Normalerweise erwartet den Konsumenten eines Werkes aus der FULL MOON Schmiede putziger Trash rund um Killerspielzeuge, Däumlingspolizisten, mörderische Kifferutensilien oder ähnlichem Gedöhns. Umso erstaunter war ich bei der Sichtung dieser kleinen Genreperle, die damals unter der Regie des mittlerweile leider verstorbenen Stuart Gordon, der mit den Lovecraft Verfilmungen Re-Animator und From Beyond noch heute die Horrorgemeinde begeistert, entstand. Hier wagte der Meister sich an seine, nach eigener Aussage, Lieblingsgeschichte von Edgar Allan Poe. Herausgekommen ist dabei ein liebevoller B-Film mit erstaunlich guter Ausstattung. Was diesen Film aus der Vollmondschmiede aber erst so richtig besonders macht, erfahrt Ihr in unserer Kritik zur liebevollen Veröffentlichung von WICKED VISION DISTRIBUTION GMBH, die nach der Mediabook-Variante jetzt eine kostengünstigere Blu-ray-Special Edition herausbringen.

Alter deutscher Titel: Meister des Grauens

Regie: Stuart Gordon

Darsteller: Lance Henriksen, Rona De Ricci, Jonathan Fuller, Stephen Lee, Mark Margolis, Jeffrey Combs, Tom Towles, Oliver Reed

Artikel von Christian Jürs

Als ich noch ein Kind war, bereitete mir die 1961er Verfilmung der Edgar Allan Poe Geschichte Die Grube und das Pendel, die unter dem Titel Das Pendel des Todes lief und mit Horrorikone Vincent Price bestens besetzt war, eine scheiß Angst. Ein langsam nach unten schwindenges, rasiermesserscharfes Pendel, welches unaufhaltsam auf sein am Boden festgebundenes Opfer hinunterschwingt, war so ziemlich das Furchtbarste, was ich mir in meinem kindlichen Geist vorstellen konnte. Auch die wesentlich hanebüchenere deutsche Produktion Die Schlangengrube und das Pendel mit Lex Barker, Karin Dor und Christopher Lee war ein echter Horror für den kleinen Christian.

Mittlerweile bin ich abgehärtet, also wurde es mal wieder Zeit, sich seinen Dämonen zu stellen, als und Wicked Vision die Mediabookvariante vor drei Jahren zusandte. Damals, zur Videothekenzeit, hieß der Streifen noch Meister des Grauens und wurde lediglich zensiert veröffentlicht, was mir vorab geläufig war und mich davon abhielt, satte 9 DM Leihgebühr in den Film zu investieren. Diese Zeiten sind natürlich vorbei und Wicked Vision würde sich was schämen, zensierten Kram an seine Kunden weiterzugeben. Also rein mit der Blu-ray in den Player und ab geht´s.

Wir befinden uns im Spanien des Jahres 1492, wo der Großinquisitor Torquemada (Lance Henriksen) im Namen der katholischen Kirche fröhlich vermeintliche Hexen von seinen Mannen schänden und zu Tode quälen lässt. Ja, Kirche ist schon was Feines und immerhin bekam man damals für seine Kirchensteuer noch ein zünftiges Grillfest geboten. Statt Spanferkel gabs nur halt aufmüpfige Weiber. Waren solche nicht zur Stelle, taten es auch brave Ehefrauen.

Torquemadas neueste Wahl trifft auf die liebreizende Maria (Rona De Ricci), die glücklich mit Antonio (Jonathan Fuller) verheiratet ist. Doch der Großinquisitor fühlt sich zu der Dame hingezogen, ein Gefühl, welches er bislang nicht kannte und was ihn noch mehr in seiner Meinung bestärkt, dass es sich bei der verzweifelten Frau um ein Geschöpf des Teufels handeln müsse. Also muss Maria sich den handelsüblichen, sadistischen Hexenprüfungen stellen, sprich, sie wird gefoltert, um ein Geständnis ihrer Hexenherkunft zu erzwingen. Torquemada versucht derweil durch Geißelung, die unkeuschen Gedanken aus seinem Kopf zu vertreiben. Doch ewig lockt das Weib und so nützen alle Peitschenhiebe nichts; er ist ihr verfallen. Dies will ihr Ehemann natürlich nicht so einfach hinnehmen. Antonio versucht einen verzweifelten Rettungsversuch, welcher jedoch scheitert. So kommt es, dass er Bekanntschaft mit Torquemadas neuester, sadistischer Errungenschaft macht: dem Pendel des Todes…

Wie üblich im Hause Full Moon Entertainment stand nicht allzu viel Kohle zur Verfügung, um Stuart Gordons Traum einer gelungenen Verfilmung des berühmten Horrorstoffes gerecht zu werden. Doch immerhin konnte Charles Band satte 2 Millionen Dollar zur Verfügung stellen. Eine Summe, mit der er heute bestimmt vier Puppetmaster und drei Evil Bong Filme stemmen würde. Doch Meister des Grauens stammt nicht aus der Ära der Digitalhölle, sondern wurde noch auf Film gebannt, was die Kosten vervielfachte.

Trotz der verhältnismäßig geringen Kohle hat der Film aber einige Pluspunkte auf der Habenseite, die ihm gut zuspielten. Da wäre das großartige Setting, eine altes, italienisches Schloß, in dem die Crew drehen konnte. Auch die Kostüme, die ausschauen, als hätte man sie aus dem Requisitenfundus der letzten Prinzessin Fantaghiró Produktion gekramt, wissen zu überzeugen. Dass zudem ein Stuart Gordon in der Lage war, wenig Geld nach mehr aussehen zu lassen und er auch wirklich eine Vision verfolgte, spielt dem Film in die Karten.

Das A und O von The Pit and the Pendulum ist aber seine Besetzung, denn dort sind allerlei illustre Namen zu finden. So darf Gordons Stammdarsteller Jeffrey Combs, der bereits in Re-Animator und From Beyond in den Hauptrollen zu sehen war, hier ebenfalls nicht fehlen. Desweiteren gesellten sich Tom Towles (Henry – Portrait of a Serial Killer), Mark Margolis (Breaking Bad), Frances Bay (Blue Velvet) und Stephen Lee (War Games: Kriegsspiele) zur Besetzung hinzu.

Der wahre Star von The Pit and the Pendulum ist aber mit weitem Abstand Method Actor Lance Henriksen, der eine Performance abgibt, die so diabolisch böse ist, dass ich mich frage, wie cool er wohl als Terminator gewesen wäre, den er ursprünglich verkörpern sollte. Mit weitestgehend rasiertem Schädel spielte er den despotischen Kirchenmann nicht nur, er lebte die Rolle. Er ging sogar so weit, dass er auch außerhalb der laufenden Kameras nicht aus seiner Rolle herauskam und seine Kollegen dabei stark verängstigte. Lediglich einmal löste er sich von seinem Schauspiel, als Oliver Reed, der ebenfalls einen kleinen Part im Film übernahm, am Set auftauchte. Mit ihm wollte Henriksen einen Weintrinkwettbewerb bestreiten, wofür er seine selbst auferlegte Diät von Wasser und Brot unterbrach. Doch das Unterfangen stellte sich als keine gute Idee heraus, denn Reed, seines Zeichens Profialkoholiker, soff Lance Henriksen gnadenlos unter den Tisch. Stolz kann Reed, der stilecht tot vom Barhocker während einer Drehpause zu Gladiator fiel, auf diese Heldentat natürlich nicht sein. Sein Gesicht, welches nur spärlich unter einer Kardinalsrobe hervorragt, spricht Bände, schaut der Gute doch locker wie Mitte sechzig aus, obwohl er damals erst am Anfang seiner Fünfziger stand. Nichtsdestotrotz: Lance Henriksen spielt hier alles und jeden an die Wand. Punkt.

So kann sich The Pit and the Pendulum rühmen, wohl als einer der spannendsten Filme aus der Full Moon Entertainment Schmiede zu gelten, auch wenn Stuart Gordon ausgerechnet in der titelgebenden Pendelszene ein wenig das Ruder aus der Hand glitt, denn während dieses zunächst in Windeseile hinabschwingt, scheint es auf der Zielgeraden quasi auf der Stelle zu bleiben, nur, damit unser Held genug Zeit hat, der todbringenden Falle zu entrinnen. Doch das ist, bei allem Spaß den der Film bereitet, nebensächlich.

Bild (1,85:1 / 1080p) und Tonqualität (Deutsch und Englisch in DTS-HD Master Audio 2.0), bieten keinen Grund zur Klage. Legt man die Blu-ray ein, so bekommt man zunächst einen kurzen Gruß von Charles Band serviert. Außerdem beinhaltet das Bonusmaterial eine Featurette, eine Videozone-Ausgabe in Deutsch und Englisch, verpatzte Szenen, den Trailer und eine Bildergalerie. Wer zur alten Mediabook-Variante greift, erhält als besonderes Schmankerl den Soundtrack auf Bonus-CD. Das Booklet dieser Auflage stammt, Ihr ahnt es, von Christoph N. Kellerbach.

Doch egal ob Special Edition oder Mediabook: Diesmal dürfen auch nicht-Fans der Produktionsschmiede Full Moon hellhörig werden, da der Film weit über dem üblichen Niveau der meisten Charles Band Produktionen liegt. Mir hat er gut gefallen.

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