Tomas Milian, der Superbulle im Blaumann, mit Lidstrich und einem aufgeplatzten Sofakissen als Zottel-Frisur, schlägt wieder zu! Naja, von Zuschlagen kann nicht wirklich die Rede sein, denn der Bulle schlendert eher durch den Film, mal auf dem Fahrrad, mal zu Pferde, aber immer lässig und mit kesser Lippe bewaffnet. Der Polizei-Klempner ist eine scharf kombinierende Quatschnase mit zwei flotten Fäusten und das Drehbuch setzt auf eine launige Unterhaltung samt Disco-Nummer mit Tomas Milian im roten Glitteranzug, statt auf harte Poliziotteschi-Action. Zeitkolorit pur. CINESTRANGE EXTREME brachte den Italo-Kracher in einem schönen Mediabook erstmals ungekürzt heraus.
Originaltitel: Assassinio sul Tevere
Regie: Bruno Corbucci
Darsteller: Tomas Milian, Bombolo, Viola Valentino
Artikel von Kai Kinnert
Während einer Versammlung der Tiber-Freunde, allesamt Strippenzieher in der italienischen Politik, erhält gerade der Vorsitzende Manfredo Ruffini (Alberto Farnese) das Wort, als plötzlich der Strom ausfällt. Als man sich mit Feuerzeugen flugs Licht verschafft, liegt der Redner tot mit einem Messer im Rücken auf dem Tisch. Die Polizei verhaftet mit Otello Sarti (Enzo Liberti) relativ schnell einen Verdächtigen, doch der hat das Glück, zum erlesenen Freundeskreis von Nico Giraldi (Tomas Milian) zu gehören, der an die Unschuld seines alten Kollegen glaubt und nichts unversucht sowie keinen Stein auf dem anderen lässt, um das zu beweisen. Der miese kleine Gauner Franco „Venticello“ Bertarelli (Bombolo) hilft ihm dabei ein ums andere Mal – wenn auch nicht immer freiwillig. Als sich weitere Verbrechen ereignen, stellt sich heraus, dass der Tiber-Freunde-Verein so einigen Dreck am Stecken hat.
Diese schönen, alten Italo-Streifen der 1970er sind Fan-Kino für Genre-Freunde. Schlaghosen, Neonreklame und Alfa Romeos aller Orten. Die flirrende Fiebrigkeit der Produktionen brachte so manchen Klassiker des italienischen Kriminalfilms hervor. Krachende Fäuste, Gewalt, Autoverfolgungsjagden, harte Bullen und fiese Gangster, dazu Sexismus und ein cooler Soundtrack: fertig ist der Crime-Kracher damaliger Tage. Dazu kommen noch die vielen ernsthaften Krimis und Dramen zum Thema Politik und Mafia, die auch heute noch spannend und sehenswert sind.
Eine Autoverfolgungsjagd gibt es hier auch, wenn auch nur kurz. Tomas Milian springt auf einen Schimmel und verfolgt im Galopp, mit dem Schrotgewehr und der Hand, ein flüchtiges Fahrzeug über Land. Das Auto landet in einer Jauchegrube und Tomas Milian hat auf dem Pferd seine Italowestern Reminiszenz. Anschließend reitet er durch die Straßen Roms – das ist filmisch der beste Moment im gesamten Film, neben der Schlägerei mit den drei Typen in den Gassen Roms. Und da gibt es noch diese Disco-Nummer: Tomas Milian im roten Glitzeranzug mit drei Transen auf der Bühne. What the fuck?? Vier Minuten Disco Maniac pur! Bruno Corbucci verzichtet in seinem Film weitestgehend auf so ziemlich alles was filmisch aufwändig wäre, und macht Platz für Tomas Milian, der sich als Bulle mit Herz durch den Krimi quatscht. Da gibt es hier und da einen kleinen Faustkampf, mal springt jemand in ein Auto und fährt davon, ein anderes folgt ihm, ein Schuss, ein Messerstich, dann das Pferd, ein Fahrrad außerdem und eine Hochzeit noch dazu. Der Superbulle hat hier zwar noch ein halbes Bein im ernsteren Kriminalfilm, trägt aber einen explodierten Pudel im Gesicht und einen Blaumann, dazu noch mit Kajal geschminkte Augen, und verweigert schon durch seinen Anblick jede ernsthafte Ermittlungsmethode. Der Superbulle ist Low Budget im Spaß-Kino angekommen.
Unterstrichen wird das noch durch die deutsche Synchronisation, in der Thomas Danneberg seine Stimme an Tomas Milian verlieh und Arne Elsholtz das Textbuch schrieb. Sprüche, soweit die Lauschlappen tragen. Die Dialoge sind flapsig und passen zum schrägen Sexismus der Inszenierung, die typisch für ihre Zeit ist und Tomas Milian im roten Glitzeranzug unvergessen macht.
Der Superbulle jagt den Ripper ist was für Fans von Tomas Milian. Die Action ist marginal, die Inszenierung zu oft konventionell und die Filmmusik sticht nicht so sonderlich hervor. Aber der Streifen hat auch seine guten Momente, besonders dann, wenn die Komik in den Hintergrund tritt und die Spannung mehr in den Fokus gerät. Als Krimi zu flach und als Komödie zu lau – da hat man schon besseres gesehen. Dennoch. Fans der Reihe werden über die Schwächen hinwegsehen, zu sehr überwiegt der Charme der alten Italo-Streifen. Am Ende gewinnt das Flair der 1970er und Tomas Milian auf dem Pferd.
Das Bild von Blu-ray und DVD ist sauber, satt und farbig, der Ton ebenso. Als Extras gibt es ein 24-seitiges Booklet von Christoph N. Kellerbach, Trailer, Deutscher Vorspann (VHS), Deutsches Ende (VHS), eine Bildergalerie, ein Interview mit John P. Dulaney und Anekdoten zu Film und Dreharbeiten von Giorgio Navarro.
Cinestrange Extreme Links: