Erst kürzlich haben wir euch mit RIOT – AUSBRUCH DER VERDAMMTEN (1969) den mittlerweile zwölften Eintrag in der „Black Cinema Collection“ aus dem Hause Wicked Vision vorgestellt. Mittlerweile ist auch das Follow-Up seit ein paar Monden erhältlich, was aber nicht bedeuten soll, dass wir diesen vielversprechenden Drogen/Rache-Krimi mit Billy Dee Williams unter den Tisch kehren. HIT! (1973), hierzulande einst als DER HIT – DER KAMPF GEGEN DIE DROGEN veröffentlicht, feierte mit dieser Veröffentlichung seine europäische HD-Premiere, und bietet lässiges 70er-Thrillerkino. Was es hier zu entdecken gibt, erfahrt ihr in unserer Kritik.
Originaltitel: Hit!
alt. deutscher Titel: Der Hit – Der Kampf gegen die Drogen
Drehbuch: Alan Trustman, David Wolfe
Regie: Sidney J. Furie
Darsteller: Billy Dee Williams, Richard Pryor, Paul Hampton, Gwen Welles, Warren J. Kemmerling, Janet Brandt…
Artikel von Christopher Feldmann
Das Blaxploitation-Genre ist nach wie vor eine filmische Gattung, in der es für mich noch reichlich zu entdecken gibt. In meinen jüngeren Jahren waren allenfalls Klassiker wie eben SHAFT (1971), COFFY (1973) oder FOXY BROWN (1974) in irgendeiner Form als DVD verfügbar, während die Filme aus der zweiten Reihe (wenn überhaupt) lediglich VHS-Only-Titel waren. Es ist eben Labels wie Wicked Vision zu verdanken, dass zahlreiche kleine, oft vergessene Genrefilme in liebevoll restaurierten Fassungen den Weg ins Heimkino finden. HIT! (1973) ist ein Film, dessen Artwork mir immer mal wieder beim Stöbern auf einschlägigen Filmseiten begegnete, wenn es um das „Black Cinema“ oder eben die sog. Blaxploitationwelle der 1970er Jahre ging. Dies war in erster Linie den beiden bestens bekannten Hauptdarstellern geschuldet, denn mit Richard Pyror tummelt sich hier nicht nur eine wahre Comedy-Legende, auch Billy Dee Williams, besser bekannt als „Lando Calrissian“ aus dem STAR-WARS-Universum, gibt sich als Ankerfigur des Films die Ehre. In seinem Stil ist HIT! ein klassisches Produkt der 1970er Jahre, das das Thema Drogen und deren Auswirkungen behandelt, verpackt in einen Rachekrimi, der allerdings weit weniger als Exploitationfilm anzusehen ist, als es zuerst den Anschein macht.
Handlung:
Der tragische Drogentod seiner Tochter ist für den Polizeibeamten Nick (Billy Dee Williams) unfassbar. Er schwört sich, die Drahtzieher des internationalen Morphium-Handels zu finden und zur Rechenschaft zu ziehen. Sechs Wochen Urlaub müssen für dieses Vorhaben reichen, das sich als äußerst schwierig erweist. Zwar findet er in Michael (Richard Pryor), dessen Frau mit 20 Jahren von Drogenhändlern entführt und umgebracht wurde, einen bereitwilligen Helfer, aber die Liste der Verdächtigen ist unübersehbar lang und nicht jede Spur bringt ihn weiter. Schließlich findet Nick heraus, dass der Umschlagplatz der Ware Marseille ist und das Unternehmen von schwerreichen Franzosen geleitet wird, die alle skrupellos und äußerst gefährlich sind
HIT! mag Kontraste. Das zeigt schon der Beginn des Films, der zwei verliebte afroamerikanische Jugendliche, die sich auf eine Dosis Heroin vorbereiten, und stinkreiche Drogenschmuggler aus Marseille, die in luxuriösen Behausungen residieren und feinstes Essen bei Meerblick genießen, gegenüberstellt. Dabei kommt auch im Verlauf des Film immer wieder soziale Ungerechtigkeit zu tragen. Es sind eben die reichen, unantastbaren Menschen, die ihren kriminellen Machenschaften nachgehen, als würden sie ihre Morgeneinkäufe erledigen, ohne dafür belangt zu werden. Darunter leiden muss schlussendlich die niedriger gestellte Klasse, die an den Drogen stirbt, ohne, dass es irgendjemanden wirklich zu kümmern scheint. Einzig Billy Dee Williams kümmert es, denn als Einsatzkraft einer nicht näher genannten Agency trauert er um seine Tochter, deren Tod wir zu Beginn miterleben, was natürlich gesühnt werden muss.
Während der Sichtung wehte immer ein Hauch von William Friedkins THE FRENCH CONNECTION (1971) durch den Film, dessen Set-Up irgendwie ähnlich ist, nur dass HIT! keine Cops als Hauptfiguren anbietet, sondern ein ganzes Team von speziellen Charakteren, die sich in der Manie einer alten Folge von MISSION: IMPOSSIBLE (1966-1973) daran machen, ein ganzes Drogenkartell mit präzise einstudierten Manövern und Attentaten zur Strecke zu bringen. Das Ganze im lässigen Blaxploitation-Style mit reichlich Sleaze und Krachbumm, wer würde da nicht frohlocken? Doch HIT! geht überraschenderweise einen anderen Weg und präsentiert sich entgegen meiner Erwartungen relativ seriös und wenig spekulativ. Die Geschichte ist recht einfach gestrickt und sogar relativ brauchbar, auch wenn sie bei näherer Betrachtung ziemlich konstruiert und auch ehrlich gesagt mit Abstand weniger realistisch daherkommt, als der bereits erwähnte Cop-Klassiker mit Gene Hackman und Roy Scheider. Allerdings ist der Plot weniger klug strukturiert. So verbringt der Krimi sehr viel Zeit damit, das sog. „Get the Gang together“-Motiv zu behandeln. Billy Dee Williams verbringt einen nicht unerheblichen Teil der Handlung damit, sein Team zusammenzustellen (u.a. Richard Pryor, Paul Hampton, Gwen Welles…) und auf die anstehende Mission vorzubereiten, was natürlich zur Folge hat, dass man sich näher den Figuren widmet, die zwar in ihren Grundzügen durchaus interessant sind, somit aber erheblich an Unterhaltungswert einbüßt.
So wird der eigentliche Pay-Off, nämlich die Attentate in Marseille, im Schnelldurchlauf abgefrühstückt, was bei einer Laufzeit von stolzen 130 Minuten dann doch etwas dünn ist. Man hätte das gesamte zweite Drittel etwas kürzen sollen, um dem Film einen besseren Flow zu verpassen, denn so passiert es, dass sich HIT! gerade in der Mitte ziemlich zieht, sind doch auch die Actionszenen sehr rar. Bis auf eine Sequenz, in der sich Williams zweier Agenten erwehren muss, die ihm ans Leder wollen um ihn aufzuhalten, bekommt der Zuschauer wenig Schauwerte geboten. Der Film punktet viel mehr mit seiner Stimmung und Atmosphäre, denn durch die zahlreichen Außenszenen gewinnt der Streifen eine gewisse Natürlichkeit, die perfekt von Lalo Schifrin komplettiert wird, der hierfür den Score beisteuerte. Schifrin komponierte nicht nur die Musik zu Klassikern wie DIRTY HARRY (1971), sondern zeichnete sich auch für das legendäre Theme aus MISSION: IMPOSSIBLE verantwortlich.
Die Hauptrollen sind mit Billy Dee Williams und Richard Pryor prominent besetzt, allerdings hinterlässt eher zweiterer den größeren Eindruck. Als trauernder Witwer macht der Schauspieler und Comedian eine überraschend gute Figur und beweist, dass er auch das ernste Fach beherrschte. Williams macht seine Sache solide, bleibt aber etwas zu blass und glatt. Seinen trauernden Nick nimmt man ihm nicht immer ab. In einer eher auf cool getrimmten Rolle wie Richard Roundtrees „John Shaft“ wäre er vielleicht besser aufgehoben gewesen. Regie führte übrigens Sidney J. Furie, der mit Williams und Pryor zuvor bereits das Drama LADY SINGS THE BLUES (1972) drehte und die IRON-EAGLE-Filme (1986-1995) inszenieren durfte. Achja, SUPERMAN IV (1987) hat er auch verbrochen. Zumindest in HIT! beweist Furie ein gutes Händchen für schöne Bilder und eine kühle, melancholische Stimmung. Zum Ende hin darf er dann auch etwas auf die Pauke hauen, sind die Attentate doch teilweise blutig geraten.
Wie zu erwarten sieht die Blu-ray aus der „Black Cinema Collection“ fantastisch aus und begeistert mit guter Schärfe, satten Farben und einem angenehmen Filmkorn. Auch der Ton ist wieder einmal sehr gut abgemischt und steht den vorherigen Veröffentlichungen der Reihe in Nichts nach. In den Extras finden sich u.a. Trailer, Radio-Spots, zwei Audiokommentare, eine Dokumentation, sowie ein 24-seitiges Booklet von Christoph N. Kellerbach. Wer genau sucht, findet auch eine VHS-Fassung, die als Easter Egg mit an Bord ist.
Fazit:
HIT! (1973) ist weniger ein klassischer Blaxploiationfilm, sondern ein ruhig erzählter Rachekrimi, der atmosphärisch an THE FRENCH CONNECTION (1971) erinnert, in Sachen Pacing aber doch etwas zäh daherkommt. Trotzdem ist der Film vor allem für Fans des Genres interessant und punktet mit einer kühlen Stimmung, tollem Score und sozialkritischen Tönen.
Amazon-Links:
Christophers Filmtagebuch bei Letterboxd – Your Life in Film