Unseren diesjährigen Hurenween beenden wir mit einem Weihnachtsfilm. Ihr meint, dass sei unpassend? Mitnichten, denn bei Deathcember handelt es sich um eine Horroranthologie mit zwei Dutzend Kurzfilmchen. BUSCH MEDIA GROUP veröffentlichte den Film bereits vor zwei Jahren, nun folgte eine Doppeldisc-Auflage mit zusätzlichen Kurzfilmen und Directors Cut Versionen einzelner Geschichten im Gepäck. Da deutsche Horrorspezialisten den Streifen produzierten war ich neugierig auf das Ergebnis und habe mir diese bunte Wundertüte des Grauens einmal angeschaut.
Regie: Lucky McKee, Ruggero Deodato, Andreas Marschall, Ama Lea uvm.
Darsteller: Barbara Crampton, Tiffany Shepis, Clarke Wolfe, Jeffrey Reddick, Steven E. de Souza
Artikel von Christian Jürs
Angelehnt an die Kurzfilmsammlung The ABCs of Death, die, dem Namen entsprechend, sogar mit 26 Kurzfilmen, jeweils von einem anderen Regisseur inszeniert, daherkam, erwartet uns bei Deathcember ein Adventskalender mit 24 kurzen Schockern. Ein ganz schöner Brocken mit satten 145 Minuten Laufzeit, der mit wenig Geld (der Film wurde per Crowdfunding-Kampagne zu einem Teil finanziert), aber viel Kreativität inszeniert wurde. Die Gemeinsamkeit der einzelnen Geschichten: alle haben einen Bezug zum Weihnachtsfest (mal mehr, mal weniger). Eine Rahmenhandlung gibt es nicht. Stattdessen bekommen wir zwischen den einzelnen Sequenzen eine deutlich als solche erkennenbare Computeranimation, bei der die virtuelle Kamera durch einen Raum schwebt und Kalendertürchen öffnet, in denen sich die einzelnen Episoden verbergen.
Hinter Tür Nummer eins verbirgt sich ein deutscher Kurzfilm von Deadline-Redakteur Dominic Saxl, der zwar mit einer hübschen Pointe aufwarten kann, den Weg dahin jedoch recht platt und uninspiriert beschreitet. Ein gefräßiger Junge macht sich über den 99 Cent Adventskalender seiner Schwester her und hat danach noch nicht genug. Klar, dass diese Maßlosigkeit bestraft wird. Wie es dazu kommt, dass wirkt allerdings willkürlich zusammengeschustert. Hier hätte man vielleicht ein wenig mehr Zeit in die Entwicklung des Drehbuchs stecken können. Schnell mixe ich mir einen Cuba mit Extra viel Libre, denn nun erwarte ich Schlimmes für die nächsten zwei Stunden.
Doch bereits bevor ich einen ersten Schluck nehmen kann, überrascht die zweite Geschichte, eine in den USA entstandene Nummer mit B-Film Ikonie Tiffany Shepis (Hatchet – Victor Crowley), mit Witz, Tempo und Kurzweil. Eine wilde Splatternummer, die zwischen einer aufgebrachten Mutter und einem störrischem Verkäufer stattfindet. Zwar fällt schnell auf, dass die Synchro aus der Zeit stammt, als Busch Media Group noch nicht allzuviel Geld zur Verfügung hatte, die Nummer funktioniert aber und macht Spaß. Und wenn´s einen stört, kann man ja auf die Originalversion mit Untertiteln zurückgreifen.
Es geht abwechslungsreich weiter, sowohl was die Geschichtenvielfalt, als auch die Qualität des Dargebotenen betrifft. So folgt auf die Nummer mit Frau Shepis ein ruhiger, atmosphärischer Science Fiction Film, der zwar durchaus gelungen ist, mit Weihnachten aber eigentlich so gar nichts zu tun hat. Dies gilt für einige Filme, denen der Weihnachtsbezug nur am Rande zugedichtet wurde, damit er ins Konzept passt. Wieder andere Streifen versprühen die besinnliche Atmosphäre schönster Weihnachtsgeschichten, meist aber auf die derbe und manchmal auch gruselige Art.
Insgesamt konnte mich die zweite Hälfte der Kurzfilmsammlung deutlich mehr überzeugen was das Hit-and Miss-Verhältnis angeht (obwohl sich in der ersten Filmhälfte meine beiden Lieblingsgeschichten befinden – siehe weiter unten). Wohl auch, weil dann Leute wie Lucky McKee (May – Die Schneiderin des Todes) und Andreas Marschall (Tears of Kali) ihr Können einmal mehr unter Beweis stellten. Ihre beiden Geschichten gehören zu den Highlights der Sammlung, auch wenn diese ebenfalls wenig Bezug zu den Feiertagen nehmen.
Mein persönlicher Favorit ist die Claymotion-Geschichte Crappy Christmas von Animateur Jürgen Kling. Dies mag vor allem am Kontrast liegen, da man, im Gewand einer Wallace & Gromit-Episode, eine fiese Geschichte um Kindesmissbrauch innerhalb der katholischen Kirche zu sehen bekommt. Diese wirkt garstig und (sofern man über wirklich, wirklich schwarzen Humor lachen kann) auch brüllend komisch, was bei mir bestens ankam. Ausgerechnet diese Geschichte fehlt übrigens in der Veröffentlichung in den USA und Großbritannien und wurde ersetzt gegen einen anderen Film. Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Dies gilt ebenso für die abgedrehte Nummer vom mexikanischen Regisseur Isaac Ezban (Parallel), in der ein im Koma liegender Junge (frisch gebackene Eltern sollten Deathcember besser weiträumig umfahren) durch den Gesang eines Weihnachtschors am Leben erhalten wird. Dies funktioniert allerdings nur, wenn ohne Pause weitergesungen wird. Klingt vielleicht makaber, aber ich bin fast vor Lachen von der Couch gefallen (und das lag nicht am Cuba Libre, denn der war bis dahin noch nichtmal geleert).
Viel gibt es zu entdecken, auch auf Seite der Darsteller. So taucht in einer Episode die wundervolle Barbara Crampton (Jakobs Wife) auf, in einer anderen Drehbuchautor Steven E. de Souza (Stirb langsam). Bei 24 Geschichten gibt es aber logischerweise auch Filme, die einem nicht so gut gefallen. Neben der eingangs erwähnten Schokokalendernummer war es vor allem ein Werk, welches mich besonders enttäuscht hat. Casetta sperduta in Campagna lautet der Titel dieses italienischen Kurzfilms, den kein Geringerer als Ruggero Deodato (Cannibal Holocaust) inszenierte und der leider wie ein dilletantisch gespielter- und inszenierter Amateurfilm wirkt. Zum Overacting der Darsteller kommt hier noch eine völlig dämliche Schlusspointe. Nicht falsch verstehen, der Altmeister hat bereits in den späten 80ern hauptsächlich Müll gedreht, doch machen Scheißfilme wie Dial: Help oder Body Count – Mathematik des Schreckens wenigstens Spaß.
Abschließend befinden sich mehr gute Nummern auf der Habenseite und auch die Laufzeit von 145 Minuten entpuppte sich, trotz anfänglicher Befürchtungen, als erstaunlich rasch verstreichend. Danach hatte ich sogar noch Bock auf die Bonusscheibe, auf der sich neben den Directors Cut Versionen von drei der Geschichten noch sechs weitere Kurzfilme (nicht synchronisiert) befinden, die ebenfalls von unterschiedlicher Qualität sind. Aber hey, darunter ist ein Jason Voorhees Fanfilm, in dem sogar die Musik aus Und wieder ist Freitag der 13. und Freitag der 13. Teil 6 – Jason lebt Verwendung fand. Auch wenn der Film nur so mittelgut gelungen ist, begann mein Fanherz hier schneller zu schlagen. Außerdem gibt es noch Deleted Scenes, ein Making-of und Interviews, sowie einen Pappschuber, in den die Amaray gesteckt wurde und ein abziehbares FSK-Logo.
Mein größter Respekt geht an die Produzenten Dominic Saxl (auch wenn ich seine Kurzgeschichte eingangs verrissen habe), Ivo Scheloske (von Anolis Entertainment) und Visual Effects-Mann Frank Vogt, die als Hauptproduzenten dieses Mammutprojekt ins Leben gerufen haben und insgesamt gute Unterhaltung ablieferten. Horror-Anthologiefans können bedenkenlos zugreifen.
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