Die Kraft Jesu Christi bezwingt dich! Die Kraft Jesu Christi bezwingt dich!“ Ganze 50 Jahre, nachdem William Friedkin mit THE EXORCIST (1973) neue Maßstäbe in Sachen Horror setzte, wagte man sich an ein Legacy-Sequel. Für die Aufgabe, einen möglichst würdigen Nachfolger des Meilensteins auf die Leinwand zu bringen, holte man sich niemand geringeren als David Gordon Green an Bord, der mit HALLOWEEN (2018) bereits einem anderen Klassiker eine Fortsetzung bescherte. Im Gegensatz zu Kultkiller „Michael Myers“ war dem Besessenen-Schocker, der unter der Ägide von Blumhouse Productions entstand, allerdings weit weniger Erfolg vergönnt, zumindest wenn man Produktions- und Rechtekosten ins Feld führt. Universal Pictures Home Entertainment veröffentlicht den Film in Kürze in mehreren Ausführungen auf Scheibe und ob es sich dabei um einen gelungenen Trilogie-Auftakt (was auch sonst?) oder gar um ein cineastisches Sakrileg handelt, erfahrt ihr in unserer Kritik.

Originaltitel: The Exorcist: Believer

Drehbuch: Peter Sattler, David Gordon Green

Regie: David Gordon Green

Darsteller: Leslie Odom Jr., Tracey Graves, Lidya Jewett, Olivia Macum, Ellen Burstyn…

Artikel von Christopher Feldmann

Legacy-Sequels haben nach wie vor Hochkonjunktur und erfreuen sich noch immer großer Beliebtheit. Man nehme einfach einen anerkannten Klassiker oder Kultfilm mit starker Fanbase und kreiert eine zumindest den Anschein machende Fortsetzung. Das funktioniert meist immer nach demselben Prinzip: Die Geschichte ist im Grunde die gleiche, sie wird nur mit leichten Variationen und neuen Charakteren erzählt, narrativer Ballast aus anderen, bereits vorangegangenen Sequels wird einfach ignoriert und um die Fans abzuholen, gräbt man irgendeinen Darsteller aus dem Original aus, der nochmal in seiner bekannten Rolle auftreten darf. Somit verprellt man nicht die Zuschauer, die kein Interesse an schlichten Remakes haben, sondern ködert sie mit einer Art Revival- und Reuniongefühl. Im Grunde sind es aber Remakes, die exakt nochmal das erzählen, was das jeweilige Original bereits zu erzählen vermochte.

HALLOWEEN (2018) ist dabei ein Paradebeispiel. Eigentlich passiert genau dasselbe wie in John Carpenters Slasherklassiker, „Michael Myers“ marschiert durch Haddonfield und murkst Teenager ab, sämtliche Handlungsstränge aus den bisherigen Nachzüglern werden gelöscht und Jamie Lee Curtis darf nochmal als „Laurie Strode“ ran. Regisseur David Gordon Green landete mit diesem Konzept einen massiven Hit am Box-Office, der allerdings durch das maue Follow-Up HALLOWEEN KILLS (2021) und den völlig vergeigten Trilogie-Abschluss HALLOWEEN ENDS (2022) verwässert wurde. Und genau jener David Gordon Green hat sich nun William Friedkins Meisterwerk THE EXORCIST (1973) angenommen und diesem ein Legacy-Sequel spendiert, das natürlich auch nur den Auftakt für eine neue Trilogie darstellen soll. So erfolgreich wie HALLOWEEN war THE EXORCIST: BELIEVER (2023) nicht und das auch zurecht, denn der Film ist nicht nur ein ambitionsloser Gruselfilm von der Stange, sondern eigentlich auch eine kleine Mogelpackung.

Handlung:

Seit dem Tod seiner Frau zieht Victor Fielding (Leslie Odom Jr.) die gemeinsame Tochter Angela (Lidya Jewett) allein groß. Als Angela mit ihrer Freundin Katherine (Olivia Marcumnach tagelangem Verschwinden im Wald zurückkehrt, ohne sich an irgendetwas erinnern zu können, wird eine Kettenreaktion in Gang gesetzt, die Victor zwingt, sich dem abgrundtief Bösen zu stellen.

Ganze 400 Millionen US-Dollar legte Universal Pictures für die Rechte an THE EXORCIST auf den Tisch. Das ist eine stattliche Summe für eine Marke, die eigentlich keine ist. Zwar ist Friedkins Original ein anerkannter Klassiker des Horrorfilms aber auch weit weniger in der Popkultur verortet als beispielsweise HALLOWEEN (1978), der auch auf eine ganz neue Generation an Genrefans einwirken konnte. Zudem erscheinen auch heute noch jährlich mehrere Filme mit Exorzismus- und Besessenheitsthematik, die sich auch nach 50 Jahren immer noch bei den Elementen bedienen, die Friedkin einst zu einem großen Ganzen formte. Getreu dem Motto „Kennste‘ einen, kennste‘ alle“, locken diese Werke kaum noch jemanden hinter dem Ofen hervor, es sei denn man hat einen zugkräftigen Star an Bord wie zuletzt im Fall von THE POPE’S EXORCIST (2023) mit Russell Crowe.

Entsprechend altbacken wirkt somit auch THE EXORCIST: BELIEVER (2023), dessen Geschichte mal wieder vom verzweifelten, alleinerziehenden Elternteil erzählt, dessen Kind vom Bösen heimgesucht wurde. Und weil herkömmliche Mittel nicht mehr funktionieren wollen, muss natürlich die Kirche ran, um dem Dämon den Garaus zu machen. Soweit, so bekannt, allerdings hat Green, der auch am Drehbuch mitschrieb, eine Neuerung im Gepäck. Nicht ein Mädchen ist besessen und wirft mit Schimpfwörtern und Körperflüssigkeiten durch die Gegend, sondern gleich zwei. Das war es dann auch schon mit der Innovation, ansonsten recycelt BELIEVER nahezu 1:1 jene Story-Bausteine, die schon im Original und den drölfzigtausend anderen Exorzismusfilmen verbaut wurden. Da es sich um ein obligatorisches Legacy-Sequel handelt, spielen die Ereignisse aus EXORCIST II: THE HERETIC (1977) und THE EXORCIST III (1990) keine Rolle, weshalb am Ende kaum mehr übrig bleibt als gähnende Langeweile. Bis überhaupt mal irgendetwas nennenswertes passiert, vergehen knapp 90 Minuten, in denen größtenteils nur geredet, wassergetreten und kein Handlungsstrang wirklich auserzählt wird und das obwohl Potenzial vorhanden ist. Die Suche nach den beiden vermissten Mädchen bietet gutes Thrillermaterial und der Clash zwischen dem Atheisten „Victor“ und der streng gläubigen Familie „West“ spannende Ansätze, BELIEVER macht jedoch nichts daraus und beschäftigt sich lediglich mit der Frage nach dem Elefanten im Raum, den sowieso schon jeder Zuschauer beim Namen nennen kann.

Bis der eigentliche Exorzismus von Statten geht, vergeht sehr viel Zeit und die Schocks lassen heute niemanden mehr erschaudern, vor allem weil man für diese wieder den Blumhouse-Baukasten für Gruseleffekte einsetzte, der vor allem mit Jump-Scares gefüllt ist. Nicht eine einzige Szene des Films kann ansatzweise die Atmosphäre kreieren, die das Original auszeichnet. Dieses war rau und unangenehm, BELIEVER ist eine klassische Hochglanzproduktion für ein Massenpublikum. David Gordon Green inszeniert das Ganze zwar routiniert und leistet sich handwerklich keine Patzer, dem Thema etwas Neues hinzufügen schien auch er nicht zu wollen oder gar zu können. Nur weil jetzt zwei statt einem Mädchen schreien, grunzen und etwas von „in der Hölle brennen“ faseln, wird diese unnötige und ideenlose Fortsetzung noch lange zu keinem guten Film. Auch der Legacy-Charakter, der Anhänger des Originals das Höschen feucht werden ließ, entpuppt sich als schnöder Marketingtrick. Ellen Burstyn, die in THE EXORCIST „Chris MacNeil“ verkörperte, kehrte für den Film nach 50 Jahren in ihrer Rolle zurück, allerdings wirkt es, als wäre die mittlerweile 91-jährige Schauspielerin nur für zwei Drehtage am Set gewesen, umfasst ihr Auftritt doch kaum mehr als fünf Minuten, bevor man sie wieder aus der Handlung nimmt.

Ansonsten machen die Darsteller aber wenigstens einen guten Job. Leslie Odom Jr. überzeugt als verzweifelter und von einem Schicksalsschlag gezeichneten Vater, der seine Tochter zu retten versucht. Auch die Nebenrollen sind ordentlich besetzt, vor allem Jennifer Nettles und Norbert Leo Betz sind als streng gläubige, fast schon christlich fundamentalistische Eltern eine interessante Ergänzung für den Film, auch wenn sie nicht vollends ausgespielt werden. Auch die Kinderdarstellerinnen geben sich sichtlich Mühe und sind auch im Grunde genommen gut, spielen aber auch nur das nach, was Linda Blair im Original schon ablieferte. Jene hat übrigens auch einen winzigen Cameo-Auftritt.

Ob es zu der geplanten Trilogie kommt bleibt fraglich, denn mit 130 Millionen US-Dollar Einspiel ist THE EXORCIST: BELIEVER nicht gerade ein Hit, denn man sollte bedenken, dass man auf die 30 Millionen Produktionskosten immer noch die 400 Millionen Rechtekosten draufrechnen muss. Universal Pictures Home Entertainment veröffentlicht den Film zu Beginn des neuen Jahres als Blu-ray, DVD und in 4K. Den Blauling und die UHD-Scheibe gibt’s zudem jeweils im Steelbook, digital ist er bereits erhätlich. Uns lag zur Sichtung die Blu-ray vor, Bild- und Tonqualität sind einwandfrei, als Extras gibt es mehrere Featurettes und einen Audiokommentar.

Fazit:

Mit THE EXORCIST: BELIEVER (2023) erschien das Legacy-Sequel, auf das niemand gewartet hat. David Gordon Green liefert hier lediglich ein ideenloses Einerlei, das zu keiner Zeit die Wirkung entfaltet, die das Original auszeichnet, zumal der Legacy-Charakter lediglich ein Marketing-Gimmick ist. Am Ende bleibt ein Horrorfilm vor der Stange wie man ihn schon tausendfach gesehen hat, nur eben in viel zu lang und viel zu langweilig.

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