Die diesjährige Oscar-Verleihung wird kaum aufgrund ihrer Preisträger in Erinnerung bleiben. Der Moment, in dem Will Smith Comedian Chris Rock auf der Bühne und vor laufender Kamera ein schallernde Ohrfeige verpasste, überschattet nach wie vor die gesamte Veranstaltung und zwar so sehr, dass kaum die Rede davon ist, dass der ehemalige „Fresh Prince“ kurz nach seiner Entgleisung den Goldjungen als bester Hauptdarsteller verliehen bekam. Hierzulande erscheint nun das biografische Sport-Drama KING RICHARD (2021) über Eurovideo für den Heimkino-Markt und ob der prestigeträchtige Film überzeugen kann oder Smith mir für diesen Artikel eine Schelle verpassen würde, erfahrt ihr nach dem Klick.

Originaltitel: King Richard

Drehbuch: Zach Baylin

Regie: Reinaldo Marcus Green

Darsteller: Will Smith, Aunjanue Ellis, Saniyya Sidney, Demi Singleton, Jon Bernthal, Tony Goldwyn…

Artikel von Christopher Feldmann

Sportdramen waren schon immer Garanten für eine entzückte Academy, besonders wenn sie von klassischen Underdogs erzählten, die mit Fleiß und dem Glauben an sich selbst zu Ruhm und Ehre kamen. Natürlich ist ROCKY (1976) so etwas wie die Mutter dieser Art von Film aber auch andere, ähnlich gestrickte Werke konnten in den vergangenen Jahrzehnten die Kritiker begeistern, wie etwa dem kurzzeitigen Mickey-Rourke-Comeback THE WRESTLER (2008) oder dem schnulzigen THE BLIND SIDE (2009) mit Sandra Bullock in der Hauptrolle. Und auch Sylvester Stallone selbst fand sich auf seine alten Tage noch einmal auf der Nominierten-Liste wieder, für seine ROCKY-Performance in CREED (2015). Dass dieses Genre nach wie vor eine sichere Bank ist, beweist KING RICHARD (2021), denn auch wenn das eher konventionelle Sport-Biopic einen etwas anderen Blickwinkel wählt, fühlt sich alles doch sehr vertraut an. Das ist gut gefilmt und gespielt aber inhaltlich auch irgendwie schwierig.

Handlung:

Richard Williams (Will Smith) ist der Vater der legendären Tennisspielerinnen Venus (Saniyya Sidney) und Serena Williams (Demi Singleton). Um seinen Töchtern den Weg an die Spitze des Erfolgs zu ebnen, musste Richard enorme Hindernisse überwinden. Denn Compton, Kalifornien, ist normalerweise nicht der Ort, der Tennis-Champions hervorbringt. Aber Richard hat einen Plan. So fegt er die Spritzen der Drogenabhängigen von dem heruntergekommenen örtlichen Tennisplatz und wehrt sich tapfer gegen die Gangs, die den Platz als ihr Revier beanspruchen. Unermüdlich bringt er seinen Töchtern die Feinheiten eines Spiels bei, das er selbst nie gespielt hat und kämpft gegen die uralten Grenzlinien von Rasse und Klasse um eine faire Chance für seine Mädchen – Denn er weiß, dass sie zu Großem bestimmt sind.

Man kann es sich bei der offiziellen Inhaltsangabe schon erschließen ohne den Film gesehen zu haben, KING RICHARD handelt einmal mehr vom amerikanischen Traum, von den Underdogs mit dem unbändigen Willen Großes zu erreichen, aus der fast schon vorbestimmten Gesellschaft auszubrechen und die Spitze zu erklimmen. Die Geschichte der beiden Profi-Tennisspielerinnen Serena und Venus Williams, beide Top-Stars des internationalen Tennissports und absolute Schwergewichte, erfüllt eben jene Tropes und nimmt in Compton, Kalifornien ihren Anfang. Allerdings beschäftigt sich der Film wenig mit den eigentlichen Protagonistinnen, sondern beleuchtet deren Vater Richard Williams, der unnachgiebig alles in seiner Macht stehende versucht, um seinen begabten Töchtern eine Karriere zu ermöglichen. Das Vorhaben, den jungen Mädchen den Weg zur Weltkarriere zu ebnen, allen Wiederständen und auch sämtlichen Rassen-Klischees zum Trotz, ist die Kernhandlung des Films.

Auch wenn das Drehbuch von Zach Baylin einen etwas anderen Blickwinkel einnimmt (was ungefähr mit einem ROCKY-Film vergleichbar wäre, der sich um Trainer Mickey dreht), bleibt die Geschichte doch sehr konventionell. KING RICHARD vereint sämtliche Story-Beats des Sportfilms mit sämtlichen Höhen und Tiefen, beleuchtet ebenso die Schwierigkeiten, die Williams-Töchter im Profi-Sport unterzubringen, als auch die Welt der hochdotierten Schecks und ausufernden Sponsorenverträge. Was dabei etwas zu kurz kommt, ist das Tennis an sich, denn gemäß dem Titel ist der Film in Gänze auf Will Smith als Richard Williams zugeschnitten. Der ist übrigens, der ganzen Schelte bezüglich seines Oscar-Ausrasters gegenüber Chris Rock zum Trotz, wirklich hervorragend in seiner Rolle und trägt den Film mühelos. Besonders sein Umgang mit überzahlten Trainern und Sponsoren in Anzügen und Polo-Shirts ist immer wieder ein Garant für einen Lacher, immerhin agiert der eher unangepasste Williams nicht nur als Förderer, sondern auch als Sprachrohr seiner Töchter, der die Tennis-Welt, die nur aus weißen Männern zu bestehen scheint, gehörig durcheinanderwirbelt.

Diese Szenen und die etwas improvisiert wirkenden Trainingsmethoden des überambitionierten Vaters gehören zu den unterhaltsamsten Momenten des Films, dessen Grundhaltung aber etwas problematisch ist. Es schwingt stets die Tatsache mit, dass das Ganze von Venus und Serena Williams ko-produziert wurde, was dazu führt, dass KING RICHARD wenig hinterfragt. So wird das Verhalten Richards, der seine Töchter Tag für Tag auf den Tennisplatz schickt und mit ihnen trainiert wenig bis überhaupt nicht aufgegriffen. Stattdessen konnte ich mich nicht von dem Gefühl frei machen, dass hier in gewisser Art und Weise „Gaslighting“ betrieben wird. Es gibt immer wieder Momente, die eigentlich ein toxisches Verhalten suggerieren und ein Vater zeichnen, der nach einem Plan agiert, seine Kinder zu Weltstars zu machen, um daraus auch eigene Vorteile ziehen zu können. Zudem bleiben auch Richards weitere Kinder lediglich Staffage, dies wird sogar in einer Szene angesprochen, verpufft aber schnell. Es ist, als würde man einen Film über den Vater von Michael Jackson drehen und diesen als fürsorglichen und empathischen Förderer darstellen.

Die Inszenierung von Reinaldo Marcus Green ist hingegen makellos, das Kolorit der späten 1980er und frühen 1990er Jahre wurde gut eingefangen, ohne dass man sich darin suhlt. Die schönen Hochglanzbilder, gerade in den Tennis-Szenen sind wirklich einnehmend und auch das Finale ist, trotz seiner klassischen Hollywood-Dramaturgie, spannend und mitreißend. Auch die Darsteller machen einen tadellosen Job. Auch wenn Smith natürlich der große Star ist und diese Position gebührend ausfüllt, können sowohl Aunjanue Ellis als Richards Frau, als auch Demi Singleton und Saniyya Sidney in den Rollen der Williams-Schwestern überzeugen. Der stets gern gesehene Jon Bernthal glänzt ebenso als Tennislehrer Rick Macci.

Kurz nach der digitalen Veröffentlichung erscheint KING RICHARD nun auch über Eurovideo als Blu-ray, 4K-UHD und DVD im Heimkino. Uns lag zur Ansicht die Blu-ray vor, die durch hervorragende Bild- und Tonqualität besticht. Mit einem Making-Of, Deleted Scenes, Featurettes und Trailer ist auch schönes Bonusmaterial an Bord. Zudem verfügt die VÖ über ein Wendecover.

Fazit:

KING RICHARD (2021) ist ein konventionelles Sportdrama und die Verfilmung einer wahren Geschichte, die sich sehr der gängigen Hollywood-Dramaturgie anbiedert aber auch unterhaltsam genug ist, um den Zuschauer in ihren Bann zu ziehen. Die Tonalität des Gezeigten und die oberflächliche Darstellung des Menschen Richard Williams rütteln zwar sehr am Gesamteindruck, wer diese Art von Film schätzt und Will Smith in Bestform sehen möchte, kommt hingegen auf seine Kosten.

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