Am 6. September 2021 verstarb eine Filmlegende: Jean-Paul Belmondo. Hierzulande nur noch selten im TV vertreten, dürften jüngere Generationen sich kaum an den Megastar erinnern. In seiner Heimat ist das anders. Dort nahm sogar der französische Staatspräsident an der Trauerfeier teil und der Sarg von Bébel, so sein Spitzname, wurde zu Ennio Morricones legendärem Chi Mai (Titelthema des Belmondo-Hits Der Profi) über den Ehrenhof neben den Pariser Invalidendom getragen. Doch genug der wehmütigen Worte. Vielmehr dürfen wir uns freuen, dass STUDIOCANAL einen seiner Klassiker in brandneuem 4K-Master veröffentlicht hat. Vorhang auf für Belmondo, den alten Teufelskerl.

Originaltitel: Le Magnifique

Alternativtitel: Belmondo – Der Teufelskerl / Le Magnifique – Ich bin der Größte

Regie: Philippe de Broca

Darsteller: Jean-Paul Belmondo, Jacqueline Bisset, Vittorio Caprioli, Hans Meyer

Artikel von Christian Jürs

Meine Kindheit in den Achtzigern war, dank vorhandenem Videorekorder, geprägt von Actionhelden wie Sylvester Stallone, Clint Eastwood, Arnold Schwarzenegger, Bruce Lee, Chuck Norris, Jackie Chan und natürlich auch Jean-Paul Belmondo. Der charmante, französische Filmstar, der bekannt dafür war, seine Stunts selbst auszuführen, lief mit seinen Krachern Der Profi, Das As der Asse, Der Greifer, Der Außenseiter und vor allem der Actionkomödie Ein irrer Typ bei mir rauf und runter. Seine Frühwerke aus der Zeit der Nouvelle Vague (wie z.B. Außer Atem) entdeckte ich freilich erst viele Jahre später. Auch die fantastische Actionkomödie Abenteuer in Rio blieb mir, aufgrund einer fehlenden VHS-Veröffentlichung, viele Jahre verborgen. Diese entstand unter der Regie von Philippe de Broca, der in den Sechzigern mehrfach mit Belmondo drehte. Darunter auch den hier vorliegenden Der Teufelskerl – Ich bin der Grösste.

Als ich den Film neulich Abend in meinen Player warf, war ich vollkommen ahnungslos, was mich erwarten würde. Klar, eine abenteuerliche Actionkomödie deuten Cover und Titel bereits an, doch Der Teufelskerl – Ich bin der Grösste überraschte mich dann bis über alle Maßen. Warum? Nun, wer den Film bereits kennt, wird wissen, was ich meine. Allen anderen möchte ich ans Herz legen, die folgenden drei Absätze zu überspringen, damit Ihr Euch ebenso überraschen lassen könnt wie ich. Daher habe ich wohlweislich ausnahmslos spoilerfreie Fotos verwendet, die nichts von der Handlung preisgeben. Here we go:

Superagent Bob Saint-Clair (Jean-Paul Belmondo) wird zum Einsatz gerufen, nachdem einer seiner Kollegen in einer Telefonzelle in Mexiko von einem Hai gefressen wurde (!). Sofort wird der Superheld und Womanizer nach Mittelamerika gesandt, wo seine bildhübsche Kollegin Tatiana (Jacqueline Bisset) bereits auf ihn wartet. Gemeinsam begeben sie sich auf ein Abenteuer zwischen Hotelpools und Palmen, bei dem an jeder, ja wirklich jeder Straßenecke die Bösewichte schon auf Bob Saint-Clair warten, nur um kurz darauf durch die Hand des Superagenten ins Gras zu beißen. Als ein paar Dutzend Froschmänner mit Maschinenpistolen aus dem Meer stolzieren und das Feuer auf den Agenten und seine zauberhafte Begleitung eröffnen, scheint ihr Schicksal besiegelt. Doch auch, wenn die beiden nur über sechs Kugeln fassende Trommelrevolver verfügen, sie besiegen schließlich die Finsterlinge im Taucheranzug.

In diesen ersten etwa dreißig Minuten von Der Teufelskerl – Ich bin der Grösste fühlte ich mich, als schaute ich eine frühe Variante von Die nackte Kanone oder den OSS 117-Filmen mit Jean Dujardin, der sich offenkundig das verschmitzte Grinsen des Superagenten Bob Saint-Clair abgeschaut hat. Dann aber kommt der Knalleffekt des Agentenabenteuers. Saint-Clair ist nämlich kein real existierender Geheimagent, sondern lediglich die fiktive Hauptfigur einer trivialen Agenten-Taschenbuch-Reihe, angelehnt an Figuren wie S.A.S., hierzulande erschienen als S.A.S. Malko.

Verfasst werden die Schundbücher vom abgehalfterten und abgebrannten Autoren François Merlin (ebenfalls Jean-Paul Belmondo), der in einer tristen Pariser Wohnung haust und sich beim Schreiben in schönere, fiktive Welten flüchtet, wo er die Bösewichte besiegt und das Herz der schönen Tatiana im Sturm erobert. Als deren Vorbild dient seine neue Nachbarin Christine (ebenfalls Jacqueline Bisset), in die sich der Autor verguckt hat. Während er das neueste Abenteuer seines Helden verfasst, muss er sich mit Elektrikern, geizigen Verlegern und allerlei anderen Ärgernissen herumschlagen. Diese Unsympathen landen ebenfalls in seiner Roman-Parallelwelt – als Bösewichte, an denen er seinen Ärger abreagieren kann. Doch wird es ihm auch gelingen, das Herz seiner Nachbarin in der realen Welt zu erobern?

Der Teufelskerl – Ich bin der Grösste bietet nicht nur ein Feuerwerk an Gags und gutgemachter, natürlich übertriebener Action, er gehört auch zu den originellsten Filmen aus Jean-Paul Belmondos Filmographie, der mit seinem Regisseur Philippe de Broca damals ein unschlagbares Duo abgab. Ein Jammer, dass der Film hierzulande so stiefmütterlich behandelt wurde. Umso schöner, dass er jetzt dank Studiocanal seine Renaissance erleben darf in bester Bildqualität. Die Farben sind fast so strahlend wie das Perlweißlächeln des Hauptdarstellers, der hier, ebenso wie seine Filmpartnerin Jacqueline Bisset, mit zügelloser Spielfreude überzeugt. Auch der Ton klingt ziemlich gut (Französisch und Deutsch in DTS-HD Master Audio 2.0 Mono). Apropos Ton: Belmondo wurde hier nicht von Rainer Brandt oder Peer Schmidt eingesprochen, sondern von seiner damaligen dritten Stammstimme Klaus Kindler, der viele Jahre auch Clint Eastwood sein Organ lieh. Ein wenig ungewohnt, aber sehr passend.

Das Bonusmaterial ist ebenfalls reichhaltig. So gibt es einen Audiokommentar, eine Präsentation des Films durch Regisseur Michel Gondry (Vergiss mein nicht), die Featurette Wie man den Ruf des berühmtesten Geheimagenten zerstört, einen Blick hinter die Kulissen und ein Special über die Dreharbeiten. Einzig die Veröffentlichung einer 4K UHD-Scheibe hat man sich leider gespart. Der Teufelskerl – Ich bin der Grösste solltet Ihr Euch trotzdem keinesfalls entgehen lassen.

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