„So wahr man mich die Viper nennt – ich gebe nicht auf!“ Kommissar Ferro ist ein Eisenbesen, ganz seinem Namen entsprechend, und ein Kerl unter Volldampf, stets kurz vor dem Herzinfarkt. Verbrecher haben keine Chance auf einen Anwalt oder gar Rehabilitation, hier gibt’s gleich auf die Fresse und beim Verhör wird auch schon mal gefoltert. Er ist eben die Viper, ein Spitzname, wie ihn nur italienische Cops der 1970er tragen konnten. Wie ein glühendes Messer schmilzt sich der unbeugsame Bulle durch das Verbrechen. Gnade ist nur was für Weichflöten und heulende Sozialarbeiter. Umberto Lenzi schickt hier Maurizio Merli auf die Straßen Roms, gefilmt im herrlichen Setting einer analogen Großstadt, voll des schmissigen Kolorits damaliger Tage. RETRO GOLD 63 brachte den sehenswerten Kracher nun in einem hübschen Mediabook heraus.
Originaltitel: Roma a mano armata
Regie: Umberto Lenzi
Darsteller: Maurizio Merli, Arthur Kennedy, Giampiero Albertini, Ivan Rassimov, Tomas Milan, Maria Rosaria Omaggio
Artikel von Kai Kinnert
In den Siebziger Jahren steckt Italien im Zangengriff des Organisierten Verbrechens. Die Hauptstadt Rom wird zwischen der Brutalität der Mafia und dem politischem Terrorismus von Links geradezu zerrieben. Die Polizei? Ist Entweder bestochen oder hat den Kampf aufgegeben. Kommissar Ferro, DIE VIPER, immer wieder wegen Verstößen gegen die Vorschriften suspendiert und seinen Vorgesetzten auch sonst ein Dorn im Auge, kennt die Sprache der Gangster – und die besteht aus Blei und Blut.
What the fuck! Das war Hard-Boiled. Umberto Lenzi hat hier genau das gemacht, was man von ihm erwartet. Straff, dramatisch, sexistisch und mit einiger Action versehen, entfaltet Lenzi dem Zuschauer die ganze Bandbreite damaliger Bullen-Actionkracher, Vergewaltigungsszene inklusive. Und gerade hier legt Lenzi noch eine Schippe drauf. Die Sache mit dem Ast ist zwar nur angedeutet, aber völlig unnötig – und trotzdem effektiv. Man wäre nicht im italienischen Genre-Kino, würde nicht wenigstens eine Frau männlicher Brutalität ausgeliefert oder auf dem Weg in die Schrottpresse sein. Grund genug für Kommissar Ferro, jetzt auch noch in den Rache-Modus zu schalten. Auch andere Ganoven, die eigentlich gar nichts mit Ferros obskuren Ermittlungen zu tun haben, erfahren schwere Körperverletzung. Der Bulle lässt Dirty Harry wie einen verständnisvollen Streetworker aussehen und müsste eigentlich in die Klinik. Aber so ist eben der Polizeidienst in Italien, was soll man machen. Don´t fuck with the motherfucker.
Der Antagonist Ferros ist der Bucklige, gespielt von Tomas Milian. Der Typ hat Leinwandpräsenz und einen fiebrigen Blick drauf, extrovertiertes Schauspiel inklusive. Er gibt hier die fiese Sau und findet in Ferro sein Schicksal. Tomas Milian kommt erst später ins Spiel, ziert aber den Film mit seinem Irrsinn und ballert dabei auch mal mit der MP wild in unschuldige Passanten. Innerhalb des Genres ist Milian richtig gut, es macht Spaß, ihn als Bösewicht dabei zu haben.
Die Viper hat also schon mal ein straffes Erzähltempo in angemessener Inszenierung und Schauspieler, die wie immer Vollgas geben. Es gibt auf die Mütze, Frauen werden schlecht behandelt und im Finale fliest das Blut. Aber da fehlt doch noch was. Genau. Die Verfolgung mit dem Auto. Die Jagd durch den Straßenverkehr italienischer Städte gehört einfach mit dazu und lebt davon, das sie traditionell im Kleinwagen stattfindet. Ferro fährt hier einen Alfa Romeo Alfetta mit einem 1800er Motor und es gibt ein paar heiße Fahrten, schlängelnd mit 80 km/h durch den Verkehr Roms. Doch leider nicht ohne Trick, denn so manche Einstellung wurde dabei mit leicht verringerter Framezahl gedreht. Aber Schwamm drüber, es funktioniert trotzdem. Außerdem versuchen zwei Ganoven mit einem hübschen 1967er Fiat Dino Spider zu entkommen, aber Ferro weiß auch das zu verhindern. Ein grasgrüner Porsche 911 Targa steht auch noch in einer Szene herum. Diese Filme sind ein optischer Genuss für alle, die den Look der 1970er mögen. Die Autos, die Straßen, die Reklame, die Stadt, der Spirit – es gibt wie immer viel zu sehen.
Zu hören allerdings auch. Die Musik von Franco Micalizzi ist klasse, sie hat Schmiss und Beat, die Nummer ist heiß und passt, dazu eine solide Kameraarbeit durch Federico Zanni. Der Streifen bietet alles, was man vom Genre erwarten kann.
Die Viper ist reißerisch inszeniertes Bullen-Kino mit reichlich Handgreiflichkeiten und einem unter Dampf stehendem Kommissar. Der Schnauzbart sitzt, die Musik fetzt, die Fäuste fliegen, Autos rasen und die Knarren spucken Blei. Dies ist ein guter Umberto Lenzi Film und darf bedenkenlos in die Sammlung italienischer Genre-Kracher wandern.
Das Bild der gesichteten Blu-ray ist sauber, die Farben sind gut, der Ton auch. Als Extras gibt es ein 24-seitiges Booklet von Christian Ladewig, die italienische DVD Fassung (mit deutschen Untertiteln) und den italienischen Trailer.
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