Takashi Miike ist ein vielfältiger Filmemacher und dem Ungewöhnlichen zugetan. Videotrash, Kunstfilm, Genrekino, Splatter, Horror und Ichii-Gore, Antihelden und Drama, Gangs und Yakuza: Takashi Miike überzeichnet gerne und überrascht oft mit abstrakter Gewalt. Mit Audition wurde er einem internationalen Publikum bekannt und seine Filme liefen fortan auf etlichen Festivals dieser Welt. CAPELIGHT PICTURES brachten den ruhigen Horrorfilmklassiker mit neu restauriertem 2K-Master in einem schönen Mediabook und als Einzel-DVD heraus.

Originaltitel: Ôdishon

Regie: Takashi Miike

Darsteller: Ryo Ishibashi, Eihi Shiina, Tetsu Sawaki, Jun Kunimura

Artikel von Kai Kinnert

Sieben Jahre nach dem Tod seiner Frau macht sich Shigeharu Aoyama auf die Suche nach einer neuen Partnerin. Bei einem inszenierten Vorsprechen, das ein befreundeter Filmproduzent für ihn organisiert, findet der Witwer Gefallen an der wunderschönen Asami, die seine Zuneigung erwidert und sich auf ein Verhältnis mit ihm einlässt. Doch je mehr Zeit Aoyama mit der stillen jungen Frau verbringt, desto mehr Abgründe tun sich vor ihm auf. Als er zu verstehen beginnt, ist es bereits zu spät.

In der Ruhe liegt die Kraft. Das muss sich auch Takashi Miike gedacht haben, als er Audition inszenierte und auf eine kunstvolle Zurückhaltung setzte. Der Horror, durch den Audition letztendlich bekannt wurde, setzt erst sehr spät ein und deutet sich allenfalls durch wabernde Akzente an, die sich schleichend in den Film schieben. Doch zuerst ist der Film ein Melodram. Asami und der Witwer sind einsame Menschen und Miike lässt sich viel Zeit mit dem Witwer und dem Kennenlernen Asamis. Die Story geht im Schneckentempo voran, und es könnte fast Zäh werden, gäbe es da nicht eine starke Kamera, die mit wenig Bewegung, ruhig gesetzten Einstellungen und Farben arbeitet. Das erzeugt eine faszinierende Stimmung: die Metaebene legt sich als einziger Spannungsbogen über die Handlung. Der Zuschauer weiß ja, das Asumi nicht ganz koscher ist, unter ihrer zerbrechlichen Schönheit droht ein Abgrund, aber dennoch gibt sich der Film wie ein Drama über das Kennenlernen zweier einsamer Menschen und findet seine Momente in den Akzenten des Rätselhaften.

Die Zeichen des anstehenden Horrors sind abstrakt und werden plötzlich Teil der Einstellungen, eine Stärke Takashi Miikes, der ein Händchen für irritierende Szenen hat. Als der Witwer bei Asami anruft, sitzt sie in ihrer Wohnung auf dem Boden und nimmt unbewegt das Gespräch an. Sie hält das Handy ans Ohr und meldet sich leise und schüchtern. Beide wechseln ein paar Worte – und plötzlich rollt im Hintergrund ein Sack durchs Bild, ein dumpfes Rollen, wahrscheinlich ein Mensch, gefangen in einem Bettbezug. Doch der Film tut so, als wäre nichts passiert. Der wohlige Schauer des Unheimlichen funktioniert. Miike wiegt den Zuschauer eine ganze Weile lang in Sicherheit, nur um dann zum Punch auszuholen. Die Szene ist nicht lang und nicht aufwändig, aber effektiv. Was geht in Asami vor?

Und überhaupt. Was geht hier vor? Takashi Miike spielt später noch mit den Erinnerungsebenen des Witwers und lässt so den Film Halluzinieren. Was ist Traum, was ist Wirklichkeit? Was sind die Zeichen in der Story?

Die Gewalt erwischt den Witwer hart. Das Drama tappt in die rostige Bärenfalle Asamis, die letzten Minuten des Films sind ein kunstvoller Miike-Moment, es wird unangenehm und blutig. Das Finale hat es in sich.

Audition ist ein sehr minimierter, eleganter und ruhiger Horrorfilm. Takashi Miike inszeniert die Langsamkeit der Story kunstvoll und schlägt im Finale plötzlich und effektiv zu. Doch ist es so gewesen? Was ist Realität? Der Film ist auch heute noch ein guter Miike-Film, künstlerisch und einprägsam, blutig noch dazu. Das allerdings erst ganz am Schluss. Audition ist zurecht einer der Klassiker des japanischen Horrorfilms, der seine Stärke ganz aus der Geschlossenheit seiner Inszenierung zieht. Das funktioniert auch heute noch, der Film ist gut gealtert. Kiri Kiri Kiri.

Das Bild der Blu-ray ist sauber, satt und klar, der Ton ist gut. Es sind zwei Synchronfassungen mit an Bord. Als Extras gibt es ein Interview mit Takashi Miike, „Damaged Romance“ – Japankino-Experte Tony Rayns über Audition, Kinotrailer und einen Audiokommentar von Miike-Biograf Tom Mes. Das Mediabook verfügt außerdem über ein 24-seitiges Booklet „Kille, Kille – Eine Erzählung von Folter, Trauma und Rachegeistern„.

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