Erinnert ihr euch noch an jene Zeit in den 1990er Jahre, in der erotische Thriller alá BASIC INSTINCT (1992), SLIVER (1993) oder WILD THINGS (1998) nicht nur für knisternde Spannung, sondern auch feuchte Buxen sorgten? Für alle diejenigen, die sich nach etwas freizügigerer Kost und verhängnisvollen Affären sehnen, veröffentlicht Leonine in Kürze den Film SHATTERED – GEFÄHRLICHE AFFÄRE (2022) im Heimkino, der sich an genau jenes Kino anbiedert. Ob es sich bei dem Streifen, u.a. mit Ferres-Tochter Lilly Krug und B-Recke Frank Grillo, um einen lasziven Nägelkauer oder doch nur um heiße Luft handelt, erfahrt ihr in unserer Kritik.
Originaltitel: Shattered
Drehbuch: David Loughery
Regie: Luis Prieto
Darsteller: Cameron Monaghan, Lilly Krug, Frank Grillo, John Malkovich, Ash Santos, Sasha Luss…
Artikel von Christopher Feldmann
Als im vergangenen November eine weitere, gähnend langweilige Legacy-Veranstaltung von WETTEN, DASS…? über die deutschen Fernsehschirme flimmerte, in der Thomas Gottschalk mal wieder die üblichen Verdächtigen wie Christoph Maria Herbst und Michael „Bully“ Herbig begrüßen durfte, war auch Veronica Ferres nicht weit. Die Schauspielerin und Maschmeyer-Gattin hatte nicht nur ihre Wannabe-Hollywoodstar-Tochter Lilly Krug im Gepäck, sondern auch Filmlegende und mittlerweile B-Film-Wanderarbeiter John Malkovich. Gemeinsam promoteten sie den Film SHATTERED – GEFÄHRLICH AFFÄRE (2022), in dem Krug und Malkovich als Darsteller von der Kamera standen. Für Erstere ist es das Debüt als Hauptdarstellerin in einer englischsprachigen Produktion. Dass Mama Vroni als Produzentin gelistet ist, erklärt sich irgendwie von selbst. Doch so richtig zünden wollte der Werbeauftritt nicht, ging der freizügige Thriller doch im Kino restlos baden. Wahrscheinlich war das Publikum vorausschauend genug, um zu erkennen, dass es sich hier nicht unbedingt um eine High-Class-Produktion handelt, sondern um einen extrem schwachen Low-Budget-Heuler, der in so ziemlich allen Belangen enttäuscht.
Handlung:
Als der einsame Tech-Millionär Chris (Cameron Monaghan) auf die charmante und attraktive Sky (Lilly Krug) trifft, funkt es auf Anhieb zwischen den beiden – und als er verletzt wird, springt sie kurzerhand als seine Krankenschwester ein. Doch Skys seltsames Verhalten lässt Chris schnell vermuten, dass sie etwas Böses im Schilde führt, vor allem, als ihre Mitbewohnerin (Ash Santos) aus mysteriösen Gründen tot aufgefunden wird.
Wer sich den Trailer zu SHATTERED ansieht, hat eigentlich keinen Grund mehr, den Film in Gänze zu schauen, verrät die Preview doch so ziemlich alle Twist und Turns der ohnehin vorhersehbaren Geschichte. Selbst wenn man darauf verzichtet, das Vorabmaterial zu sichten, weiß man als Zuschauer auch relativ schnell, wohin der Hase läuft. Wirklich originell ist hier nichts, man bekommt die altbekannte Mär von der schönen Femme Fatale präsentiert, die einen unbedarften Mann um den Verstand und um so ziemlich alles, was ihm lieb und teuer ist bringt. Zwar schlägt das Ganze somit einen Bogen zu den klassischen Beiträgen des Genres wie etwa EINE VERHÄNGNISVOLLE AFFÄRE (1987) oder auch den Eingangs erwähnten WILD THINGS (1998), allerdings ohne den ausgelatschten Story-Pfaden etwas Neues hinzuzufügen. SHATTERED fühlt sich extrem altbacken und inspirationslos an und dass nicht nur inhaltlich, sondern auch optisch.
Aber erstmal zur Handlung an sich. Ein Mann verknallt sich Hals über Kopf in eine schöne Blondine, die natürlich ein falsches Spiel spielt. Eine Prämisse, die schon fast so alt ist wie das Kino selbst aber trotzdem funktionieren könnte, wenn das Drehbuch nicht so schluderig geschrieben wäre. Da wäre unser Protagonist Chris, ein auf Sicherheit bedachter Tech-Mogul, der aber von dem einen auf den anderen Moment, seine so ziemlich gesamte Lebenseinstellung ändert und einer wildfremden Frau jeglichen Zugang gewährt. Selbst wenn er ab einem gewissen Punkt aufgrund schwerer Beinverletzung im Rollstuhl sitzt, scheint er dies relativ gelassen zu sehen, mehrere Orgasmen verschaffen gute Ablenkung. Als Zuschauer ist man sich schon meilenweit vor „Chris“ gewiss, dass es sich bei „Sky“ nicht unbedingt um die Frau fürs Leben handelt. Es folgen ein paar durchaus freizügige Sexszenen, bevor der eigentliche Thriller nach gefühlter Ewigkeit dann auch mal ins Rollen kommt. Ein paar blutige Spitzen, ein wenig Home-Invasion-Vibe und fertig ist die Laube. Alles hat man schon sehr oft und auch sehr viel besser gesehen, vor allem weil sich SHATTERED bierernst nimmt und sich anschickt, nicht nur ein pulpy-sexy-Thriller zu sein, sondern auch noch etwas über Schichtzugehörigkeit und die Diskrepanz zwischen arm und reich auszusagen, was allerdings schnöden Lippenbekenntnisse bleiben. Die Dialoge sind ebenso oberflächlich aber hätte man sich auf etwas mehr Spaß eingelassen, hätte das eine launige Nummer werden können. Stattdessen habe ich mich größtenteils gelangweilt und auch geärgert, da die Figuren ständig dumme und wenig nachvollziehbare Entscheidungen treffen.
Größtes Manko ist darüber hinaus Nachwuchs-Schauspielerin Lilly Krug. Die Tochter von Veronica Ferres und Werbemanger Martin Krug macht zwar optisch einiges her und verleiht ihrer Figur die nötige sexuelle Anziehungskraft, in Sachen Schauspiel ist allerdings noch sehr viel Luft nach Oben. Spätestens wenn ihre Maske fällt, wirken ihre bewusst auf abgebrüht geschriebenen Dialoge sehr hölzern und aufgesetzt. Cameron Monaghan hat da ebenso wenig entgegenzusetzen. Nicht, weil der aus der TV-Serie GOTHAM (2014-2019) bekannte US-Amerikaner ein schlechter Schauspieler wäre, sondern weil das Skript mit seiner Figur überhaupt nichts anzufangen weiß oder schlicht gar kein Interesse an ihr hat. So bleibt der Tech-Mogul vollkommen blass und verkümmert über weite Strecken teilnahmslos und gefesselt in der Szenerie. Doch nach einer knappen Stunde kommt etwas Licht ins Dunkel und zwar in der Gestalt von Actionstar Frank Grillo. Der nimmt zwar augenscheinlich auch so ziemlich jede Rolle an, die er angeboten bekommt, macht aber als schmieriger Gangster und Komplize das Beste aus seinem nicht sonderlich großen Part und schafft es sogar den Film minimal aufzuwerten. Etwas, was man von John Malkovich nicht behaupten kann, denn der oscarnominierte Mime macht sich hier als durchgeknallter, Verschwörungstheorien sabbelnder Spanner in 80er-Skiklamotten vollständig zum Affen und ist fast schon eine Art unpassender Comic-Relief in diesem ansonsten sehr straighten Streifen. In seinen Szenen ist wirklich Fremdscham angesagt.
Leider schafft es auch die Inszenierung von Luis Prieto, der unter anderem das britische PUSHER-Remake (2012) drehen durfte, nicht, dem Film eine zumindest optische Sogwirkung zu verleihen. Alle Szenen sehen bieder und zudem extrem billig aus. Selbst das „High-Tech-Haus“, in dem ein Großteil der Handlung spielt, wirkt zu keiner Zeit wie das persönliche Refugium eines zurückgezogenen Millionärs, sondern wie ein Standard-Ferienhäuschen der etwas gehobeneren Preisklasse, das man für eine Woche schnell angemietet hatte. Der gesamte Film wurde in weniger als 21 Tagen in Montana abgedreht und das merkt man als Zuschauer relativ schnell, findet Prieto doch zu keinem Zeitpunkt gute Bilder, sondern spult den Plot vor trister, wenig einladender Kulisse ab.
Leonine veröffentlicht den Thriller hierzulande als Blu-ray und DVD. Bild- und Tonqualität sind auf dem gängigen Qualitätslevel, im Bonusmaterial finden sich mehrere Featurettes.
Fazit:
Ob Lilly Krug nochmal zum deutschen Exportschlager in Sachen Schauspiel avanciert, wage ich zu bezweifeln, ist SHATTERED – GEFÄHRLICHE AFFÄRE (2022) doch ein extrem vorhersehbarer, sowie fader Möchtegern-Erotikthriller, in dem sie mehr schlecht als recht die Femme Fatale mimen darf. Wer wirklich knisternde Spannung will, soll entweder in die Steckdose greifen oder sich vielleicht einfach die Filme ansehen, die SHATTERED referenziert, die waren und sind heute noch eine ganze Ecke besser.
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