Mit Speck fängt man Mäuse – und mit reißerischen Titeln fängt man Horrorfilmfreaks. MR. BANKER FILMS / CARGO RECORDS wissen dies und veröffentlichen nun ein kleines Schätzchen des erotischen Vampirfilms der 70er Jahre nochmal – mit höherem Freigabezeichen und einem Titel, der an einen verbotenen Klassiker erinnert. Immerhin ist das Cover jetzt schöner als bei der Erstauflage aus anderem Hause. Und sehenswert ist der Film obendrein.
Alter deutscher Titel: Lemora – Kampf mit der Unterwelt
Originaltitel: Lemora: A Child’s Tale of the Supernatural
Regie: Richard Blackburn
Darsteller: Lesley Gilb, Cheryl Smith, William Whitton, Steve Johnson
Artikel von Christian Jürs
Irgendwann in den dreißiger Jahren im Süden Amerikas. Alles beginnt mit der Hinrichtung einer untreuen Ehefrau und ihres Liebhabers. Ihr Göttergatte Alvin Lee (William Whitton) selbst hatte die Finger am Abzug. Fortan führt der Gangster ein Leben auf der Flucht. Seine Tochter Lila Lee (Cheryl Smith) wird in die Obhut eines Predigers (Regisseur Richard Blackburn) genommen, der sie streng christlich erzieht. Mit ihrer engelsgleichen Stimme verzückt das unschuldige Mädchen von nun an regelmäßig die Kirchengänger. Doch im Alter von dreizehn Jahren erhält sie einen Brief von einer gewissen Lemora (Lesley Gilb). Diese lädt Lila zu sich ein, um Abschied von ihrem todkranken Vater zu nehmen, der bei Lemora Unterschlupf gefunden hat.
Für Lila, die sich gleich nachts auf den Weg macht, beginnt eine zunächst abenteuerliche Odyssee, die sich schnell zu einem märchenhaften Albtraum entwickelt. So trifft sie zunächst auf allerlei lüsterne Erwachsene, die dem streng gläubigen Mädchen Angst bereiten. Doch je weiter ihr Weg sie führt, desto schrecklicher werden die Kreaturen, die ihr über den Weg laufen. So sind es Werwolf ähnliche Wesen, die vor den Augen des Mädchens einen Busfahrer massakrieren und sie anschließend bis zum Anwesen der gesuchten Lemora verfolgen.
Dort angekommen, wägt sie sich zunächst in Sicherheit, doch die grässliche, alte Haushälterin (Maxine Ballantyne), die merkwürdigen, farblosen Kinder mit ihrem Hang zu rotem Saft und auch die blutigen Fleischhäppchen, die überall in den Zimmern bereit stehen, machen dem Publikum schnell klar, dass hier irgendetwas nicht stimmt. Vor allem aber die hübsche, leichenblasse Lemora selbst, die mitsamt spitzen Eckzähnen und fehlendem Spiegelbild erscheint, sprechen beim Publikum eine deutliche Sprache.
Lady Dracula – Vom Satan geschändet – formally known as Lemora ist eine kleine Perle für Fans des erotischen Vampirfilms. Hier und da werden Erinnerungen an die Werke Jean Rollins wach (auch , nur halt mit mehr Dialogen und weit weniger nackter Haut. Dafür kann der Film mit originellen Latexmasken, einer liebevollen, argentoesquen Farbgestaltung und einer märchenhaften Atmosphäre punkten. Das Spiel der beiden Hauptdarstellerinnen, welches an Schneewittchen und die böse Schwiegermutter erinnert, ist zudem hervorragend. Leider weilen sowohl Lesley Gilb (Autounfall), als auch Cheryl Smith (Hepatitiserkrankung hervorgerufen durch Heroinsucht) nicht mehr unter uns.
Regisseur Richard Blackburn durfte hiernach lediglich eine Folge der Serie Geschichten aus der Schattenwelt inszenieren, was in Hinblick auf dieses Kleinod wirklich bedauerlich ist. Immerhin schrieb er mit am Drehbuch zu der Komödie Eating Raoul, die ich allerdings nicht kenne.
Die deutsche Synchro, die aus vergangenen Tagen zu stammen scheint, ist zwiespältig. Zum Einen klingt sie ein wenig wie auf der Toilette aufgenommen, zum anderen können nur die Hauptfiguren mit guten Sprechern punkten. Der übrige Cast klingt, als wäre er von der Straße weggecastet worden. Zum Glück bleibt aber die Wahl zur englischen Sprachfassung zu greifen.
Ansonsten gibt es qualitativ nix zu meckern. Der Film sieht halt aus wie ein billiges 70´s Movie, was er ja auch ist. Im Bonusbereich findet man leider gar nichts. Bei der Erstauflage aus dem Hause Schröder Media gab es aber auch nur ein paar wenige Werbetrailer zu bestaunen, man verpasst bei dieser DVD also nichts. Ich hätte mich sehr für die unzensierte Fassung interessiert, die laut IMDb stolze 113 Minuten Laufzeit misst. Ob diese jedoch besser ist als die vorliegende 82 Minuten Version, vermag ich nicht zu beurteilen. Ach ja, das Freigabesiegel ab 18 Jahren ist nicht korrekt – der Film ist in dieser Version ab 16 Jahren freigegeben.
Es ist ein märchenhafter Erotikgruselfilm aus den frühen 70ern. Wunderschön, wenn auch, trotz der Thematik, reichlich zugeknöpft, kommen Fans von stimmungsvollen Vampirfilmen an diesem Werk nicht vorbei. Lemora, die weder mit Jean Rollins Film aus dem Jahr 1982, noch mit Franz Josef Gottliebs Lustspiel aus dem Jahr 1977 etwas zu tun hat, ist die Versuchung wert.
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