Da werden Kindheitserinnerungen wach. Der gute alte Fantasy-Abenteuerfilm, der Motiven aus 1000 und einer Nacht folgt, wurde für mich von den Ray Harryhausen–Sindbad-Streifen maßgeblich geprägt – und von der Zeichentrickserie mit der tollen Titelmelodie: Siiiindbaaaad, Siiiiindbaaaad, schaut wieviel Glück diiiieeeseees Kiiiind haaat. Ja, ein echter Glückspilz, dieser Sindbad, der seine Eltern verlor und von einer Gefahr in die Nächste stolperte. So einen Charakter besitzt dieser Film auch, nur heißt der Junge hier Majeed und wird von einem magischen Pfirsichkern beschützt. Klingt merkwürdig? Absolut! Jedoch nicht so merkwürdig wie die Spezialeffekte, die von namhaften Hollywood-F/X-Spezialisten entworfen wurden, was man anhand der Ergebnisse kaum glauben mag. Mittendrin, der böseste Christopher Lee seit Saruman und Scaramanga, der die Fürsorgepflicht für Denver Clan-Hottie Emma Samms übernommen hat. Ob Majeed und ein verliebter Prinz sie wohl retten können? CINESTRANGE PRIME TIME gönnte dem herrlich altmodischen Familienfilm vier limitierte Mediabookvarianten, die ich Euch einmal vorstellen möchte.
Originaltitel: Arabian Adventure
Regie: Kevin Connor
Darsteller: Milo O´Shea, Emma Samms, Christopher Lee, Oliver Tobias, Peter Cushing
Artikel von Christian Jürs
Regisseur Kevin Connor ist ein fleißiges Lieschen. Ganze 78 Filme durfte der mittlerweile 85 jährige Engländer inszenieren und ein weiterer befindet sich derzeit in Produktion. Während er in den letzten Jahren auf TV-Serien und -Filme festgelegt war, findet man in seinen frühen Jahren allerlei bekannte Genreware. So führte er Regie bei Motel Hell – Hotel zur Hölle, Caprona – Das vergessene Land und dessen Fortsetzung, sowie dem SchleFaZ-geadelten Fantasytrashfilm Der sechste Kontinent. In diese Riege unterhaltsamer B-Schlonzer reiht sich auch Im Bann des Kalifen ein. Ich erkläre Euch noch genauer, wie ich das meine. Doch kommen wir zuerst zur Inhaltsangabe.
Irgendwo in einem fiktiven Teil von Arabien liegt die Metropole Jadur (oder auch nicht, ist ja alles fiktiv). Dort herrscht mit strenger Hand der Kalif Alquazar (Christopher Lee). Den sollte man nicht mit der schwedischen Popgruppe Alcazar verwechseln, wobei es schon geil gewesen wäre, den Grafen Dracula beim Tanzen zu Crying at the Discoteque zu beobachten. Alquazar ist jedenfalls richtig, richtig, böse. So tötete er einst einen Kalifen, um durch die Hochzeit von dessen Witwe den Adelsstatus zu erreichen. Nachdem er dann auch die Olle entledigte, übernahm er die Vormundschaft für deren Tochter, Prinzessin Zuleira, die von der siebzehnjährigen Emma Samms verkörpert wurde, die kurz darauf als Fallon Carrington Colby in der Serie Der Denver Clan zu TV-Ruhm gelangte. Hier fristet die Arme ihr Dasein eingesperrt im Palast und bewacht von Alquazars Häscher Bahloul (John Wyman), der ein wenig dreinblickt wie der junge Harrison Ford und passenderweise auch noch von Wolfgang Pampel synchronisiert wurde.
Zum Handlungseinstieg trifft der landstreichende Waisenjunge Majeed (Puneet Sira) mit seinem Freund, einem Kapuzineräffchen namens Shakti, in Jadur ein, wo die Bewohner ihn verspotten. Als er sich zur Wehr setzt und dabei einen Pfirsich redlich verdient, taucht plötzlich eine alte Bettlerin (Elizabeth Welch) auf, die den hungrigen Knaben um sein Frühstück bittet. Ohne zu zögern, übergibt er ihr diesen, doch die hässliche Alte wirft das Obst zu Boden (die Erfindung des Fallobstes), verschwindet mir-nichts-dir-nichts und der Kern der Frucht tritt hervor, der sich in den Händen des Jungen in einen magischen Edelstein verwandelt. Muss ich auch mal ausprobieren in der Obst- und Gemüseabteilung vom Lidl, aber vermutlich taucht dann nur der Marktleiter auf. In der Mitte des Steins erscheint die nun befreite Vahishta (Capucine), die gar nicht mehr hässlich oder gar alt ist und die sich redlich für ihre Freiheit (die sie in einem Edelstein verbringt???) bedankt. Zur Belohnung will sie Majeed dreimal sein Leben retten, doch der Dialog den die beiden führen, klingt missverständlich. So belehrt Vahishta den Jungen mit den Worten: Ich bin nicht Deine Sklavin, woraufhin dieser erwidert: Ich würde gerne Dein Sklave sein. – Kurz fragte ich mich, ob gleich genagelt wird, aber der Film ist ja ab sechs Jahren, nicht ab Sex-Jahren, freigegeben.
Das Volk ist derweil unglücklich über ihren Despoten Put…äääh… Alquazar und probt den Aufstand, doch der Kalif verfügt über magische Fähigkeiten und beschwört einen Sturm herauf, der den Pöbel wortwörtlich umpustet. Unter den Aufständischen, die das Lüftchen überleben, befindet sich auch der smarte Prinz Hassan (Oliver Tobias), der im Kerker seines Feindes landet, wo Peter Cushing gerade einsitzt, der uns die Story des Filmes erläutert und dann wieder aus dem Film verschwindet. Alquazar, dem es nach unendlicher Macht dürstet und der, um sein Gewissen abzustellen, seine Seele in einen Spiegel eingesperrt hat, benötigt hierfür die sagenumwobene Rose vom Elil, die jedoch schwerer zu beschaffen ist als ein guter Til Schweiger-Film, weswegen Alquazar den Prinzen begnadigt und ihm, sofern er die Zauberblume beschaffen kann, sogar die Hand (und auch den ganzen Rest) von Prinzessin Zuleira anbietet, die beim Anblick des schmucken Prinzen ganz verschämt ihr durchsichtiges Seidentuch vor die Schnute hält – soooo süß, die Emma. Damit Hassan keine Dummheiten macht und nach Eroberung der Rose fachmännisch entsorgt werden kann, begleitet ihn Khasam (Milo O’Shea), ein schmieriger und niederträchtiger Gehilfe Alquazars, der mit ihm gemeinsam auf den zur Verfügung gestellten, fliegenden Teppich steigt. Auf diesen steigt auch Majeed, den Khasam zwar aus luftiger Höhe hinabwirft, der von seinem Pfirsichkern, der jetzt ein Edelstein ist, aber gerettet wird. Gemeinsam bestreiten die Drei eine beschwerliche Reise voller Gefahren, wie etwa ein wenig sympathischer Flaschengeist mit Blitzehänden, die es zu bewältigen gilt.
Im Bann des Kalifen ist ein höchst unterhaltsamer Mischmasch aus tollen Kulissen und hübschen Matte-Paintings, die zwar allesamt im HD-Zeitalter klar als solche erkennbar sind, aber die unglaubliche Kreativität der Setdesigner widerspiegeln. Da macht es fast gar nix, dass der Fußboden des Palastes hier und da mit moderner Wand- und Bodenlackierung bemalt wurde. Erinnerungen an den von mir kürzlich gesichteten Planet der Vampire werden dabei wach. Die Ausstattung wird perfekt abgerundet mit den knitterfreien, frisch gereinigten Kostümen der Protagonisten. Kommen wir also zu den Spezialeffekten. Die sind zwar ebenfalls sehr originell gestaltet, sehen aber, wohl aufgrund des Budgets, reichlich lachhaft aus. Die Flugszenen mit dem Teppich sind dabei der Höhepunkt des Trashs – so miese Rückprojektionen habe ich ernsthaft noch nie zuvor gesehen. Noch besser wird´s, wenn sich diese mit den Aufnahmen eines Miniaturteppichs ablösen, auf denen die Protagonisten als unbewegliche, frisch lackierte Spielfiguren platziert wurden. Was den ein- oder anderen Zuschauer zum Abschalten bewegen dürfte, sorgte bei mir für Heiterkeit und reichlich Sehvergnügen, denn Im Bann des Kalifen offenbarte sich mir als Trashfest, bei dem andauernd die Post abgeht. Wer also bei alten Godzillafilmen feiert, dass die Echse durch Legoland watschelt, der wird auch hier zum Jubeln animiert.
Zum Jubeln ist auch die Veröffentlichung von Cinestrange Prime Time, die über ein gestochen scharfes Master aus dem Hause Studiocanal verfügt, dass den Film im neuen Glanz erstrahlen lässt. Sowohl der deutsche, als auch der englische, 2.0 Ton ist ebenfalls glasklar. Als Bonus gibt es die Super-8-Fassung (31 Minuten), eine Bildergalerie und Trailer, sowie ein unglaublich ausführliches 52-seitiges Booklet, verfasst von Farid Benfeghoul.
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