Dieser Titel! Schon in meiner Kindheit hatte ich den Titel irgendwo aufgeschnappt und nie wieder vergessen. Den Film hatte ich zwar nie gesehen, aber der Titel war sehr einprägend und mag auch mit einer der Gründe sein, warum mir Italo Western bis heute so gefallen. Die Titel sind einfach granatenstark und die Plakate gehören gerahmt an die Wand. Wer hat nicht schon einmal davon geträumt, diesen Titel einem Vordrängler in der Kassenschlange eines Discounters zuzurufen: „Vorsicht! In meiner Wut wieg ich vier Zentner!“ Eine ideale Antwort wäre dann womöglich „Na und?! Ich bin der Mann mit der Kugelpeitsche!“ So könnte man sich einen minutenlangen Wortwechsel mit Filmtiteln liefern, solange, bis der Drängler einem den Staub von den Stiefeln leckt. EXPLOSIVE MEDIA und PLAION PICTURES brachten den Film nun als deutsche Erstveröffentlichung auf Blu-Ray und DVD von einem brandneuen 2K-HD Master heraus.

Originaltitel: El karate el Colt y el impostor / Là dove non batte il sole

Regie: Antonio Marghereti

Darsteller: Lee van Cleef, Lieh Lo, Patty Shepard

Artikel von Kai Kinnert

Der reiche chinesische Bankier Wong stirbt bei einem Banküberfall in Kalifornien, als Dakota auch ihn ausraubt und ihm 1000 Dollar sowie vier Fotos von Frauen abnimmt. Die Familie Wongs befindet sich in China in der Gewalt eines Kriegsherrn, der all sein Geld Wong anvertraute, der es in Amerika gewinnbringend anlegen sollte. Um das Leben der Familie zu retten, begibt sich nun der junge Wang Ho nach Amerika. Eine aufgefundene Notiz eröffnet ihm, dass der Weg zu einem Schatz in chinesischen Buchstaben auf den Hintern von vier jungen Damen tätowiert sei, die Wong das Leben versüßten. Wang Ho befreit Dakota aus dem Gefängnis, in das dieser mittlerweile geworfen worden war, und macht sich mit ihm und unter Zuhilfenahme zahlreicher Tricks und nach einigen gefährlichen Abenteuern auf die Suche nach den vier Frauen.

Karamba, Karacho – Olé! Das war ja mal interessant! In meiner Wut wieg ich vier Zentner ist keine billige Produktion, mehr Geld hatte Antonio Margheriti wahrscheinlich nie wieder für einen seiner Filme zur Verfügung. Da die Shaw Brothers ihre Finger mit im Spiel hatten, war die Kasse prall gefüllt und etliches davon wanderte in die Ausstattung. Es gibt jede Menge Komparsen, verschiedene Straßenzüge, abwechslungsreiche Kulissen und ein bis in die Tiefe gefülltes Bild. Der Saloon ist riesig, vielfach besetzt und lädt zur Action ein. Die Kamera von Alejandro Ulloa ist super und das Licht vielschichtig gesetzt. Hier hatte man Zeit und Geld, und dank Antonio Margheriti gibt es zum Ende hin auch ein paar blutige Effekte. Leider ist es dann im Umkehrschluss auch Margheriti zu verdanken, dass der Film nun nicht der große Hit wurde, den sich die Shaw Brothers erhofft hatten. Mag die Ausstattung, Kamera und Besetzung auch on the top sein, so kann jedoch Margheriti seinen rumpeligen Inszenierungsstil nicht verbergen. Der Film wurde mit reichlich Kalauern versehen, dazu mit dem Sexismus damaliger Tage garniert und mit mäßig choreographierter Action abgerundet. Das darf man jetzt nicht falsch verstehen! In dem Streifen passiert ständig etwas, und die Sache macht auch von der ersten bis zur letzten Minute lang Spaß, allerdings bleibt Lieh Lo formvollendet hinter seinen Möglichkeiten zurück und so mancher Schlägerei sieht man einfach an, dass meilenweit vorbei geschlagen wurde. Die Shaw Brothers hatten sicherlich darauf gehofft, dass ihrem Star mehr Möglichkeiten zur Faustkampfentfaltung geboten wird, aber die Italiener hatten eben keine Erfahrung im Kung Fu Genre. Scheinbar hatten die Shaw Brothers vergessen, nicht nur Lieh Lo ein Flugticket nach Italien zu kaufen, sondern auch dem Kampfchoreographen. Dennoch gelingt Margheriti insgesamt die Symbiose aus Kung Fu Streifen und Italo Western, was eindeutig an der runden Ausstattung, den Drehorten und seiner Besetzung liegt.

Das Duo Lieh Lo und Lee van Cleef funktioniert gut, wobei Lieh Lo seine Rolle mit Sympathie spielt, Lee van Cleef hingegen phasenweise etwas derangiert wirkt. Es wird in dem Film reichlich Schnaps gesoffen und in der einen oder anderen Szene wirkt es, als hätte van Cleef auf echten Stoff in seinem Glas bestanden. Aber warum auch nicht, in vielen deutschen Theater gehört auch heute noch der Suff zum Spiel auf der Bühne mit dazu. Jan Fedder hat man teilweise in die Szenen des Großstadtreviers getragen, genau wie Belushi bei den Blues Brothers oder Thierry van Werveke in Knockin´ on heavens door. Dennoch ist auf van Cleef verlass gewesen und in der Szene, in der er betrunken im Saloon beim Glücksspiel sitzt, ist er nüchtern, was man gut an der konzentrierten Präzision sehen kann, mit der in die anschließende Actionszene übergeleitet wird. Dank seiner Erfahrung im Genre gelingt es ihm sogar, während des Schießens nicht zu blinzeln – ein kleines, aber feines Detail im Leben eines Schützen. Wer vom Schießen lebt, blinzelt nicht beim Abdrücken.

Das Drehbuch mag zwar eine Ansammlung zotiger Einfälle sein, dafür ist es aber klar strukturiert und sorgt für einen steten Fluss an unterhaltsamen Szenen. Die Action hat man in anderen Filmen auch schon besser gesehen, dafür aber unterhält sie mit dem gelungenen Mix aus Martial Arts und Gunfights, sowie ein paar blutigen Effekten. Lee van Cleef hat sich zwar hier und da das Drehbuch schöngesoffen, bringt aber am Ende seine Rolle mit nacktem Oberkörper auf den Punkt und findet in Lieh Lo einen sympathischen Filmpartner, der sich gut ins Setting einpasst. Dazu gesellt sich eine aufwändige Ausstattung, die von Alejandro Ulloa akkurat und mit detaillierter Lichtsetzung in Szene gesetzt wurde.

In meiner Wut wieg´ ich vier Zentner ist kurzweiliges Gute-Laune-Kino, das hier und da zwar scheitert, aber auch darin prächtig zu unterhalten weiß. Nun musste ich fast 50 Jahre darauf warten, diesen Titel meiner Kindheit endlich sehen zu können. Was soll ich sagen, für mich hatte es sich gelohnt. Ich hatte mich nicht eine Minute lang gelangweilt.

Das Bild der vorliegenden Blu-ray ist gut und sauber, der Ton ebenso. Als Extras gibt es einen Audiokommentar von Filmhistoriker Lee Broughton, den US-Kinotrailer, Unterschiede der italienischen und spanischen Fassung, Trailer und eine Bildergalerie.

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