag, muss Akemi dann mit einem weiteren Schicksalsschlag fertig werden. Ihr geliebter Großvater ist verstorben. Doch die junge Kendōkämpferin hat keine Zeit zum Trauern, da sie ihre Vergangenheit einholt.

Denn die Yakuza haben Wind davon bekommen, dass Akemi noch lebt und sich in Brasilien aufhält. Da ihr nun ein Großteil des Yakuzaimperiums zusteht, entsenden ihre japanischen Kollegen den brutalen Takeshi (Tsuyoshi Ihara), um den Fehler aus der Vergangenheit zu bereinigen und ihr Erbe zu verhindern. Zeitgleich erwacht ein Fremder (Jonathan Rhys Meyers) mit zerschnittenem Gesicht im Krankenhaus von São Paulo. Der Mann kann sich an nichts mehr aus seiner Vergangenheit erinnern, trägt aber ein Katanaschwert mit sich und spricht, zu seiner eigenen Überraschung, auch noch fließend japanisch. Er verlässt das Krankenhaus, ohne zu wissen, wohin die Reise ihn führt.

Natürlich führt die Reise dahin, dass alle drei Parteien schließlich aufeinandertreffen. Bis es soweit ist, darf Akemi in einem Club ihr Können unter Beweis stellen, als eine Gruppe brutaler Kerle zudringlich werden, was diese selbstredend bitter bereuen. Dabei macht Masumi, die eigentlich als Sängerin ihre Brötchen verdient, in den Kampfszenen gar keine schlechte Figur. Selbstverständlich hat man schon bessere Choreographien in Sachen Fights innerhalb des Genres gesehen, ordentlich sind die Actionszenen aber allemal, auch wenn das eingefügte CGI-Blut schrecklich ausschaut und seine Computerherkunft nicht verbergen kann.

Die Geschichte an sich ist nicht uninteressant und birgt ein paar nette Geheimnisse. Auch in Sachen Optik macht der Film richtig was her. So tauchte Regisseur Vicente Amorim die Parallelwelt der in Brasilien lebenden Japangemeinde beinahe durchgehend (zumindest in den zahlreichen Nachtszenen) in künstliche Neonlichter, was eine interessante, an Dario Argentos Suspiria erinnernde Optik ergibt und eine tolle Atmosphäre erzeugt.

Leider krankt der Film an schrecklich platten Dialogen aus dem Drehbuch Einmaleins. Auch die Tatsache, dass alle drei Handlungsstränge der Hauptfiguren irgendwann zusammenführen, überrascht wenig. Die erfahrenen Schauspieler Jonathan Rhys Meyers (Vikings) und Tsuyoshi Ihara (Letters from Iwo Jima) überzeugen aber in ihren Rollen, während das Schauspiel von Masumi etwas hinterherhinkt. Ihre Figur bleibt daher seltsam blass und unnahbar, was den Spannungsgrad ein wenig schrumpfen lässt.

Und so ist Yakuza Princess ein wirklich hübsch gefilmtes, ansonsten aber relativ mittelmäßiges Actionfilmchen mit ein paar Gewaltszenen, denen der Film das rote Freigabesiegel der FSK zu verdanken hat. Die Veröffentlichung von Capelight Pictures ist aber mal wieder erste Sahne. Mir lag die Mediabookvariante vor, die vor allem auf der 4K Scheibe in Sachen Bild- (2,39:1 / HDR10 & Dolby Vision / 2160p) und Tonqualität (DTS-HD Audio Master 5.1) beeindruckt. Die Synchronisation ist sehr gut (Jonathan Rhys Meyers hat seinen Stammsprecher Norman Matt verpasst bekommen). Der Film liegt auf Deutsch und in der Originalspur (Englisch, Japanisch und Portugiesisch) vor. Deutsche und Englische UT sind vorhanden. Im Bonusbereich gibt es ein Making Of und Trailer. Das Mediabook verfügt zudem über ein fettes Booklet mit Interviews, Hintergrundinformationen, Bildern und einem Comicauszug.

Yakuza Princess ist, wie das Katana, ein zweischneidiges Schwert. Brilliante Optik und ordentliche Kämpfe samt Gewaltspitzen stehen einer mäßig spannenden Geschichte gegenüber. Wer wie ich der Marvelfilme müde ist, kann hier gerne einen Blick riskieren und findet vielleicht eine Comicverfilmung, die ihm mehr zusagt. Das Ende deutet eine Fortsetzung an, die aber, aufgrund geringem Kinoeinspiels, vermutlich niemals kommen wird.

Amazon-Links:

Mediabook

Blu-ray

DVD

Prime Video

Zurück zur Startseite