Kurz nach Kinostart habe ich mich mit Kollege Christopher Feldmann bereits im hauseigenen Podcast ausgiebig über den neuesten Schrei unterhalten – jetzt folgt zum Heimkinostart aus dem Hause PARAMOUNT PICTURES HOME ENTERTAINMENT, nach einer Sichtungsauffrischung, meine Kritik in Schriftform. Pustet der Umzug nach New York frischen Wind in die Reihe? Handelt es sich hier wirklich, wie in vielen Kritiken erwähnt, um den besten Teil seit dem Erstling? Oder servierten uns die Macher doch nur den gleichen, aufgewärmten Kaffee aus der Restekanne? Lest selbst – den Link zum Podcast findet Ihr ebenfalls im Artikel.

Regie: Tyler Gillett & Matt Bettinelli-Olpin

Darsteller: Melissa Barrera, Jenna Ortega, Hayden Panetierre, Courtney Cox, Dermot Mulroney

Artikel von Christian Jürs

Was ist Dein Lieblingshorrorfilm?

Diese Frage bekommt die attraktive Laura (Samara Weaving) am Telefon gestellt, als sie gerade in einem Lokal auf ihr Blind Date wartet. Endlich mal eine frische Idee, die man noch in keinem Teil zuvor miterleben durfte. Hust! Immerhin, am Ende der halbwegs originellen Eröffnungssequenz sagt der Killer mit der Edvard Munch Maske in Etwa, dass er einen Scheiß auf Filme gäbe. Man wird doch nicht etwa von der Standardregel abweichen und ein Jahr nach dem großen Revival mit dem fünften Teil, der ganz simpel Scream betitelt wurde, neue Wege beschreiten?

Auch innerhalb der Handlung ist es gerade einmal ein Jahr ist es her, dass die Teenager aus Woodsboro dem Unheil entkommen sind. Um die schrecklichen Ereignisse und Verluste endgültig hinter sich zu lassen, sind Sam Carpenter (Melissa Barrera) und ihre Schwester Tara (Jenna Ortega) nach New York umgesattelt. Ihre beiden, ebenfalls den Tätern entkommenen, Freunde, die Geschwister Chad (Mason Gooding) und Mindy Meeks-Martin (Jasmin Savoy Brown) folgten ihnen dorthin – vermutlich, um weiterhin im ´Franchise´ mitspielen zu können. Doch man kann vor dem Bösen nicht davonlaufen, diese Weisheit verbreitete im Vorgängerfilm bereits das ewige Final Girl Sidney Prescott (die erstmals abwesend ist). Und so beginnt das Morden erneut.

Klingt wie Business as usual? Ist es auch. Aus dem neuen Setting New York wird viel Zuwenig herausgeholt. Logisch, wurde der Film doch nicht vor Ort, sondern im entfernten Kanada gedreht. Den Big Apple könnt ihr als Tatort also vergessen. Stattdessen gibt es Hinterhöfe, Drug Stores und U-Bahn-Stationen. Natürlich gibt es auch wieder diverse neue Charaktere, die als potenzielle Opfer oder Täter in Frage kommen und natürlich kehrt auch die immer noch karrieregeile Reporterin Gale Weathers (Courteney Cox) für ein paar kurze Szenen zurück, um bei der Enttarnung des oder der Killer behilflich zu sein. Immerhin, man verpasste ihr ein paar nette Momente, auch wenn der obligatorische Schlag in ihr Gesicht zur Begrüßung so langsam ein klein wenig aufgesetzt wirkt. Auch Hayden Panettiere in ihrer Rolle des Horrorfilmnerds Kirby Reed aus dem 4.Teil, hat damals (erstaunlicherweise) überlebt und arbeitet nun für das F.B.I. An ihrer Seite kämpft Dermot Mulrony als Cop und Vater eines der potenziellen Opfer, quasi als Ersatz für David Arquette und Patrick Dempsey aus den Vorgängerfilmen.

Scream VI legt ein deutlich höheres Tempo vor als sein Vorgänger, nur vermag es Melissa Barrera in der Hauptrolle nicht, als toughe Widersacherin des Killers zu überzeugen. Glücklicherweise hat sie in den meisten Szenen die durch die Netflix-Serie Wednesday zum Shootingstar gemauserte Jenna Ortega an ihrer Seite, die den Karren hier und da aus dem Dreck zieht und – im Gegensatz zum Rest der Bande – Sympathien für ihre Figur beim Publikum erzeugen kann. Das größte Problem von Scream VI ist, dass man ganze ikonische Szenen, wie die obligatorische Regelerklärung durch den Horrorfilmnerd unter den Protagonisten, einfach 1:1 kopiert, was beim sechsten Mal nun wirklich für Augenrollen beim Publikum sorgt. Ja, auch im Sequel des Requels (!), welches im Film nur noch als ´Franchise´ bezeichnet wird, ist mal wieder niemand sicher (auch nicht die Hauptfiguren – gähn). Jeder könnte Opfer oder Täter sein, was für eine Erkenntnis. Das war schon immer so, wird dem Zuschauer aber als innovativer Drehbuchkniff verkauft. Überhaupt nervt das ganze Franchisegequatsche von Randy-Ersatz Mindy, der ich nach kurzer Zeit bereits einen frühen Leinwandtod gewünscht habe. Ihre Figur ist schlecht geschrieben und wenn sich die beiden absoluten Horrorfilmnerds Kirby und Mindy ein Wissensbattle liefern, ist dieses an Oberflächlichkeit wahrlich nicht zu überbieten. Echte Horrorfilmfreaks reden mit Sicherheit nicht nur über Freddy, Jason, Michael, Chucky und Leatherface, sondern blicken über den Tellerrand.

Neu ist allerdings, damit werben die Macher, dass Scream VI der blutigste Schocker der Reihe sein soll. Und tatsächlich, die FSK-Freigabe bestätigt dies, es geht blutiger als gewohnt zu. Allerdings sollte man jetzt kein goriges Massaker erwarten. Vielmehr wird nun nicht mehr zwei- oder dreimal zugestochen, sondern gleich zwanzigmal – und einmal geht´s auch ins Auge. Härter als die Directors Cut-Version des ersten Teils wird es aber auch diesmal nicht.

Scream VI ist wenig innovativ, aber temporeich ist die recht spannende Mörderhatz allemal. So mancher Moment, wie etwa die Nummer im Drugstore oder die Flucht über die Hinterhofleiter, ist dann auch tatsächlich originell und spannend, doch leider sind viele der Filmfiguren so austauschbar, dass es einem schlichtweg egal ist, wer als nächstes ins Gras beißt. Die Auflösung des Ganzen ist dann die größte Farce, kommt sie doch weniger überraschend als gedacht und beinhaltet gnadenloses Overacting, dass den Schocker zur Komödie reifen lässt.

Welches ist mein Lieblings-Horrorfilm? Nun, Scream VI ist es nicht, der geht lediglich als okay durch, da die Nummer immerhin handwerklich noch immer solide genug inszeniert wurde und der ein oder andere Schock sitzt. Insgesamt aber ein schwächerer Vertreter des ´Franchise´, auch wenn der Film mehr Tempo besitzt als sein Vorgänger. Vor allem aber möchte ich die Jüngeren unter Euch warnen: Solltet Ihr vorab noch niemals einen Scream-Film gesehen haben, fangt nicht mit Scream VI an, denn hier werden einfach mal alle Killer der Vorgängerfilme gespoilert.

Bild- und Tonqualität (mir lag die Presse-Blu-ray vor) sind famos, im Bonusbereich gibt es diverse Featurettes zu finden.

Podcast ´Ghostface takes Manhattan´

Amazon-Links:

Steelbook (4K UHD & Blu-ray)

4K UHD (plus Blu-ray)

Blu-ray

DVD

Zurück zur Startseite