Der Hund ist des Menschen bester Freund, zumindest wenn es nach Frankreichs Star-Regisseur Luc Besson geht. Der in den vergangenen Jahren von Misserfolgen und Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs gebeutelte Filmemacher meldete sich im vergangenen Herbst mit einem neuen Werk zurück, mit dem der eher für actionorientierte Kost bekannte Besson überraschend ernste Töne anschlägt. DOGMAN (2023) erzählt nämlich die Geschichte eines von Misshandlung geprägten Mannes, der mithilfe seiner vierbeinigen Freunde zum schillernden Gauner aufsteigt. Ob es sich bei der ungewöhnlichen Mischung aus Drama, Thriller und schwarzer Komödie, die von Capelight Pictures u.a. als Media- und Steelbook veröffentlicht wurde, lediglich um ein JOKER-Rip-Off handelt oder doch um ein veritables Regie-Comeback, erfahrt Ihr in unserer Kritik.

Originaltitel: Dogman

Drehbuch & Regie: Luc Besson

Darsteller: Caleb Landry Jones, Jojo T. Gibbs, Christopher Denham, Clemens Schick, John Charles Aguilar, Grace Palma, Iris Bry…

Artikel von Christopher Feldmann

Egal wie man zu seiner Person stehen mag, Luc Besson ist mit Sicherheit einer der bekanntesten und renommiertesten Filmemacher Europas. Vor allem in den 1990er Jahren schuf der Regisseur, Produzent und Drehbuchautor, der mit SUBWAY (1985) und IM RAUSCH DER TIEFE (1988) erste Aufmerksamkeit erregen konnte, gleich drei Filme, die als wegweisend zu bezeichnen sind. NIKITA (1990), in dem eine junge Frau zur Auftragsmörderin ausgebildet wird, war in seinem Erscheinungsjahr der erfolgreichste französische Spielfilm und etablierte eine Story, die seit jeher immer wieder aufgegriffen wird. LÉON – DER PROFI (1994) gilt mittlerweile ohnehin als unantastbarer Klassiker und mit DAS FÜNFTE ELEMENT (1997) schuf Besson einen Science-Fiction-Kultfilm, der auch international zum Hit avancierte. Mit seiner im Jahr 2000 gegründeten Produktionsgesellschaft EuropaCorp zeichnet er sich für zahlreiche Erfolge vor allem im Genre des Actionfilms verantwortlich und mit ARTHUR UND DIE MINIMOYS (2006), sowie dessen Fortsetzungen, bewies Besson auch sein Händchen für leichte Familienunterhaltung.

In den letzten Jahren machten sich aber mehr und mehr Flops breit. Die immergleichen Actionthriller aus der EuropaCorp-Schmiede fanden immer weniger Anklang beim Publikum und auch der vom Chef persönlich inszenierte Science-Fiction-Film VALERIAN – DIE STADT DER TAUSEND PLANETEN (2017) blieb hinter den Erwartungen zurück, ebenso wie der Actionfilm ANNA (2019), mit dem Besson nochmal auf die altbewährte NIKITA-Formel setzte. Mit dem nun im Heimkino erhältlichen DOGMAN (2023) sollte wieder an frühere Erfolge angelknüpft werden, die Rechnung ging bei den eher mageren Einspielergebnissen allerdings nicht auf. Und trotzdem besitzt das tonal ziemlich unausgegorene Charakterportrait irgendwie seinen Reiz und einen gewissen Unterhaltungswert, wenn auch nicht immer aus den richtigen Gründen.

Handlung:

Bei einer Verkehrskontrolle wird Doug (Caleb Landry Jones), blutverschmiert und im Abendkleid, am Steuer eines Lastwagens voller Hunde aufgegriffen und festgenommen. Beim Verhör auf der Polizeiwache berichtet er über Ereignisse, die so schockierend sind, dass sie jegliche Vorstellungskraft sprengen.

Luc Besson war nie ein Mann der leisen Töne oder der dezenten Inszenierung. In seinen Filmen ging es vor allem immer laut und knallig, meist auch etwas überzeichnet zur Sache. Filme können von diesem Stil durchaus profitieren oder auch schwer darunter leiden, auf DOGMAN trifft überraschenderweise beides zu. Der Film erzählt im Grunde das Leben des Protagonisten „Doug“, der als Kind auf übelste Art und Weise vom eigenen Vater misshandelt wurde, während sich die Mutter wegduckte und irgendwann die Biege machte. Wie aus dieser geschundenen Seele das zu Beginn in Drag gekleidete, blutverschmierte und mit einer ganzen Wagenladung Hunde im Laster aufgegriffene Mash-up aus dem „Joker“ und „Cruella DeVille“ bei Wish bestellt wurde, bildet die erzählerische Klammer des Films, durch den uns „Doug“ beim Verhör höchstpersönlich führen darf. Dies weckt beim geneigten Zuschauer natürlich schon mal Interesse, allerdings verzettelt sich Besson mit seiner Dramaturgie.

Insgesamt macht das Ganze den Anschein, als hätte sich der Regisseur vorgenommen auch einen so durchschlagenden Hit wie JOKER (2019) zu landen. Doch wie schon Todd Phillips kratzt auch Besson nur an der Oberfläche und stützt sich bestenfalls auf schale Küchenpsychologie aus der Apotheken-Rundschau. Getreu dem Motto „wem viel schlechtes passiert, muss zwangsläufig zum Sonderling oder gar zum Bösewicht werden“ lässt der Film seine Hauptfigur durch die Hölle gehen. „Doug“ wird wie ein Hund im Zwinger gehalten, geschlagen, das Essen entzogen und, nachdem ihn die Mutter bereits verlassen hat, durch einen Schuss die Bewegungsfreiheit genommen. Besson inszeniert das derart überspitzt, dass man es nur schwer ernst nehmen kann. Das passt aber auch zum Rest des Films, in dem der Protagonist in einer Einrichtung für Waisen Shakespeare nachspielt und später in einer Travestieshow als Marlene-Dietrich-Double auftritt, während er als ehemaliger Tierheim-Mitarbeiter Hunde befehligt, die nachts den Schmuck reicher Villen-Besitzer stehlen. Ja, DOGMAN ist ziemlich abgefahren und man weiß nie so wirklich, wo der Film eigentlich hin möchte. Zu willkürlich wirkt die Mischung aus Misery-Porn, Sozialdrama, Heistfilm (mit Hunden), queerer Komödie und fiktionaler Biografie.

Auch inszenatorisch setzt Besson immer wieder sowohl auf ruhige als auch tragische Momente, die sehr bedächtig bebildert sind und in der nächsten Szene auf schnelle Schnitte und eine grelle Ästhetik. Dass „Doug“ in Frauenkleidern aufgeht, ist der Tatsache zu verdanken, dass er stets von Frauen im Stich gelassen wurde, was natürlich der älteste Kniff überhaupt sein dürfte. Im Grunde ist DOGMAN totaler Quatsch, allein aufgrund der Tatsache, dass die Hunde im Film plötzlich und ohne sichtbares Training die komplexesten Aufträge mühelos ausführen können. „Doug“ mutet nach zwei Dritteln zudem fast schon wie eine Art Superschurke an, als wäre das Drehbuch mal eine Art Origin-Story für den nächsten weirden Bösewicht in irgendeiner absurden Comicverfilmung gewesen. So weiß man auch nie so recht, ob man mit „Doug“ Mitleid haben, ihn sympathisch oder gar creepy finden soll.

Tatsächlich spielt Caleb Landry Jones seinen Part wie der „Joker“ oder ein x-beliebiger Serienmörder. Es könnte auch die Geschichte von „Buffalo Bill“ sein und wenn Jones während seines Verhörs der gegenübersitzenden Polizistin erklären würde, dass er ihr gerne die Haut abziehen möchte, würde man es als Zuschauer auch einfach so hinnehmen. Generell ist das Verhörszenario als roter Faden für die Geschichte weniger gut geeignet, weil somit sehr viel Exposition im Dialog geschieht. Es ist am Ende lediglich Jones geschuldet, dass man irgendwie hängenbleibt, spielt dieser seine Rolle doch hervorragend, mit der richtigen Mischung aus überkandidelt und ernst, so dass er der große Anker der Geschichte ist. Der Rest ist irgendwo Kraut und Rüben, der aufgrund Bessons Inszenierung allerdings auch zu unterhalten weiß. DOGMAN wurde von Kritikern teilweise gelobt aber auch oft verrissen, die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte.

Capelight Pictures veröffentlichte den Film kürzlich als Collector’s Edition im Mediabook, inklusive 4K-Scheibe, sowie als 4K-Steelbook, Blu-ray, DVD und natürlich auch digital. Bild- und Tonqualität der UHD-Blu-ray sind erwartungsgemäß erste Sahne, in den Extras finden sich mehrere Featurettes, ein Musikvideo und zwei Trailer. Das Mediabook verfügt zudem über ein 24-seitiges Booklet.

Fazit:

Luc Besson gelang mit DOGMAN (2023) nicht das erhoffte Regie-Comeback, sondern ein allenfalls unterhaltsamer aber tonal völlig abgefahrener Genremix, der das Publikum spaltet. Zumindest langweilig wird der Film zu keiner Zeit.

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