Gerade erst stahl Donnie Yen in JOHN WICK: KAPITEL 4 (2023) so ziemlich jedem seiner Co-Stars die Show, da legt die Hongkong-Actionlegende schon das nächste potenzielle Feuerwerk aufs Parkett, welches bereits im über Capelight Pictures in den deutschen Kinos startete. In SAKRA (2023) spielt Yen nicht nur die Hauptrolle, sondern zeichnet sich obendrein auch für die Regie und die Kampfchoreographien verantwortlich. Ob das historische Wuxia-Epos die hohen Erwartungen erfüllen kann und wir hier das nächste Meisterwerk in Sachen Kampfkunst serviert bekommen, verraten wir euch in unserer Kritik, denn ab sofort ist das Actionabenteuer u.a. als Mediabook-Edition im Heimkino erhältlich.

Originaltitel: Tin lung baat bou

Drehbuch: He Ben, Louis Cha, Chen Li, Sheng Lingzhi, Lejing Shen, Xu Yifan, Wei Zhu; nach dem Roman Demi-Gods and Semi-Devils von Jin Yong

Regie: Donnie Yen, Ka-Wai Kam

Darsteller: Donnie Yen, Yuqi Chen, Cya Liu, Yase Liu, Yue Wu, Kara Wai, Eddie Cheung…

Artikel von Christopher Feldmann

Donnie Yen gehört ohne Zweifel zu den absoluten Größen des Actionkinos, verdingte sich der Hongkong-Chinese doch vor allem in den späten 1980er Jahren, vor allem unter der Regie seines Förderers Yuen Woo-Ping, in Martial-Arts-Streifen wie TIGER CAGE (1988), TIGER CAGE 2 (1990) und IN THE LINE OF DUTY 4 (1989). Es folgte eine ergiebige Karriere innerhalb des Genres, bei der vor allem sein Auftritt in Tsui Harks ONCE UPON A TIME IN CHINA 2 (1992) nachhaltig im Gedächtnis blieb. Internationale Bekanntheit erlangte er vor allem mit der Rolle von Bruce Lees Lehrmeister IP MAN in der gleichnamigen Film-Quadrologie (2008-2019), die ihm Engagements in Hollywood-Produktionen einbrachte, u.a. ROGUE ONE: A STAR WARS STORY (2019) und Disneys MULAN (2020). Doch Yen blieb seiner Heimat immer treu und bekleidete immer wieder Hauptrollen in furiosen Actionkrachern, in denen der Kampfsportler seine Profession unter Beweis stellen konnte. Erst kürzlich kehrte er als blinder Killer „Caine“ in JOHN WICK: KAPITEL 4 (2023) auf die internationalen Leinwände zurück und erwies sich als einer der größten Trümpfe des Action-Sequels. Mit seinem neuesten Film SAKRA (2023) bedient Yen nun wieder heimisches Terrain, denn der historische Mix aus Wuxia-Action und Fantasy ist eine Verfilmung des Romans DEMI-GODS AND SEMI-DEVILS (1963) von Jin Yong und vollends auf Yens Strahlkraft als Actionstar zugeschnitten. Allerdings ist die vom Hauptdarsteller persönlich inszenierte Ballade vom ausgestoßenen Krieger ein etwas unausgegorener Mix aus zwar mit reichlich Effekten zugekleisterten aber dynamischen Actionszenen und einer holprigen, völlig überfrachteten Handlung.

Handlung:

Song-Dynastie, China: Qiao Feng (Donnie Yen) wurde als kleines Baby von einem armen Bauern-Ehepaar aufgenommen und großgezogen. Auch wenn er immer als der Ausgesetzte galt, hielt ihn das nie auf, ein großer Kämpfer zu werden. So wuchs er zu einem mächtigen Kampfkünstler heran und wurde eines Tages Anführer der rechtschaffenen Kampfkunstorganisation „Beggars Gang“. Fortan bewies er immer wieder Geschick und Loyalität, um sein Heimatland gegen ausländische Eindringlinge aus dem Norden zu verteidigen. Doch nicht nur in der Waffenkunst ist Feng ein Experte, auch das Bändigen von Wind und Feuer hat er gemeistert. Die Jahre seiner Siegeszüge sind jedoch nicht von Dauer. Nachdem er einem Komplott zum Opfer fällt und seine Freunde und Kameraden sich von ihm abwenden, wird er erneut ein Ausgestoßener. Er setzt daraufhin alles daran, seine Ehre wieder herzustellen.

Als großer Donnie-Yen-Fan war meine Vorfreude auf ein neues Kampfkunst-Epos mit dem charmanten Hongkong-Chinesen mächtig groß, vor allem nachdem ich seine doch recht große Rolle in JOHN WICK: KAPITEl 4 (2023) ziemlich genossen habe, da Yen hier seine Präsenz und sein Können vollends ausspielen durfte. Ein kleiner Dämpfer hingegen war die zeitliche Verortung von SAKRA, denn der Film spielt in der sog. Song-Dynastie, also in einer Zeit irgendwo zwischen 960 und 1279. Ich habe generell nicht allzu viel mit asiatischer Historik am Hut und auch die ganzen Zugehörigkeiten einzelner Clans und Völker erschließen sich mir nur bedingt. Wer da jetzt mit wem im Clinch liegt und wer aus welchem Grund auch immer gut oder böse ist, ist als unbelesener Bewohner der westlichen Welt vermutlich auch nicht immer ganz so leicht zu durchschauen. Und genau das ist auch das größte Problem von Yens neuester und bisher üppigster Regie-Arbeit, die in über 130 Minuten in eine Welt eintaucht, die so überfrachtet von Figuren, einzelnen Familien, Bräuchen und Regeln sind, dass man als Zuschauer immer wieder Probleme hat, der Handlung zu folgen.

Figuren tauchen auf und verschwinden wieder, der Hauptcharakter reist von einem Set-Piece zum nächsten und wer am Ende der Bösewicht ist und was genau hinter allem steckt, bleibt alles sehr wage erzählt. Das Drehbuch ist mitunter die größte Schwäche des Films und beinhaltet einige Holprigkeiten wie etwa der ganze konstruierte Plot um eine Intrige, die so unglaubwürdig und konfus daherkommt, dass ab diesem Punkt schon der ganze restliche Verlauf darunter leidet. Erschwerend kam der Umstand hinzu, dass der uns zum Kinostart vorliegende Screener lediglich die Originalversion mit englischen Untertiteln beinhaltete, weshalb es ab und an wirklich schwer war, dem Geschehen zu folgen. Es ist deutlich zu spüren, dass Yen und seine Autoren dem zu Grunde liegenden und schon öfter adaptierten Roman von Jing Yong gerecht werden wollten, es aber innerhalb ihrer nicht unerheblichen Laufzeit nicht gebacken bekommen, eine flüssige Geschichte zu erzählen. Wahrscheinlich würde das Ganze als eine Art Mini-Serie besser funktionieren, wirkt SAKRA doch an vielen Stellen gehetzt.

Ein wenig darüber hinweg trösten dabei die ausufernden Actionsequenzen, die Yen gemeinsam mit seinem Stunt-Team choreographieren durfte. Dabei sollte man sich allerdings bewusst sein, dass SAKRA kein klassischer Martial-Arts-Film ist, der uns Action alá S.P.L. (2005) oder FLASH POINT (2007) kredenzt, sondern ein waschechtes Stück Wuxia-Kino, in dem neben der historischen Komponente viel Schwertkampf zum Einsatz kommt. Am ehesten ist die Action mit Filmen wie TIGER & DRAGON (2000) zu vergleichen, in denen die Figuren große Sprünge über mehrere Meter machen, an Wänden hochlaufen können und schier menschenunmögliche Moves ausführen. Dabei kommt natürlich reichlich Wire-Work zum Einsatz und wie in diesem Falle viele CGI-Effekte, was SAKRA nicht immer so gut zu Gesicht steht. Die Güte der digitalen Tricks schwankt erheblich und generell sehen viele Sets sehr steril aus, was mich als Zuschauer immer wieder herausriss. Auch die Kampfszenen dürften nicht jedermanns Sache sein, muss man auch zahlreiche Speed-Up-Effekte in Kauf nehmen, durch die die Figuren wie Flummis durch die Szenerie hüpfen. Das ist über weite Strecken zwar gut gefilmt und dynamisch choreographiert, letztlich aber nicht ganz so beeindruckend wie die klassische Martial-Arts-Kost, zumal die immer wieder auftauchenden Fantasy-Elemente (Yen kann hier Feuer und Wind bändigen) etwas an MORTAL KOMBAT erinnern.

Schauspielerisch ist das Alles hingegen sehr solide. Die Darsteller machen einen guten Job, allen voran Yen glänzt einmal mehr in einer würdigen Hauptrolle, in der er gut funktioniert. Der Bösewicht hingegen wird lange stiefmütterlich behandelt, was zur Folge hat, dass er nicht wirklich zur Geltung kommt und auch die Love-Story zwischen Yen und der 30 Jahre jüngeren Chen Yuqi ist nicht allzu glaubwürdig inszeniert. Wer allerdings damit leben kann, darf sich gerne an Yens ungebrochener Präsenz ergötzen, die sicherlich der größte Trumpf des Films ist.

Capelight Pictures hat den Film nun im Heimkino veröffentlicht. Neben den Standard-Blu-ray und DVD-Ausführungen erschien zudem ein Mediabook, das neben dem Blauling auch die 4K-Version enthält. Bild- und Tonqualität sind wie vom Label gewohnt erstklassig. Im Bonusmaterial finden sich Trailer und Making-Of, obendrauf gibt es noch das obligatorische 24 Seiten umfassende Booklet.

Fazit:

SAKRA (2023) ist nicht der neue Action-Meilenstein mit Donnie Yen, sondern ein holprig erzähltes, etwas überfrachtetes und stellenweise schwach geskriptetes Historien-Epos, das seiner Vorlage ebenso wenig gerecht werden dürfte wie den meisten Yen-Fans, die sich auf handfeste Kampfkunst-Action freuen und stattdessen mit CGI und Wire-Work unterstütze Schlachten vorgesetzt bekommen, die konsequent schneller abgespielt werden. Am Ende ist SAKRA auch kein Totalausfall aber sicher ein Film, der keinen sonderlichen Rewatch-Faktor aufweist und wahrscheinlich nur den Hardcore-Fans zugänglich sein wird.

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