Jean-Claude van Damme war einer der großen Actionstars der 1990er Jahre. Bevor die „Muscles from Brussels“ zum Ende jenes Jahrzehnts den Gang in die Videothekenregale dieser Welt antraten, sorgten sie jahrelang für gute Box-Office-Ergebnisse. MIT STÄHLERNER FAUST (1990) gehört noch zu den Frühwerken, mit denen sich der Belgier so langsam in die Herzen der Fans kickte. Capelight Pictures veröffentlicht den Knast-Actionthriller nun frisch remastered als Mediabook-Edition. Ob Jean-Claudes Kampf gegen Organhändler und den „Sandman“ gut gealtert ist, erfahrt ihr in unserer Kritik.

Originaltitel: Death Warrant

Drehbuch: David S. Goyer

Regie: Deran Sarafian

Darsteller: Jean-Claude van Damme, Cynthia Gibb, Robert Guillaume, Patrick Kilpatrick, George Dickerson, Art LaFleur…

Artikel von Christopher Feldmann

Zum Ende der 1980er Jahre hatte das klassische Testosteron-Kino mit Leinwandhelden wie Sylvester Stallone und Arnold Schwarzenegger langsam aber sicher ausgedient, denn es waren neue Sheriffs in der Stadt, die mit spektakulären Kampfsport-Skills punkten konnten. Neben Aikido-Klopper Steven Seagal war es Jean-Claude van Damme, der bei den Actionfans hoch im Kurs stand. Nach dem kommerziellen Erfolg von BLOODSPORT (1987) mauserte sich der Belgier langsam aber sicher zum neuen Genre-Zugpferd und Streifen wie KICKBOXER (1989) und CYBORG (1989) fuhren ordentliche Gewinne ein. Bevor Jean-Claude allerdings so richtig durchstarten sollte, erschien im Jahr 1990 die letzte Zusammenarbeit mit Produzent Mark DiSalle, der schon die ersten beiden Kampfsport-Hits verantwortete. MIT STÄHLERNER FAUST (1990) mauserte sich bei einem Budget von gerade einmal sechs Millionen US-Dollar zu einem veritablen Hit und konnte über 46 Millionen US-Dollar in die Kassen spülen und das, obwohl man hier das bereits etablierte Terrain des Tunierfilms verließ und den Hauptdarsteller in eine düstere Thriller-Handlung warf. DEATH WARRANT, so der Originaltitel, war ein wichtiger Schritt in van Dammes Aufstieg zum Kinostar, wirklich gut gealtert ist der Knastfilm aber leider nicht.

Handlung:

Undercover-Cop Louis Burke (Jean-Claude van Damme) steht vor der schwersten Aufgabe seiner Karriere: Um eine Reihe mysteriöser Häftlingsmorde aufzuklären, wird er in den Hochsicherheitstrakt eines Gefängnisses eingeschleust. Getarnt als Schwerverbrecher versucht er in einem Netz aus Korruption und Gewalt, Licht in die dunklen Machenschaften seiner Mitinsassen zu bringen. Als er einem skrupellosen Verbrecherring auf die Spur kommt, wird das Pflaster zu heiß und Burke muss sich auf eine waghalsige Flucht begeben. Doch nicht nur Horden von schwerstkriminellen Häftlingen stellen sich ihm in den Weg – auch der skrupellose Serienkiller „The Sandman“ (Patrick Kilpatrick) hat noch eine Rechnung mit Burke offen!

Als ich das erste Mal den Actionkracher HARTE ZIELE (1993) sah, war ich auf Anhieb ein Fan von Spagat-Ass Jean-Claude van Damme. Obwohl meine Begeisterung wahrscheinlich mehr der spektakulären Inszenierung John Woos geschuldet war (was ich zu diesem Zeitpunkt natürlich nicht wusste), wuchs mir der lässige Held mit den schönen Drehkicks schnell ans Herz. Klar, nicht alle van-Damme-Klopper sind der Rede wert und von seiner Zeit in der Nu-Image-Ostblock-Hölle wollen wir gar nicht erst anfangen aber es lässt sich nicht bestreiten, dass Jean-Claude eine Reihe Kracher auf der Pfanne hat, wie etwa DOUBLE IMPACT (1991), LEON (1990), UNIVERSAL SOLDIER (1992) oder auch SUDDEN DEATH (1995). Nach seinen ersten Erfolgen, die mehr auf seine körperlichen Fähigkeiten zugeschnitten waren, könnte man den hier vorliegenden Film als Versuch bezeichnen, van Dammes schauspielerisches Können unter Beweis zu stellen. Das würde auch erklären, warum MIT STÄHLERNER FAUST relativ wenig Action zu bieten hat, sondern mehr auf eine düstere Atmosphäre und einen entsprechenden Thriller-Plot setzt.

Das Skript stammt von David S. Goyer, der später mit seinen Drehbüchern zu Christopher Nolans DARK-KNIGHT-Trilogie richtig durchstarten sollte. Es war das erste geschriebene Werk, das Goyer an ein Studio verkaufen konnte und so fühlt es sich auch an. Ich war nie ein großer Fan seiner Arbeiten (steinigt mich aber ich finde Nolans BATMAN-Interpretation overhyped) und auch sein Debüt strotzt vor Logiklöchern und Klischees aus der Mottenkiste. Natürlich erwarte ich von einem van-Damme-Vehikel anno 1990 kein tiefgreifendes Meisterwerk aber die „Suspension of disbelief“ wird hier eindeutig überspannt. Nach dem stimmungsvollen aber zu kurzen Prolog, in dem sich ein Serienkiller von unserer Hauptfigur quasi einfach so erschießen lässt, geht es schnurstracks in den Knast, der einem Moloch gleicht. Das ist vollkommen in Ordnung, allerdings funktioniert die filmische Welt hier nur bedingt, weil es von der Seite des Drehbuchs keine Regeln zu geben scheint. Alle können machen was sie wollen, selbst ein Gefangener, den alle nur den „Priester“ nennen, lebt unbeschwert im Keller mit Musik und Mädels. Auch scheinen sich andere Gefangene aus dem Hochsicherheitstrakt nach Lust und Laune frei bewegen zu können und auch unserem Undercover-Ermittler ist es stets ein Leichtes, seine Nachforschungen voranzutreiben. Viele Dinge geschehen durch Zufall und Goyer schafft es nicht, ein funktionierendes Setting zu etablieren. Natürlich soll das Gefängnis als eine Art „Hölle“ dargestellt werden, ein wenig mehr Realismus hätte allerdings nicht geschadet.

Auch der Thriller-Plot, der sich um einen organisierten Organhandel im Knast dreht, ist relativ vorhersehbar und auch die schlussendliche Auflösung der Frage, wer jetzt so alles mit drin hängt, sieht der Zuschauer früh kommen. Spannung kommt nie so richtig auf, auch weil MIT STÄHLERNER FAUST so ziemlich jedes bekannte Knastfilm-Klischee aufgreift und ausreichend bedient. Filme wie beispielsweise LOCK UP (1989) mit Sylvester Stallone haben das wesentlich besser hinbekommen.

Punkten kann der Streifen immerhin in der Inszenierung. Deran Sarafian, Sohn des FLUCHTPUNKT-SAN-FRANCISCO-Regisseurs Richard C. Sarafian, schafft es, den Knast wirklich gut in Szene zu setzen. Das Spiel mit kräftigen Rot- und Blau-Tönen und die gelungene Kameraführung machen die Gänge und die verwinkelten Treppen wirklich bedrohlich. Gerade das Finale ist ein optischer Augenschmaus, wenn auch inhaltlich etwas bescheuert. Denn wenn eine ganze Horde Häftlinge lieber einem Kampf zwischen einem enttarnten Cop und einem Serienkiller beiwohnt, anstatt die Gelegenheit zu nutzen um stiften zu gehen, greife ich mir als Zuschauer durchaus an den Kopf. Es ist auch schade, dass der Regisseur sein Augenmerk sichtlich auf Atmosphäre legte, anstatt van Dammes Kernkompetenzen auszunutzen. In Sachen Action ist MIT STÄHLERNER FAUST erstaunlich dünn und bis auf das Finale und ein bis zwei kurzen Scharmützeln darf der drahtige Kampfsportler auch nicht wirklich das Beinchen heben. Es macht sich bemerkbar, dass Jean-Claude zeigen wollte, dass er nicht nur der „Typ mit dem Spagat und den Kicks“ ist, sondern auch etwas als Schauspieler taugt. Diese Rechnung ging nicht wirklich auf, spielt er seinen Part doch relativ hölzern. Genau wie Kollege Dolph Lundgren entwickelte er erst im Alter ein gewisses Charisma, das hier noch fehlt.

Aus der restlichen Besetzung sticht noch Patrick Kilpatrick als irrer Serienkiller hervor, der wunderbar bedrohlich und creepy aufspielt und sicher eines der Highlights des Films darstellt. Robert Guillaume als Sidekick „Hawkins“ ist wirklich sympathisch aber eigentlich auch nur ein Stichwortgeber. Cynthia Gibb bekommt hingegen so gar keine Möglichkeit, etwas aus ihrer Rolle zu machen. Ihre Kernaufgabe beschränkt sich eher darauf, den ollen Jean-Claude anzuschmachten, bis dieser sie endlich mal während der Besuchszeit knattert. Dass sich die Beiden am Ende in den Armen liegen, dürfte dabei wohl auf der Hand liegen. Im Grunde genommen, hat der Film gute Ansätze, bietet mir persönlich aber zu wenig, um wirklich zu punkten. An dieser Stelle empfehle ich das 1995er DTV-Rip-Off HARD JUSTICE aus dem Hause Nu Image, in dem David Bradley quasi die gleiche Story durchspielen darf, statt um Organhandel geht es hier allerdings um Waffenschieber. Wesentlich knackiger, kompakter und actionreicher, nur mal so.

Das Mediabook von Capelight Pictures beinhaltet den Film in restaurierter Fassung. Die Bild- und Tonqualität der Blu-ray ist spitze, gerade das Bild überzeugt mit einer guten Schärfe und satten Farben. Neben den Trailern finden sich im Bonusmaterial ein Audiokommentar von Regisseur Deran Sarafian, Interviews mit Patrick Kilpatrick und Art LaFleur, sowie ein neues Interview mit Cynthia Gibb. Ein 24-seitiges Booklet von Oliver Noeding rundet die Edition ab. Für van-Damme-Fans natürlich ein wahrer Kauftipp.

Fazit:

MIT STÄHLERNER FAUST (1990) ist sicher ein wichtiger Film in der Vita Jean-Claude van Dammes, trug der Erfolg doch entscheidend zu dessen Aufstieg zum neuen Star bei. Trotzdem ist der Knast-Thriller ein Film des verschenkten Potenzials mit einem vorhersehbaren uns stellenweise faulen Drehbuch und wenig Action. Komplettisten und van-Damme-Jünger werden den Kauf allerdings nicht bereuen, verschönert die gelungene Edition doch sicher jede Sammlung mit Filmen des Bultsportlers.

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