Robert William „Willie“ Pickton gilt mutmaßlich als der produktivste Serienmörder Kanadas und soll, zumindest laut Indizien, mehr als 50 Frauen ermordet, zerhäckselt und an seine Schweine verfüttert haben. Ein echter Sympathiebolzen, dem nun mit PIG KILLER (2022) eine filmische Abbildung seiner Killerkarriere zuteil wurde. Wer allerdings auf einen detailreichen True-Crime-Thriller gewartet hat, dürfte angesichts des Endergebnisses die Stirn runzeln, handelt es sich bei dem Streifen doch um einen waschechten, blutigen Exploitationfilm, der weniger auf ein differenziertes Psychogramm eines grausamen Mörders setzt, sondern auf nackte Haut, etwas Gekröse und ganz viel Schmutz. Busch Media Group hat den Streifen hierzulande im Heimkino veröffentlicht und warum ihr diesen nur mit kurzem Weg zur Dusche schauen solltet, verraten wir euch in unserer Kritik.

Originaltitel: Pig Killer

Drehbuch & Regie: Chad Ferrin

Darsteller: Jake Busey, Lew Temple, Bai Ling, Kate Patel, Michael Paré…

Artikel von Christopher Feldmann

Handlung:

Am Rande von Vancouver betreibt Willy (Jake Busey) mit seinem Bruder (Lew Temple) eine Schweinefarm und veranstaltet zuweilen Partys auf dem großen Gelände. Noch ahnt niemand, dass er regelmäßig Prostituierte heimbringt, sie betäubt, vergewaltigt und anschließend zerstückelt, um sie an die Schweine zu verfüttern. Die drogensüchtige Wendy (Kate Patel) ist seit der ersten zufälligen Begegnung mit Willy von ihm fasziniert, doch auch sie ist komplett ahnungslos.

PIG KILLER steht ein wenig in der Tradition diverser Exploitationfilme der 1970er Jahre, in denen gerne hin und wieder reale Verbrechen aufgegriffen wurden, um diese für das Publikum aufzubereiten. Nur stand dabei selten eine klassische Aufarbeitung im Fokus, sondern reines Kalkül. Es waren schlichtweg Unterhaltungsfilme, deren Titelzusatz „basierend auf wahren Ereignissen“ die Zuschauer neugieriger machen sollten. Eines der berühmtesten Beispiele ist dabei natürlich Tobe Hoopers THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE (1974), der ebenfalls einen gewissen Wahrheitsgehalt beanspruchte, auch wenn er nur lose auf den Taten des Serienmörders Ed Gein basiert. Ein modernes Beispiel ist der australische Outback-Slasher WOLF CREEK (2005), der ebenfalls behauptet, auf Tatsachen zu fußen, um den Nervenkitzel ein wenig nach oben zu treiben.

Bei PIG KILLER ist dies aber etwas anders, denn „Willie Pickman“ gab es wirklich, auch wenn er eigentlich Pickton hieß. Und tatsächlich verarbeitet Drehbuchautor und Regisseur Chad Ferrin zahlreiche reale Fakten in seinem Film. Vom mordenden Schweinebauer, der seine Opfer an seine Nutztiere verfüttert (oder aber auch zu Wurstwaren verarbeitet), vom Bruder und dem assistierenden Schweinelieferanten, der schwierigen und gewalttätigen Kindheit, den ausufernden Partys auf der Farm, während denen sich der Triebtäter seine Opfer aussuchte, bis hin zu seinem Aufenthalt im Gefängnis, während dem er sich bei einem als Häftling getarnten Undercover-Cop mit seinen Taten rühmt, Ferrin verbaut zahlreiche Anekdoten, die sich mehr oder weniger in dieser Form zugetragen haben und dennoch hat man nach der Sichtung keinen Zweifel, dass es dem Filmemacher hier bloß um geschmackloses und provokantes Genrekino ging.

So eröffnet der Film gleich mit einer derben Sequenz, in der Bai Ling zu Schweinefutter verarbeitet wird und als das beste chinesische Essen angepriesen, das es je gab. In Sachen Gewalt und Ekel ist Ferrin nicht verlegen und auch wenn es nie derart grenzüberschreitend und ausufernd wird wie beispielsweise in TERRIFIER 2 (2022), ließ er sich hier nicht lumpen und präsentiert beispielsweise zerkaute Genitalien, Penis(-Attrappen), sowie eine gehörige Portion Nacktheit, die sich mit den durchaus ordentlich getricksten Gewaltszenen vermischt. Und immer dann wenn Ferrin eine schwarzhumorigen Ansatz wählt und seine debilen „Titelhelden“ der Lächerlichkeit preisgibt, dann macht PIG KILLER durchaus Spaß.

Diese Ausschläge nach Oben sind allerdings nur punktuell, denn PIG KILLER hat auch ein großes Problem und das ist die Laufzeit, die geschlagene 122 Minuten beansprucht. Diese fallen größtenteils geschwätzig aus und bewegen sich in Sachen Figurenzeichnung und Dialogen eher auf Rob-Zombie-Niveau, es wird viel geflucht und die Lines sind generell sehr auf „edgy“ getrimmt, wirklich sympathisch ist hier niemand, auch wenn „Willie“ dank einiger debil komischen Momente eher zum Antihelden stilisiert wird. Das dürfte Angehörigen damaliger Opfer weniger schmecken, sorgt aber nach wie vor für die unterhaltsamsten Passagen eines etwas unausgegorenen Mischmaschs. Für eine Exploitation-Granate geht PIG KILLER nicht genügend in die Vollen, für einen klassischen True-Crime-Film wirkt das Alles nicht unbedingt seriös genug, zumal die Morde Pickmans kaum erklärt werden. Stattdessen muss die gute alte Küchenpsychologie herhalten, wurde der Schweinefarmer als Kind doch psychisch und sexuell von der Mutter malträtiert. Das Ende bleibt, trotz Foreschadowing, relativ antiklimatisch und dadurch unterwältigend.

Immerhin kreiert Chad Ferrin eine durchgehend schmutzige und räudige Atmosphäre. Das grobkörnige Bild, die verwaschenen Farben und die ranzigen Schauplätze sorgen für Unbehagen und Ekel und wenn der Abspann einsetzt, hat man durchaus das Bedürfnis unter die Dusche zu hüpfen. Dazu trägt auch Hauptdarsteller Jake Busey bei, der den Killer mit reichlich Spielfreude verkörpert und mit Abstand die beste Performance an den Tag legt. Die restliche Besetzung besteht aus B-Nasen wie Lew Temple und Michael „Ich drehe jeden Scheiß, solange die Gage stimmt“ Paré. Leider erweist sich auch Kate Patel als kein würdiger Gegenpol zu Busey, denn abseits ihrer äußeren Reize überzeugt sie leider wenig.

Uns lag zur Sichtung die Blu-ray vor, die den Film in der ungekürzten Fassung beinhaltet. Bild- und Tonqualität sind gut, wobei der Look des Films generell ein wenig rough und verwaschen ist, was nicht unbedingt förderlich für ein scharfes HD-Bild ist. Als Bonus ist ein Interview mit Darstellerin Ginger Lynn, der Trailer und eine Trailershow enthalten. Die Bonus-DVD im Mediabook enthält im Gegensatz zur Keep-Case-Version mehr Extras. Ein Wendecover gibt’s noch obendrauf.

Fazit:

PIG KILLER (2022) ist weniger differenzierter und psychoanalytischer True-Crime-Thriller, sondern ein nicht um Ekel verlegener Exploitationfilm mit einem gut aufspielendem Jake Busey und diversen unterhaltsamen Momenten. Getrübt wird das Ganze durch die schlechten Dialoge und die generell zu zerdehnte Handlung, die man auf 122 Minuten gestreckt hat. Für Genrefans dennoch einen Blick wert.

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