Dass Brian De Palma ein großer Bewunderer Alfred Hitchcocks ist, würde der Filmemacher vermutlich sofort selbst einräumen, immerhin ist bei kaum einem anderen Regisseur eine derart tiefe Verbeugung vor dem „Master of Suspense“ zu spüren. Mit DER TOD KOMMT ZWEIMAL (1984) hat nun auch der letzte Teil seiner thematisch recht ähnlichen Thriller-Trilogie, die als Ganzes eine ausladende Hommage an sein großes Vorbild darstellt, seinen Weg ins HD-Zeitalter gefunden, denn Koch Films veröffentlichte den sleazigen Krimi vor geraumer Zeit im Mediabook. Zur damaligen Rezension lag uns leider nur ein Rohling vor, nun erreichte uns zu unserer Überraschung doch noch ein Mediabook des Streifens, weshalb wir unserer Kritik noch einmal aktualisieren konnten.

Originaltitel: Body Double

Drehbuch: Brian De Palma, Robert J. Avrech

Regie: Brian De Palma

Darsteller: Craig Wasson, Melanie Griffith, Gregg Henry, Deborah Shelton, Dennis Franz…

Artikel von Christopher Feldmann

Brian De Palma polarisiert und das vermutlich seit dem Beginn seiner Karriere als Filmemacher. Von vielen Kritikern wird er gerne als zweitklassiger Hitchcock-Epigone bezeichnet, der lediglich Erzählstrukturen, dramaturgische Kniffe und ganze inszenatorische Spielereien seines Vorbilds zitiert und für seine eigenen Filme recycelt. Andere bescheinigen De Palma nichts desto trotz eine große künstlerische Qualität, die stellenweise mit der des „Master of Suspense“ ebenbürtig ist. Nachdem er mit der Stephen-King-Verfilmung CARRIE – DES SATANS JÜNGSTE TOCHTER (1976) einen großen Erfolg feierte, bewegte er sich vornehmlich im Thriller-Genre, in dem er sich voll und ganz auszutoben pflegte. Während schon sein Film SCHWARZER ENGEL (1976) eine direkte Hommage an Hitchcocks VERTIGO (1958) darstellte, versuchte er nun die Motive aus dessen Klassikern für ein modernes Publikum auszuarbeiten. Wo sich DRESSED TO KILL (1980) auf PSYCHO (1960) bezog, referenzierte BLOW OUT – DER TOD LÖSCHT ALLE SPUREN (1981) kein direktes Werk des britischen Meisters, bediente sich aber sehr wohl am Aufbau und der Gestaltung einzelner Filme. Seine ultimative Verbeugung sollte aber der Thriller DER TOD KOMMT ZWEIMAL (1984) darstellen, den De Palma gleich nach seinem großen Kult-Hit SCARFACE (1983) drehte. Damals ein Flop, heute ein in gewissen Kreisen geschätzter Film, der die Zeit zwar nicht allzu gut überstanden hat aber immer noch viel Freude bereitet.

Handlung:

Jake (Craig Wasson) ist Schauspieler in Hollywood und, wie die meisten, arbeitslos. Aber wie alle wartet er auf die große Chance. Von seiner Freundin betrogen, findet er sich auf der Straße wieder, und nimmt äußerst dankbar das Angebot an, das luxuriöse Zuhause eines Freundes (Gregg Henry) während seiner Abwesenheit zu hüten. Und nicht nur das, täglich zur selben Zeit, kann Jack durch ein Teleskop die lasziven Liebesspiele einer wunderschönen Frau im Haus gegenüber beobachten. Aber das voyeuristische Spiel erweist sich gefährlicher, als es scheint…

Spricht man heute von DER TOD KOMMT ZWEIMAL, dann vermutlich nicht aufgrund seines raffinierten Plots. Zugegeben, die Geschichte und die damit verbundenen Irrungen und Wirrungen, mit denen De Palma versucht, den Zuschauer an sich zu binden, ist die größte Schwäche im Film. Betrachtet man sich das Ganze genauer, fällt auf, dass es sich lediglich um ein relativ plumpes Mash-Up aus den Hitchcock-Klassikern DAS FENSTER ZUM HOF (1954) und VERTIGO (1958) handelt. Statt der Höhenangst aus letztgenanntem leidet die Hauptfigur hier an Klaustrophobie und der gezielt und intelligent eingesetzte Voyeurismus der Geschichte um einen an den Rollstuhl gefesselten Reporter, der an ein Verbrechen in seiner Nachbarschaft glaubt, wird um reichlich Sex und Gewalt erweitert und mit den Stilelementen eines Giallo aufbereitet. Das ist stets hübsch anzusehen aber auch in vielen Szenen recht plump erzählt, erweist sich das behutsam und ausgedehnt konstruierte Geflecht um einen allabendlichen Striptease, der einen Mord zur Folge hat als doch sehr durchschaubar, zumindest wenn man in seinem Leben schon zwei Kriminalfilme gesehen hat.

So kommt man recht schnell auf die Lösung der Geschichte, was dem Film leider einiges an Spannung kostet, schafft er es doch ab der Hälfte kaum noch irgendetwas überraschendes zu bieten. Stellenweise verabschiedet sich auch mal die Logik und der eigentliche Plan hinter dem ganzen Treiben erweist sich doch als reiner Glücksfall für den Antagonisten. Alles wirkt einfach sehr konstruiert und das oft relativ plump. Und trotzdem kann man Gefallen daran finden, immerhin würzt De Palma seinen persönlichen Hitchcock-Cocktail mit reichlich Erotik. Ganze Szenen widmen sich dem Voyeurismus, in denen es mitunter auch etwas nackte Haut zu sehen gibt. Ein zentrales Thema des Films, das spätestens am Set eines Pornofilms seinen, im wahrsten Sinne des Wortes, Höhepunkt findet. Etwas enttäuschend hingegen ist dann aber das relativ kurze und dramaturgisch ergiebige Finale, das zwar nochmal einen Bogen zum Beginn des Films schlägt, mich aber doch etwas unbefriedigend zurückgelassen hat.

Trotz all dieser Kritik, kann man Brian De Palma nicht absprechen, dass er einfach ein verdammt guter Handwerker ist, der es versteht mit Inszenierung, Kameraführung, Musik und Schnitt einiges wett zu machen. DER TOD KOMMT ZWEIMAL sieht einfach durchweg fantastisch aus und atmet zu jeder Sekunde den Zeitgeist der 1980er Jahre. Der Regisseur schafft es mit technisch anspruchsvollen Kamerafahrten, langen Einstellungen und interessanten Blickwinkeln zu begeistern und stellenweise Spannung zu erzeugen, auch wenn das Drehbuch dies nicht vollends hergibt. Gerade der zentrale Mord wird gebürtig in Szene gesetzt und die gesamte Mall-Sequenz ist ganz wunderbar anzusehen. Berüchtigte De-Palma-Trademarks wie der eigentlich obligatorische Split-Screen sind hier zwar Mangelware beziehungsweise gar nicht vorhanden aber trotzdem schafft er es den Zuschauer mit seiner, teilweise fast schon träumerischen Inszenierung zu fesseln. Das gipfelt schließlich in einer Performance von Frankie Goes to Hollywood, die ihren Gassenhauer „Relax“ während dem Dreh einer Pornoszene zum Besten geben.

Apropos Porno. Das Highlight des Films dürfte Melanie Griffith darstellen. Die Tochter von Hitchcocks erklärter Lieblingsschauspielerin Tippi Hedren liefert hier eine wirklich strahlende Darbietung als Erotik-Aktrice Holly ab. Es ist schade, dass sie erst so spät im Film auftaucht und somit das Zusammenspiel mit Hauptdarsteller Craig Wasson wenig Zeit zur Entfaltung bekommt. Der hingegen macht ein soliden Job, lässt aber richtiges Charisma vermissen und tut sich schwer damit, den Film zu tragen. Bis auf diesen Film und seine tragende Rolle in A NIGHTMARE ON ELM STREET: DREAM WARRIORS (1987) sind mir auch keine nennenswerten Auftritte bekannt. Auch der stets gern gesehene Gregg Henry bekommt wenig Screentime zugesprochen und Ex-Schönheitskönigin und DALLAS-Star Deborah Shelton hat auch nicht wesentlich mehr zu tun. De-Palma-Spezi Dennis Franz hingegen hat auch hier eine kleine Rolle als B-Film-Regisseur inne.

Basierend auf einer neuen 4K-Restauration hat Koch Films den Film im schicken Mediabook veröffentlicht. Da uns kein Rezensionsexemplar zur Sichtung vorlag, konnten wir nichts über die Bild- und Tonqualität sagen. Nun kamen wir unverhofft doch noch zu einem Exemplar und können bestätigen, dass die Bildqualität exquisit ist. Ein gestochen scharfes Bild, das aber auch über genug Filmkorn verfügt, damit auch der Sleaze-Faktor zu Geltung kommt. Der 2.0-Ton ist ebenfalls sauber und mit einem Booklet von Stefan Jung, der Vollbild-Fassung, mehreren Featurettes und einer Dokumentation über Brian De Palmas Filmkunst runden das Paket perfekt ab.

Fazit:

Rein objektiv gesehen, stellt DER TOD KOMMT ZWEIMAL (1984) zumindest dramaturgisch schwächsten Film aus Brian De Palmas Hitchcock-Phase dar, dafür fühlt sich der Plot einfach zu uneben und konstruiert an. Wer jedoch De Palmas inszenatorische Qualitäten schätzt und eine Vorliebe für edlen 80s-Sleaze hegt, dürfte hier dennoch auf seine Kosten kommen.

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