Während es sich Aikido-Fettbacke Steven Seagal in Mütterchen Russland bequem macht und Jean-Claude van Damme zunehmend seltsamen Social-Media-Content veröffentlicht, der hin und wieder an der psychischen Stabilität des Belgiers zweifeln lässt, hält Schwedens Dampfwalze Dolph Lundgren weiterhin die Stellung, denn es gibt immer irgendwo eine Straight-to-DVD-Produktion zweiten (oder auch dritten) Grades, die sich nur zu gerne mit dem Antlitz des EXPENDABLES-Stars schmücken möchte. Und ja, ein neuer Lundgren-Klopper ist mit Sicherheit keine Sensation aber wenn der Actionrecke persönlich das Regiezepter schwingt, verbirgt sich hinter generischen Titeln wie THE DEFENDER (2004) oder COMMAND PERFORMANCE (2009) zumindest ordentliche B-Action-Ware. Das neueste Werk des ROCKY-IV-Fieslings trägt den Titel WANTED MAN (2024) und erscheint in Kürze über Eurovideo auf Scheibe. Ob auch dieser vom Western inspirierte Reißer einen nach langer Durststrecke mal wieder ordentlichen Eintrag in Dolphs Vita darstellt, erfahrt ihr in unserer Kritik.

Originaltitel: Wanted Man

Drehbuch: Dolph Lundgren, Michael Worth, Hank Hugues

Regie: Dolph Lundgren

Darsteller: Dolph Lundgren, Christina Villa, Roger Cross, Kelsey Grammer, Aaron McPherson, Michael Paré…

Artikel von Christopher Feldmann

Wahrscheinlich war so ziemlich jeder Fan klassischer Actionkost entzückt, dass es Dolph Lundgren nach jahrelanger Knechtschaft im Nu-Image-Sumpf Bulgariens geschafft hat, wieder einen Fuß in die Kinosäle dieser Welt zu bekommen. So reihte sich der Schwede nicht nur in Sylvester Stallones All-Star-Riege in THE EXPENDABLES (2010) ein, sondern durfte auch seine Paraderolle als russischer Schlagetot „Ivan Drago“ in CREED II (2018) aufleben lassen. Auch eine Nebenrolle im DC-Blockbuster AQUAMAN (2018) sorgte für etwas Reputation. Wahnsinnig viel geholfen hat es allerdings nicht und auch wenn er in AQUAMAN AND THE LOST KINGDOM (2023) erneut zu sehen war, wirklich Interesse hervorrufen konnte der müde Abgesang auf das kläglich gescheiterte DCEU am Ende nicht. Auch THE EXPENDABLES 4 (2023) erwies sich als filmische Bankrotterklärung, bei der Lundgren nur noch als Staffage diente. So müssen treue Anhänger Dolphs in Zukunft wieder ins DVD-Regal greifen, um ihren Helden in Aktion zu sehen und auch da sah es in den vergangenen Jahren eher mau aus. Die Filme wurden immer günstiger, Lundgrens Teilnahme reduzierte sich teilweise auf etwas bessere Gastauftritte. Lediglich in seinen Regie-Projekten, bei denen er selbstverständlich auch die Hauptrolle inne hat, scheint das Feuer noch lodern. Auch WANTED MAN (2024) profitiert durch die Erfahrung und das gereifte Charisma des Allrounders, was etwas darüber hinwegtröstet, dass auch ein Dolph Lundgren mittlerweile altersbedingt kleinere Brötchen in Sachen Action backen muss.

Handlung:

Mike Johansen (Dolph Lundgren) ist ein eigensinniger und in die Jahre gekommener Polizist, dessen veraltete Methoden seiner Abteilung in letzter Zeit jede Menge Ärger eingebracht haben. Um seinen Job und das Image der Behörde zu retten, wird er nach Mexiko geschickt, um die einzige Augenzeugin (Christina Villa) an dem Mord zweier DEA-Agenten in die Staaten zu schleusen. Dort angekommen, stellt er fest, dass er nicht nur seine verstaubten Ansichten in Frage stellen muss, sondern dass es plötzlich auch jede Menge Killer auf ihn und seine Zeugin abgesehen haben. Wem kann er jetzt noch trauen?

Seit 2006 hat Lundgren laut eigener Aussage WANTED MAN in der Pipeline, man könnte fast schon von einer Art Herzensprojekt sprechen. Warum der Actionstar gerade diese Geschichte all die Jahre mit sich herumtrug, lässt sich indes nur schemenhaft erahnen. Wahrscheinlich ist es Tatsache, dass es sich bei dem Protagonisten um einen rassistischen, grenzüberschreitenden Polizisten handelt, der im Verlauf der Handlung an eine Mexikanerin gerät, die ihm aus der Patsche hilft, was eine Art Läuterung in Gang setzt. Das ist zumindest ein Story-Baustein, der heute aktueller denn je ist, doch wir befinden uns immer noch in einem B-Actionstreifen mit Dolph Lundgren in Personalunion als Hauptdarsteller, Drehbuchautor und Regisseur und nicht in einem politischen Grenzdrama. Das wusste der Macher vermutlich auch selbst, weswegen der ethnische und politische Kontext natürlich keinen allzu großen Raum einnimmt. Die Läuterung von „Mike Johansen“ findet mehr oder weniger im Vorbeigehen statt, das Bonding zwischen ihm und der gejagten „Rosa“ ist lediglich ein Lippenbekenntnis.

Stattdessen erzählt WANTED MAN die alte Laier von der Augenzeugin, die zu viel gesehen hat und nun auf der Abschussliste korrupter Cops steht, wobei ihr natürlich nur der grantige aber immerhin rechtschaffende Polizist beisteht, der sie eigentlich über die Grenze zum Verhör bringen sollte. Eine Geschichte, die man schon im Dutzend billiger gesehen hat und der auch Lundgren mitsamt seiner zwei Co-Autoren nichts Neues abgewinnt. Einer jener Schreiberlinge ist übrigens Kampfsportler und Videothekengesicht Michael Worth, bekannt für Meisterwerke wie KARATE TIGER 7 – TO BE THE BEST (1993) oder den wirklich sehenswerten Klopper U.S. SEALS II: THE ULTIMATE FORCE (2001).

Entsprechend generisch gestaltet sich der Film auf dem Papier, die beiden Hauptfiguren erwehren sich den Angriffen von Gegnern, um möglichst unbeschadet über die Grenze zu kommen, bis gen Ende die wahren Übeltäter, die zu Beginn mit der Ermordung von DEA-Agenten die ganze Nummer in Gang setzen, entlarvt werden. Um wen es sich dabei handelt, kann man sich schon anhand der Besetzungsliste zusammenreimen. Die beinhaltet neben Dolph Lundgren auch FRAISER-Star Kelsey Grammer und der sich für nichts zu schade scheinende Michael Paré. Immerhin muss man der Besetzung zugestehen, dass sie einen guten Job machen. Ja, die Dialoge sind natürlich eher zweckdienlich, dennoch überzeugt vor allem Christina Villa in der weiblichen Hauptrolle und auch Lundgren macht seine Sache gut. Der schwedische Mime profitiert durch sein Charisma, das besonders im Alter dazugewonnen hat.

Dennoch muss man auch schweren Herzens feststellen, dass der gute Dolph alt geworden ist. Der Körper ist längst nicht mehr so gestählt wie früher und auch nicht mehr so gelenkig, das Bein will auch nicht mehr wirklich hoch. Dass ihm sein Fußgelenk seit vielen Jahren zu schaffen macht, ist bekannt und auch seine kürzlich öffentlich bekannt gewordene Krebserkrankung tat ihr übriges aber das scheint dem Actionstar bewusst gewesen zu sein. Körperlich nimmt er sich zurück, wer auf amtliche Prügeleien hofft, guckt in die Röhre, stattdessen macht die Arbeit das Schießeisen. Die Action ist spärlich gesät aber immer wenn es los geht, zeigt sich Lundgrens Talent als Regisseur. Die Shootouts sind wuchtig, der Schnitt sitzt und statt CGI-Blut spritzt noch der handgemachte Kunstlebenssaft. Generell sieht WANTED MAN trotz Schnürsenkelbudget und überschaubarem Produktionsvolumen wirklich wertig aus. Atmosphärische Landschaftsaufnahmen, hitzige Bilder und harte Typen sorgen für eine angenehme Westernstimmung und weil Lundgren wahrscheinlich genau wusste, was er tat, dauert die Chose gerade einmal 80 Minuten. Das ist Effizienz.

Eurovideo veröffentlichte den Film bereits digital und demnächst auch auf Scheibe. Uns lag die Blu-ray vor, Bild und Ton sind einwandfrei, als Extra gibt’s den Trailer, sowie ein Wendecover ohne FSK-Flatschen.

Fazit:

WANTED MAN (2024) ist mit Sicherheit kein Stern am B-Actionhimmel aber ein ordentlich gemachter und nach langer Zeit mal wieder guckbarer Lundgren-Film, der trotz sichtlichen Alterserscheinungen immer noch eine gute Figur macht. Fans knackiger Randale werden nicht unbedingt auf ihre Kosten kommen, Fans von Dolph werden das Ding zu goutieren wissen.

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