Endlich mal was mit Anspruch! Neulich Abend gab´s bei mir großes, deutsches Kino der frühen Achtziger mit flottem New Wave Sound und dem damaligen Womanizer Sascha Hehn, dem dank seiner Rollen als Klinikarzt, Kreuzfahrtsteward und als grüner Oger, die Frauen zu Füßen lagen. Zuletzt legte er sich gar mit Winnetou aus dem Apachenland Bad Segeberg an. Da dachte ich mir, ich mache meiner Frau mal eine Freude und biete ihr mit dem Hehn zur Abwechslung mal einen Mann, der weder Depp, noch Deppat ist. CARGO RECORDS macht´s möglich, denn die haben diese vergessene Perle (hust), in der uns Sascha eine oral sehr talentierte Girlgroup managt, jetzt in zwei, dem Film angemessenen und limitierten, Premiumeditionen veröffentlicht. Natürlich mit Ohrwurmgarantie.
Regie: Joel Silberg
Darsteller: Sascha Hehn, Moti Giladi, April Clough, June LaVonne, Bea Fiedler, Tobias Meister
Artikel von Christian Jürs
Donnerstagabend, die Kinder gingen früh zu Bett und ich dachte mir, gestalte ich den Abend mit meiner Frau doch ein wenig romantisch. Um sie in Stimmung für den ollen, unansehnlichen Jürs zu bringen, wollte ich ihre Fantasie mit dem Schönling Sascha Hehn in Wallung bringen. Den fand meine Mama auch immer ganz süß, als er noch als Dr. Udo Brinkmann den Patientinnen das eigene Fieberthermometer ins Rektum einführte. Vielleicht würde sein Charme auch mir an diesem Abend in die Karten spielen. Ein perfektes Vorspiel? Es sollte anders kommen.
Es war das Jahr 1980, als Sascha Hehn für Die Pinups und ein heißer Typ vor der Kamera stand, ein Jahr, bevor er als Arzt in Die Schwarzwaldklinik Fernsehgeschichte schrieb und seine Vergangenheit in Form von Rollen in Sexkomödchen wie Die liebestollen Apothekerstöchter oder Mädchen komm, die Liebe juckt hinter sich ließ. Unter der Regie von Joel Silberg, der für die Cannon Group später den gar nicht mal so schlechten und recht erfolgreichen Tanzfilm Breakin´ inszenierte, konnte der smarte Frauenheld sein Gigoloimage aber noch nicht so ganz hinter sich lassen. Und so verzeiht die anwesende Damenwelt in Die Pinups und ein heißer Typ uns Sascha auch wirklich jeden blöden Spruch, jede sexuelle Belästigung und sogar körperliche Gewalt. So war das halt damals, als Frauen noch ihre Hände in Palmoliv badeten und glücklich waren, wenn ihre Familie zum Mirácoliessen pünktlich am Tisch saßen. Die gute alte Zeit eben.
Sascha Hehns alter Ego heißt hier Freddie und fristet sein Dasein als Pianobegleiter einer mittelprächtig-erfolgreichen Sängerin (Bea Fiedler), die er auch nach Feierabend mit dem kleinen Hehn beglückt. Doch Freddie strebt nach Höherem und eines Tages, nach dem üblichen Feierabend-Tête-à-Tête, ereilt ihn ein Geistesblitz. Die potentielle Hitsingle Where are you, No. 1?, dessen Lyrics poetisch weitergehen mit den Worten Where are you now, after the fun?, schwirrt plötzlich in seinem Kopf herum. Besessen davon, hiermit endgültig den Durchbruch zu schaffen, kündigt er seinen Posten als Klavierspieler (einer Kunst, der er definitiv nicht mächtig ist, achtet man mal auf seine Hände beim Klimpern) und tingelt von Musikproduzent zu Musikproduzent. Dabei erntet er jedoch überall Körbe.
Bei der Damenwelt hingegen landet er einen Treffer nach dem anderen. Egal bei welcher Schönheit er anbändelt, ob Supermarktkassiererin, Zahnarzthelferin, alleinerziehende Mutter oder bei einer bereits verlobten Blondine, die übrigens mit einem tüffeligen Automechaniker namens Günther (dargestellt von Synchronlegende Tobias Meister, der hier so gar nichts von der Coolness eines Brad Pitt oder Kiefer Sutherland versprüht), liiert ist, sie alle machen die Beine breit für Schmalzlocke Freddie. Frauen abschleppen, dass kann der Bub. Doch was kann der notorische Pleitegeier unternehmen, um auch bei den Studiobossen zu landen?
Die Antwort hat sein bester Kumpel Rolf (Moti Giladi) parat. Warum nicht Freddies Talent, hübsche Frauen rumzukriegen, ausnutzen und mit den stimmlich begabtesten Damen aus diesem Pool eine Mädchenkombo gründen? Gesagt, getan und so werden die Pinups, bestehend aus Annabelle (April Clough), Hilda (June LaVonne), Eva (Susanne Tarleton) und Lisa (Kem McLeroy), eben jene im vorherigen Absatz erwähnte Grazien, gegründet.
Der erste Auftritt in einem Club wird tatsächlich zum vollen Erfolg. Ob´s an Freddies tollem Song lag (und jetzt alle: Where are you, No. 1? Where are you now, after the fun?) oder doch eher am äußerst knappen Outfit der erotisch angehauchten Damencombo, dass bleibt der Fantasie des Zuschauers überlassen. Ich tendiere da eher zur Macht der Muschi, kann mich aber natürlich auch irren. Die Songs der Pinups sind meiner Meinung nach nichtmal als Einkaufsuntermalung im hiesigen Supermarkt tauglich, sondern eher als Bahnhofsbeschallung, um die Junkies fernzuhalten. Umso erstaunter war ich als ich las, dass die vier Grazien tatsächlich die Gründungsmitglieder der wirklich real einst existierenden New Wave Band The Pinups sind. Ihre Knallerhits New Wave Lover oder eine laszive Coverversion des Rockklassikers Wild Thing kann man auch heute noch auf Spotify und Co hören (anklicken auf eigene Gefahr).
Die Pinups und ein heißer Typ, den Erfolgsproduzent Artur Brauner, auf dessen Kappe auch Werke wie der Jungfrauenreport und Jess Francos Vampyros Lesbos, aber auch anspruchsvolle Filme wie Hitlerjunge Salomon gehen, auch als Drehbuchautor veredelt hat, weiss nicht so recht, in welche Richtung er sich entwickeln möchte. Mal ein launiges Feelgoodmovie, in dem Tonstudiokumpel Rolf seine Comedyeigenschaften als Stimmenimitator zum Besten gibt, dann wieder lustiger und harmloser Softsexfilm, kippt die Stimmung, wenn Freddie mal wieder enorm sexistisch und sogar handgreiflich wird.
So kommt es, als ein böser Widersacher, in Form des schleimigen Managers Henry (Jürgen Emanuel), der die Mädels für sich, sowohl auf der Bühne, als auch im Bett, beschäftigen möchte, einen fiesen Anschlag verübt hat, zum Eklat. Der entwendet nämlich, kurz vor einem Auftritt der Pinups, deren Oberteile und BH´s, was eigentlich zum Abbruch der Veranstaltung führen müsste. Doch nicht mit Freddie, denn der hat sofort einen Geistesblitz. Warum die Damen nicht oben ohne auf die Bühne schicken? Klar, dass Hilda, Lisa, Eva und Annabelle da nicht mitmachen wollen. Also bitte, das wäre doch sexistisch. Aber hey, Freddie hat auch da eine Lösung. Einfach mal an die Mädels ein paar Schellen verteilen, damit sie wissen, wer hier das sagen hat. Und siehe da, der Auftritt wird ein voller Erfolg bei der johlenden Männerwelt.
Ob es für Freddie und seine Girls ein Happy End auch außerhalb des Matratzensports gibt, dass müsst Ihr schon selbst herausfinden. Meine Frau jedenfalls hat sich über das sexistische Verhalten der Männer und das ebenso naive Auftreten der vier Damen so sehr aufgeregt, dass sie nach wenigen Filmminuten in den Fluchtschlaf abgedriftet ist. Aus einem schönen Pärchenabend wurde daher nichts. Vielleicht hätte ich für meine Frau einfach singen sollen: Where are you now, No. 1? Where are you now, i wanna have some fun.
Die Bild- und Tonqualität dieses vergessenen Klassikers deutscher Filmkunst geht in Ordnung. Als Bonus gibt es Trailer, eine Bildergalerie und ein kleines Booklet, verfasst von Martin Henschel.
Ein obskures Zeitdokument, dass aber als romantischer Film zu Zweit nicht zu empfehlen ist. Naja, dann versuche ich es demnächst wohl mal mit dem hier ebenfalls noch herumliegenden Eis am Stiel Ableger Hasenjagd – 2. Teil, den mir Cargo Records ebenfalls freundlicherweise zugesandt hat. Kann aber sein, dass ich hinterher einen Scheidungsanwalt brauche.
Und hier noch die Pinups in Action in der Sendung Musikladen:
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