Eine Person glaubt, ihr Nachbar sei ein Mörder und versucht diesen nun auf Teufel komm raus seiner Taten zu überführen, doch niemand will ihr so richtig glauben schenken. Kennste? Richtig, Alfred Hitchcock formte aus dieser Prämisse einst einen seiner unsterblichen Klassiker, nämlich DAS FENSTER ZUM HOF (1954). Nun hat sich Dokumentarfilmer Mark Hartley an diesem schon das ein oder andere mal aufgewärmten Konzept versucht und mit THE CLOCKWORK KILLINGS (2022) einen klassischen Serienkillerthriller geschustert, der die bekannte Handlung in die Gegenwart verlagert. Ob der, hierzulande über Eurovideo erschienene, Film für kurzweiliges Spannungskino sorgen kann, erfahrt ihr in unserer Kritik.

Originaltitel: Girl at the Window

Drehbuch: Terence Hammond, Nicolette Minister

Regie: Mark Hartley

Darsteller: Radha Mitchell, Ella Newton, Karis Oka, James MacKay, Vince Colosimo, Andrew S. Gilbert…

Artikel von Christopher Feldmann

In Zeiten von Netflix-Hits wie DAHMER (2022) und zahlreichen True-Crime-Dokumentationen in Film- oder Serienform sind Serienkiller wieder schwer angesagt. Schon in den 1990er Jahren, im Fahrwasser von DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER (1991) und SIEBEN (1995), machten die perfidesten Killer die Leinwände und Videotheken unsicher. Im Zentrum standen dabei immer die Ermittlungen der Gesetzeshüter und natürlich das obligatorische Whodunnit-Element, wobei die Filme sich mit der Zeit immer mehr an den damals wieder angesagten Slasherfilm anbiederten, die Grenzen waren mitunter also fließend. Und betrachtet man sich die Medienlandschaft der letzten Jahre, scheinen diese Genrevertreter wieder großer Beliebtheit zu erfreuen, weshalb ein Film wie THE CLOCKWORK KILLINGS (2022) durchaus gerechtfertigt sein dürfte. Und wenn ein eifriger Krimi- und Thrillerfan wie ich es bin sowieso immer Ausschau nach neuem Material hält, kommt das Pressemuster dieser Hitchcock Neuinterpretation gerade recht. Doch meine anfängliche Freude ging schnurstracks in den Keller, denn bei GIRL AT THE WINDOW (so der Originaltitel) handelt es sich mitnichten um einen spannenden, mit Twists garnierten Nägelkauer, sondern um einen billigen, stümperhaft zusammengeschusterten Krimi vom Klischee-Reißbrett, den man sich getrost klemmen kann.

Handlung:

Die junge Amy (Ella Newton), die mit dem Unfalltod ihres Vaters und den eigenen Schuldgefühlen zu kämpfen hat, hegt den Verdacht, dass der mysteriöse Mörder, der ihre Heimatstadt heimsucht, nicht nur ihr Nachbar (Vince Colosimo) ist, sondern auch der neue Liebhaber ihrer Mutter (Radah Mitchell). Doch niemand will ihr glauben, daher schreckt sie vor nichts zurück, um Beweise zu finden…

Im Jahr 2021 wurde über die Netflix-Resterampe die Bestsellerverfilmung THE WOMEN IN THE WINDOW mit Hollywoodstar Amy Adams veröffentlicht, die mit Spannung erwartet wurde, sich aber als konfuse und unfreiwillig komische Vollkatastrophe entpuppen sollte. Warum der Vergleich, werdet ihr euch fragen. Nun, THE CLOCKWORK KILLINGS (2022) erzählt eine sehr ähnliche Geschichte. Auch hier geht es um eine Person, die glaubt, im Nachbarhaus wohne ein Mörder. Das Problem ist keiner will ihr glauben und hält sie zunehmend für irre, weil sie sich immer weiter in diese Theorie hineinsteigert und sogar handfeste Indizien findet, die ihren Verdacht zu bestätigen scheinen. Und auch qualitativ sind diese beiden „Werke“ nah beieinander, obwohl der Film mit Frau Adams natürlich weitaus prominenter besetzt und hochwertiger produziert wurde.

Dass man das Handlungsmotiv aus Hitchcocks DAS FENSTER ZUM HOF (1954) neu auflegt ist die eine Sache, das hat Regisseur D.J. Caruso mit DISTURBIA (2007) immerhin ganz passabel hinbekommen. Das man aber anno 2022 ein derart faules und mieses Drehbuch dieser Art verfilmt, ist da schon eine ganz andere Hausnummer. Ja, THE CLOCKWORK KILLINGS bedient so ziemlich jedes Klischee des Serienkillerthrillers und übersteigert es nochmal ins völlig absurde. Ein Killer, der junge Frauen entführt, sie übers Wochenende gefangen hält und den Ablageort der Leiche Montags an die Polizei übermittelt, geht ja noch in Ordnung, allerdings ist der Rest schlichtweg hanebüchen. Figurenkonstellationen ändern sich bis zu dreimal im Film, Charaktere streiten sich aus dem Nichts, nur um sich kurze Zeit später wieder zu versöhnen, die Dialoge sind himmelschreiend schlecht, wie etwa in einer Szene, in der die Polizei unserer Hauptfigur erklärt, dass sie aufgrund ihres persönlichen Traumas (ein weiterer Punkt auf der Klischee-Checkliste) anfällig für haltlose Verdächtigungen sei. What the Fuck?

Viele Szenen ergeben keinen Sinn und dienen augenscheinlich nur dazu, diesen Flickenteppich auf knackige 85 Minuten zu stecken, was für einen Serienkillerthriller schon relativ kurz ist. Aber THE CLOCKWORK KILLINGS fühlt sich wesentlich länger an, denn die redundante Szenenabfolge, in der sich das Geschehen immer im Kreis zu drehen scheint, macht es dem Zuschauer nicht leicht, aufmerksam zu bleiben, ohne im Instagram-Feed seines Smartphones zu versinken.

Generell fühlt sich der Streifen fast schon wie eine Parodie auf das eigene Genre an, so sehr werden die bekannten Tropes hier ausgewalzt und überspitzt, dennoch nimmt er sich todernst und die Komik entsteht eher unfreiwillig. Das ist dann auch eigentlich der Sargnagel für diese Sorte Kino. Auch die Schauspieler sind ziemlich grotte, obwohl sich Ella Newton noch sichtbar Mühe gibt, irgendeine Performance darzubieten, was aber immer schnell ins Overacting abdriftet. Radha Mitchell, die ihre Filmmutter verkörpert, schaltet schon zu Beginn auf Autopilot und der Rest der Besetzung besteht aus wenig talentierten Laiendarstellern und Vince Colosimo, der aussieht als wäre er der versoffene Bruder von Alfred Molina und bei dem man sich die ganze Zeit fragt, warum gerade Radha Mitchell mit ihm anbandeln sollte. Anyway, die Auflösung der Murder Mystery ist auch nicht weiter spektakulär, zumal ich sie schon nach rund zehn Minuten erraten hatte. Aber immerhin sorgt der Antagonist nochmal gen Schluss für reichlich Camp-Faktor und bringt die Substanzlosigkeit und Sinnlosigkeit dieser Nummer in einem Satz nochmal kaltschnäuzig auf den Punkt.

Regisseur Mark Hartley, der bisher durchaus schöne Dokumentationen wie ELECTRIC BOOGALOO: THE WIND AND UNTOLD STORY OF CANNON FILMS (2014) und MACHETE MAIDENS UNLEASHED (2010) verantwortet hat, verhebt sich am Medium „Spielfilm“ sichtlich. Der Look ist ziemlich billig, die wenigen Sets reizlos und Szenenübergänge werden grundsätzlich mittels Auf- und Abblende durchgeführt. Die wahllos eingestreuten Slasherszenen, sofern man sie als solche bezeichnen kann, vermitteln ebenfalls zu keinem Zeitpunkt Spannung weil die Charaktere vollkommen egal und das Ganze an sich filmisch viel zu stümperhaft aufbereitet wurde, als dass sie irgendeinen Impact hätten. Auch die Musik scheint man sich aus einer Online-Library geborgt zu haben, denn immer wenn es spannend sein soll, griff man auf jene Orchesterheuler zurück, die James Wan für seine CONJUNRING-Jump-Scares schon zu billig waren.

Die Scheibe aus dem Hause Eurovideo ist technisch einwandfrei und bietet den Film in guter Bild- und Tonqualität.

Fazit:

THE CLOCKWORK KILLINGS (2022) schwimmt auf der Welle moderner Murder-Mystery-Thriller mit, erleidet dabei aber gehörig Schiffbruch. Mark Hartley sollte besser bei seinen Dokumentationen bleiben, sein Versuch einen Spielfilm zu drehen ist kläglich gescheitert, handelt es sich hier doch um einen konfusen, schlecht inszenierten und an der Grenze zur eigenen Parodie schrammenden Serienkillerschmarrn, den man besser weiträumig umfahren sollte.

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