Männers, holt Bier und Chipstüten raus, es ist soweit. LEONINE STUDIOS bringt den vierten Einsatz der entbehrlichen Söldnerbande ins Heimkino. Die Rede ist natürlich von Lee Christmas, Barnie Ross, Gunner Jensen, Toll Road und einige Neuzugänge, die dem bösen The Raid-Star Iku Uwais Zünder für Atomwaffen wieder abzunehmen versuchen. Unterstützung bekommen Statham und Stallone diesmal u.a. von Megan Fox, Andy Garcia und 50 Cent. Nicht der prominenteste Cast der Reihe, das rote FSK-18-Logo und die großen Knarren auf dem Cover machen aber neugierig. Kann der vierte Einsatz der Expendables überzeugen?

Originaltitel: Expend4bles

Regie: Scott Waugh

Darsteller: Jason Statham, 50 Cent, Megan Fox, Randy Couture, Dolph Lundgren, Andy Garcia, Sylvester Stallone, Iku Uwais, Tony Jaa

Artikel von Christian Jürs

Neun Jahre ist es her, dass Barney Ross (Sylvester Stallone) und seine Truppe den Bösewichten dieser Erde eingeheizt haben. Ursprünglich war geplant, den vierten Teil der Expendables viel eher ins Rennen zu schicken, doch das schwache Einspielergebnis des Vorgängers ließ die Produktion ins Stocken geraten. So sehr sogar, dass Sylvester Stallone vor geraumer Zeit seinen Ausstieg aus dem eigens erdachten Franchise bekanntgab. Nun hat er sich doch noch einmal breitschlagen lassen, in die Rolle des Söldneranführers zu schlüpfen, überließ dabei die kreativen Entscheidungen jedoch anderen.

Kein weiser Entschluss, wie ich in den 103 Minuten Laufzeit von Expend4bles, wie der Film unaussprechlich im Original heißt, leider feststellen musste. Das Fiasko beginnt schon beim Cast. Während Sequels an der Kinokasse heutzutage meist nach dem Motto „höher, größer, weiter“ punkten, schrumpfte man die Besetzungsliste ordentlich ein. Kein Arnold Schwarzenegger, kein Harrison Ford, kein Jet Li, Wesley Snipes und – verständlicherweise – auch kein Bruce Willis. Stattdessen bekommen wir Andy Garcia als Neuzugang und Willis / Ford-Ersatz vorgesetzt. Der spielt für seine Verhältnisse unfassbar mies und, mal ehrlich, welche Actionfilme kommen Euch beim Namen Andy Garcia in den Sinn? Oder bei Megan Fox? Die sieht mittlerweile nicht nur aus wie in Wachs gegossen, sie bekommt auch kaum etwas zu tun. Mehr als den schlagkräftigen Love-Interest von Lee Christmas (Jason Statham) zu spielen gibt ihre Rolle nicht her.

Stallone hingegen macht sich rar, ist kaum zehn Minuten zu sehen und zeigt sich auch in diesen wenigen Momenten von seiner besonders lustlosen Seite. Dass er aufgrund seines Alters das Actionzepter an den deutlich jüngeren, charismatischen Statham übergibt, ist nachvollziehbar. Dass man ihn sogar beim Steigen auf das Motorrad in der Eröffnungssequenz doubelte, damit er nicht den ganzen Tag am Set verbringen musste, ist aber schon jämmerlich. Auch sonst steht der Hauptcharakter der Vorgängerfilme hier nur herum und als es einmal zum ultrakurzen Handgemenge in seiner Anwesenheit kommt, versucht der unbeholfene Schnitt verzweifelt zu kaschieren, dass Stallone auch hier nur für die Close-Ups zur Verfügung stand. Immerhin, Dolph Lundgren und Randy Couture sind wieder in ihren alten Rollen dabei, agieren aber auch nur als Stichwortgeber. Couture redet (mal wieder) unentwegt über seine Blumenkohlohren und nervt damit, Lundgren gibt den trockenen Alkoholiker, der erst dann wieder treffsicher in der Action agiert, als er beherzt zum Flachmann greift. Was bitte ist das denn für eine Aussage, die uns der Film da mit auf den Weg geben möchte?

Dann wäre da noch der Rapper 50 Cent, der schon mehrfach an der Seite Sylvester Stallones agieren durfte – leider in keinen guten Filmen, sondern der Escape Plan-Trilogie. Sein Rollenname lautet Easy Day und einen ebensolchen hatten vermutlich die fünf (!) Drehbuchautoren, die ihm keinerlei Backstory verpasst haben. Er ist nun halt einfach dabei und Barney erklärt uns kurz, was für ein harter Hund der Easy doch ist. Dann ist da noch Jacob Scipio, der sich rühmen darf, in Bad Boys for Life mitgespielt zu haben. Er gibt den Film-Sohn von Antonio Banderas, der durch Abwesenheit glänzt. Es scheint, als habe man Budget einsparen wollen und ersetzte so den teureren Banderas gegen Schnäppchen-Scipio, obwohl dessen Charakter Galgo im letzten Film mit keiner Silbe einen Sohn erwähnt hatte. Die Rolle, die Scipio hier verkörpert, passt aber haargenau auf den Banderas Charakter, halt nur, als hätte man ihn bei Wish bestellt. Ach ja, dann ist da noch eine weißhaarige Asiatin namens Lash (Levy Tran), die gar keinen Hintergrund verpasst bekommt und urplötzlich, wie aus dem Nichts, auftaucht und zwischen ihren Kollegen an Bord von Barneys Flugzeug sitzt. Wieso? Weshalb? Warum? Keine Ahnung.

Immerhin, zwei Neuzugänge machen glücklich: Thailands Kampfsportlegende Tony Jaa, der in Ong-bak und Revenge of the Warrior unfassbare Stunts an den Tag legte. Dessen goldene Jahre sind aber leider mittlerweile vorbei, wie die Hollywood-Gurken Monster Hunter (mit Milla Jovovich) und Jiu Jitsu (mit Nicholas Cage) eindeutig bewiesen haben. Auch hier bekommt er nur wenig Arbeit und die sieht selten gut aus (was dem Regisseur allerdings anzulasten ist – dazu kommen wir noch).

Der zweite Neuzugang ist gleichzeitig der (vermeintliche) Hauptbösewicht von The Expendables 4 und ebenfalls ein Kampfsport-Schwergewicht. Iko Uwais erntete Ruhm mit seiner Rolle des Rama in The Raid 1 & 2 und traf in Mile 22 auf Mark Wahlberg. Immerhin darf er hier und da zeigen, was er kann, doch die schwache Regie stellt auch ihm ein Bein.

Sein Charaktername lautet Rahmat (also ähnlich wie in der The Raid-Reihe). Rahmat soll von den Expendables gehindert werden, Zünder für Atomwaffen in die Finger zu bekommen. Doch, oh je, der Einsatz in Lybien schlägt fehl, was auf die Kappe von Lee Christmas geht, der einen direkten Befehl verweigert, um das Leben eines Freundes zu retten. Dabei ist er jedoch erfolglos und so muss einer seiner Freunde das Zeitliche segnen, was nicht nur erschreckend emotionslos inszeniert ist, es bedeutet auch den Rauswurf von Christmas aus der Truppe der Expendables. Ein schrecklich forcierter Moment, da seine Weggefährten zwar eigentlich genauso reagiert hätten, sie ihm jedoch in den Rücken fallen und schwere Vorwürfe machen. Doch Christmas denkt gar nicht daran, aufzugeben und macht sich auf eigene Faust auf, Rahmat und seine Leute zu stoppen und seinen Freund zu rächen.

Mehr Geschichte gibt es nicht. Bedarf es bei einem Oldschool Actionkracher eigentlich auch nicht. Was die Fans erwarten, ist knochenharte Action und ein paar coole One-Liner aus dem Mund der Helden. Doch da liegt das Problem. Der „Plot“, der eigentlich keiner ist, nimmt wahnsinnig viel Platz ein. Immer wieder wird ein ominöser Hintermann namens „Ocelot“ erwähnt, der hinter dem Diebstahl der Zünder stecken soll und aus Gründen, die niemand begreift, damit den dritten Weltkrieg heraufbeschwören möchte. Wer dieser geheimnisvolle Anführer ist, ist so offensichtlich, dass es schon weh tut beim Zuschauen. Auch einen zweiten Twist hat die Story am Ende noch zu bieten, aber den riecht man bereits eine Stunde zuvor Meilen gegen den Wind.

Doch bis es so weit ist, müssen wir allerlei Füllmaterial ertragen. Zum Beispiel in der Szene, in der Christmas sich einen neuen Job sucht und als Bodyguard für einen widerlichen Influencer fungiert. Minuten, die zu nichts führen und dabei auch noch unsagbar dämlich geraten sind. Die Action lässt im Mittelteil ewig auf sich warten… ach ja, die Action.

Die sieht leider, wie alles an diesem Film, unfassbar billig aus. Stolze 100.000.000$ Budget sollen zur Verfügung gestanden haben. Wohin die geflossen sind, wird ein ewiges Geheimnis bleiben. Klar, Stallone wird sich seinen Anteil abgeholt haben für seinen besseren Cameo. Trotzdem müsste noch ein ganzer Batzen Scheine übrig gewesen sein, mit dem man ordentlich für Krach-Bumm hätte sorgen können.

Doch da hat man nicht die Rechnung mit Regisseur Scott Waugh gemacht. Der ist als Hauptverantwortlicher zu benennen, warum hier so gar nichts funktioniert. Ich frage mich allen Ernstes, warum ein Regisseur verpflichtet wird, dessen Vita aus Rohrkrepierern wie Need for Speed oder zuletzt Hidden Strike besteht. Ihr wisst schon, Hidden Strike, die schreckliche Buddy-Actionkomödie mit Jackie Chan und John Cena, die so schlecht ist, dass der Film stolze fünf Jahre ohne Verleiher auf Halde lag, ehe sich Netflix kürzlich erbarmte, den Schrott ins Programm zu nehmen. Und genau wie jener Film, wurde auch The Expendables 4 vor einer Fototapete gedreht, statt „on Location„. Ganz ehrlich, so schlechte Rückprojektionen hat man zuletzt in den Sechzigern gesehen, als Sean Connerys James Bond mit dem Aston Martin vor der Leinwand im Hintergrund am Steuer saß. Bei Explosionen und Mündungsfeuer ist das alles noch schlimmer; diese sehen aus wie ins Bild hineingemalt. Auch die Bluteffekte, die den Film werbewirksam auf ein FSK 18 hochhieven sollten, wirken ultrabillig und künstlich, wie eine Playstation 2-Grafik. Doch damit nicht genug, Scott Waugh hat die Action leider nicht im Griff. Eine Choreografie findet nicht statt. Stattdessen prasselt ein Schnittgewitter von kurzen Wackelkameraaufnahmen auf uns herein, bei dem man in jeder Kampfszene den Überblick verliert. Das Ganze dann garniert mit den schlechtesten Computereffekten seit Sharknado, bei denen auch physikalisch nichts hinhaut. Bulgarische Wertarbeit halt.

Man munkelt, dass dies hier als der Start einer neuen Trilogie geplant sein soll. Ich hingegen kann nur hoffen, dass die Reihe jetzt in Frieden ruhen darf, denn gegen Expend4bles (ich frage mich immer noch, wie man das wohl ausspricht – Äxpändfourbles???) ist jede Folge Alarm für Cobra 11 eine rasant inszenierte Achterbahnfahrt erster Güte. Im Kino gefloppt, ist der Film nun angekommen, wo er hingehört – im Heimkino. Dort sind die Bildschirme meist kleiner und der Anspruch geringer, weswegen The Expendables 4 mit Sicherheit den ein- oder anderen, zufriedenen Actionfreund finden wird. Ich persönlich greife lieber wieder zu den Vorgängern. Ach ja, nachdem Thomas Danneberg aufhören musste zu synchronisieren, bemühte man sich, Jürgen Prochnow wieder als Sprecher für Sylvester Stallone zu etablieren. Das war nicht leicht, doch mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt, fand Prochnow sogar passend. Jetzt aber bekommen wir Arnie-Ersatzstimme Bernd Egger auf die Ohren. Ich mag ihn, besonders als Arnie und Dan Aykroyd-Stimmersatz. Bei Stallone wirkt er allerdings wie ein Fremdkörper.

Bild- und Tonqualität sind natürlich hervorragend. Wer zur physischen Variante greift, bekommt noch zwei Featurettes, einen Audiokommentar und Trailer als Bonus geboten.

Amazon-Links:

Limited Edition Steelbook (4K UHD & Blu-ray)

4K UHD (plus Blu-ray)

Limited Edition Steelbook – Blu-ray

Blu-ray

DVD

Prime Video

Zurück zur Startseite