Schauspielerin und Produzentin Eva Habermann hat in letzter Zeit vor allem bei Genrefans wieder Erinnerungen an alte Lexx-Zeiten hervorgerufen, da sie sich vor und hinter der Kamera des Öfteren für Horror- und Fantasystreifen stark gemacht hat. Doch die gute Eva kann auch anders und produzierte das hier vorliegende, von UCM ONE im Heimkino veröffentlichte, kleine Herzensprojekt, welches sie mit ihrer Produktionsfirma FANTOMFILM stemmte und zu dem sie außerdem das Drehbuch mitverfasste und in einer tragenden Rolle agierte. Dass sie sich hierfür stolze 15kg anfutterte, zeugt von Herzblut. Ich schildere Euch nun, wieviel man von dieser Leidenschaft im Film erkennen kann.

Regie: Krishna Ashu Bhati

Darsteller: Marcus Grüsser, Eva Habermann, Caroline Hartig, Lilly Liefers, Emma Schweiger

Artikel von Christian Jürs

Ich gebe es offen und ehrlich zu: Hätte die wirklich supernette Eva Habermann nicht bei uns als Podcastgast für die Interviewepisode Zwischen Traumschiff und Genrekino zugesagt, ich hätte mir Die wahre Schönheit mit Sicherheit niemals angesehen. Mal ehrlich, wann hat Euch zuletzt ein deutscher Film wirklich beeindruckt? Klar, Der Hauptmann war gut und auch Systemsprenger, aber ansonsten wird´s schon schwierig, in der jüngeren Vergangenheit Filme zu finden, die über schmieriges, glattgebügeltes Fördergeldkino hinausgingen.

Das kleine, mit viel Herzblut entstandene, Drama umschifft auch gekonnt den üblichen Kitsch und wirkt von Figurenzeichnung und Dialogen her erstaunlich natürlich. Schön, dass hier auf die gerne im deutschen Kino auftauchenden Klischeefiguren verzichtet wird. Hinzu kommt, dass die Darsteller überzeugend spielen, wobei der Großteil von ihnen zudem noch unverbraucht wirkt und der Film mit 97 Minuten Laufzeit auch nicht ausufernd überladen daherkommt. Doch kommen wir erstmal zur Handlung.

Eigentlich müssten Theo (Marcus Grüsser) und seine Frau Mona (Eva Habermann) ein glückliches Leben führen. So wohnen sie, gemeinsam mit der sechzehnjährigen Hanna (Lilly Liefers), Theos Tochter aus erster Ehe, in einer Villa am Rande von Berlin und auch sonst mangelt es ihnen eigentlich an nichts. Tatsächlich aber liegen dunkle Wolken über dem Anwesen. So nahm sich Hannas Mutter vor einigen Jahren das Leben, woraufhin ihre Schwester Mona den Platz an der Seite von Theo einnahm. Dieser hat berufliche Sorgen, da das Geschäft als Fotograf brach liegt. Seine verzweifelten Versuche als Schriftsteller Fuß zu fassen, sind ebenfalls nicht von Erfolg gekrönt. Derweil versinkt die bei einem Unfall schwerverletzte Mona, durch den sie ans Bett gefesselt ist, in Selbstmitleid und Depressionen, die sie mit übermäßigem Alkoholkonsum betäubt. Diese Konstellation führt natürlich zu Spannungen zwischen den Eheleuten, denn außer dem lautem Schnarchen Monas gibt es kaum Lebenszeichen im heimischen Ehebett.

Eines Tages klingelt es an der Tür vor der die 19jährige Alina (Caroline Hartig) steht. Die attraktive Tochter einer Freundin Monas, quartiert sich im Haus der angeknacksten Familie ein. Für Theo scheinbar ein Segen, fühlt sich der Mann mittleren Alters doch plötzlich durch die Anwesenheit der jungen Dame von der Muse geküsst. Ohne dass er es so richtig zu realisieren scheint, sendet Alina ihm eindeutige Zeichen, denen Theo nach und nach verfällt. Durch die Annäherungsversuche der jungen Dame fühlt sich der in seiner Ehe vernachlässigt fühlende Mann natürlich geschmeichelt. Dabei entfernt er sich merklich von seiner Frau Mona, die dadurch in ein immer tieferes Loch fällt und vermehrt zu Kumpel Alkohol greift. Zwar erkennt Hanna, was in ihrem Elternhaus vor sich geht, nur findet ihr leiser Aufschrei keinerlei Gehör. Und so beginnt die Abwärtsspirale sich immer weiter zu drehen…

Anfangs noch mit einem Augenzwinkern inszeniert, manövriert sich die Familie immer weiter in Richtung Katastrophe. Regisseur Krishna Ashu Bhati beweist nicht nur ein gutes Auge für Bilder, auch das Drehbuch, welches er gemeinsam mit Eva Habermann verfasste, überzeugt. In einer Nebenrolle als Hannas Freundin ist Emma Schweiger zu sehen, die ebenfalls überzeugt, den Sepiafilter ihres Vaters aber glücklicherweise daheim gelassen hat. Dafür hat Schauspieltochter Lilly Liefers, die auch darstellerisch überzeugt, den Titelsong eingesungen (siehe unten).

Mir lag zur Rezension die Blu-ray-Variante vor. Bild- und Tonqualität sind super, englische Untertitel sind ebenfalls vorhanden. Als Bonus gibt es zwei Trailer zum Film (einmal aus Theos und einmal aus Hannas Sicht – beide hier im Artikel verlinkt).

Nach all´ den vielen Filmenttäuschungen dieses Jahr aus Deutschland, wie der hinter den Erwartungen gebliebene Tausend Zeilen, die biedere Doris Dörrie Komödie Freibad oder die RomCom-Katastrophe Liebesdings, doch noch ein gelungenes Werk zum Ende des Jahres (ja, ich weiss, viele von Euch fanden Im Westen nichts Neues auch gut, aber der Film stinkt gegen das Original von 1930 mächtig ab). Ich bin gespannt, was Eva Habermann und ihre Produktionsfirma Fantomfilm (Cyst) in Zukunft so abliefern werden.

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