Wir wären nicht bei „Best Worst Sequels„, wenn wir uns nur dem Videothekenschund vergangener Tage widmen und unsere Aufmerksamkeit nicht auch den auf den ersten Blick hochwertigen Kinoproduktionen, die so richtig gegen die Wand gefahren wurden, schenken würden. Dieses Mal ist es die zweite Kategorie, die uns ein wahres Sahnestückchen auf dem Tablett serviert, nämlich BASIC INSTINCT 2 (2006), hierzulande mit dem Zusatz NEUES SPIEL FÜR CATHERINE TRAMELL garniert. Eine Fortsetzung, deren Existenz die meisten wohl (teilweise absichtlich) vergessen haben dürften und mit der der Comeback-Versuch von Vorzeige-Femme-Fatale Sharon Stone so richtig in die Binsen ging. Welche Geschichte hinter dieser Erotikthriller-Gurke steckt, erfahrt ihr im Artikel.
Originaltitel: Basic Instinct 2
Drehbuch: Leora Barish, Henry Bean
Regie: Michael Caton-Jones
Darsteller: Sharon Stone, David Morrissey, David Thewlis, Charlotte Rampling, Hugh Dancy, Indira Varma, Terence Harvey…
Artikel von Christopher Feldmann
Wir schreiben das Jahr 1992. Clint Eastwoods oscarprämierter Spätwestern ERBARMUNGSLOS (1992) startet in den Kinos, Tim Burton kommt mit BATMANS RÜCKKEHR (1992) um die Ecke, mit WAYNES’S WORLD (1992) erblickt eine Kultkomödie das Licht der Welt, Steven Seagal feiert mit ALARMSTUFE: ROT (1992) den größten Hit seiner Karriere und Quentin Tarantino liefert sein Regiedebüt RESERVOIR DOGS (1992) ab. Doch all diese sehenswerten bis meisterhaften Werke müssen sich in Sachen mediale Aufmerksamkeit Paul Verhoevens skandalträchtigem Erotikthriller BASIC INSTINCT (1992) geschlagen geben. Das lustvolle und auch hochspannende Katz-und-Maus-Spiel zwischen dem heruntergekommenen Cop „Nick Curran“, gespielt von Michael Douglas, und der von Sharon Stone dargestellten, manipulativen Femme Fatale „Catherine Tramell“ rief zahlreiche Proteste mehrerer Schwulen- und Lesbenvereinigungen hervor und sorgte aufgrund der freizügigen Sexszenen für Schlagzeilen, besonders Stones legendärer Beinüberschlag ging in die Filmgeschichte und Popkultur ein. Finanziell avancierte BASIC INSTINCT zum Megahit und spielte bei Produktionskosten von ca. 50 Millionen US-Dollar mehr als 350 Millionen wieder ein.
Dabei sollte man den Film nicht nur auf seine Freizügigkeit und elaborierten Sexszenen reduzieren. Verhoeven kreierte auf Basis des Drehbuchs von Joe Eszterhas einen fantastischen Mix aus Erotikthriller und Neo-Noir-Krimi, der besonders durch seine Atmosphäre und dem Zusammenspiel seiner Hauptdarsteller besticht und zwei Stunden zu fesseln vermag. Im Grunde ein nahezu perfektes Werk und in meinen Augen der beste US-Film von Verhoeven, bei dem es mit Sicherheit keiner Fortsetzung bedurfte. Doch Filmproduzenten und eine von Flops gebeutelte Sharon Stone sahen das allerdings anders und nach mehreren Jahren in der Produktionshölle erblickte 2006 BASIC INSTINCT 2 das Licht der Welt und gnadenlos baden. Nicht nur Kritiker zerrissen den mauen Aufguss in der Luft, auch das Kinopublikum strafte den Streifen gnadenlos ab und sorgte dafür, dass das neue Intrigenspiel von „Catherine Tramell“ zum Flop geriet, in den USA waren nicht mehr als lumpige sechs Millionen US-Dollar drin. Nach nunmehr 16 Jahren stellt sich natürlich die Frage, ob dem Film bei Erstveröffentlichung vielleicht unrecht getan wurde oder sich hinter BASIC INSTINCT – NEUES SPIEL FÜR CATHERINE TRAMELL doch ein zumindest solider Krimi verbirgt. Die Antwort darauf ist allerdings schlicht und ergreifend…Nein!
Handlung:
Die attraktive und nicht mit ihren Reizen geizende Kriminalautorin Catherine Tramell (Sharon Stone) gerät nach 14 Jahren wieder mit dem Gesetz in Konflikt. Diesmal jedoch in London. Und auch Scotland Yards charismatischer Kriminalpsychologe Dr. Michael Glass (David Morrissey) verfängt sich, wie damals sein Vorgänger Nick Curran, in ihrem gefährlichen Netz aus Sex, Lügen und tödlicher Raffinesse, als er den mysteriösen Tod eines Profisportlers aufzuklären versucht.
Die Produktion von BASIC INSTINCT 2 zog sich über mehrere Jahre. Bereits im Jahr 2000 befand sich der Film in der Planung, allerdings machte Michael Douglas, der im Original in der männlichen Hauptrolle zu sehen war, einen Rückzieher ohne ein Drehbuch gelesen zu haben, alleine schon weil er sich zu alt fühlte, um heiße Sexszenen zu drehen. Auch Paul Verhoeven war nicht an der Fortsetzung interessiert, lediglich Sharon Stone war gewillt ihre Paraderolle wieder aufzunehmen. Da die Schauspielerin seit Martin Scorseses CASINO (1995) (der ihr eine Oscarnominierung einbrachte) keine nennenswerten Erfolge mehr verbuchen konnte, zeigte sie sich offen für das Projekt, natürlich in Hinsicht auf ein Comeback. Allerdings gestaltete sich die Suche nach einem männlichen Hauptdarsteller und einem geeigneten Regisseur als schwierig. Für die Inszenierung waren zeitweise sowohl Jan De Bont, der für die Kamera bei BASIC INSTINCT verantwortlich war, als auch John McTiernan und David Cronenberg im Gespräch. Für den Spielpartner Stones klopfte man an die Türen halb Hollywoods und trat an Stars wie Benicio Del Toro, Jude Law, Viggo Mortensen, Gabriel Byrne und Ewan McGregor heran, die allesamt ablehnten, ebenso wie Kurt Russell, der sich unwohl hinsichtlich der Nacktszenen fühlte und Pierce Brosnan, der als damaliger Bond-Darsteller gute Gründe hatte, nicht in diesem Film aufzutreten. Benjamin Bratt war Hoch im Kurs, wurde aber von Stone mit der Begründung abgelehnt, er sei ein zu schlechter Schauspieler und zwischenzeitlich sollte die Rolle an Robert Downey Jr. gehen, der aber nach Bekanntwerden seiner Drogenprobleme nicht ans Set, sondern ins Kittchen wanderte.
Das Projekt kam im Jahr 2001 zum Stillstand, allerdings verklagte Sharon Stone die Produzenten, mit der Begründung, man habe ein Pay-or-Play-Agreement, der ihr ihre Gage zusichere, egal ob der Film gedreht wird oder nicht. Man einigte sich außergerichtlich im Jahr 2004 und prompt kam BASIC INSTINCT 2 wieder ans Tageslicht, mit Stone in der Hauptrolle und den ehemaligen Carolco-Chefs Andrew Vajna und Mario Kassar als Produzenten. Allerdings erwies sich der Film als kommerzieller wie künstlerischer Misserfolg, den der Regisseur Michael Caton-Jones wie folgt beschreibt: „I was completely broke and had to take anything that came in. Basic Instinct 2 was this poisoned chalice that had been passed around and eventually it arrived at my door. I re-read the script and knew I had to redo it. I later learned the script had been around Hollywood for years, and the movie was a deal-film, which means that nobody really gives a monkey how it turns out, but a lot of people make a lot of money as soon as it’s made. It was a disaster. I wanted to get out, but I’d have been sued to death.“
Es sind genau diese Worte, an denen man die Defizite von BASIC INSTINCT 2 erkennen kann. Der Film war ab einem gewissen Punkt lediglich ein Projekt, das gemacht werden musste, auch wenn niemand mehr wirklich mehr Bock darauf hatte. Mit Ausnahme von Sharon Stone, die sich nochmal mit Allem was der Schönheitschirurg und Personaltrainer möglich machten, in die Rolle ihres Lebens schmiss. Ja, auch wenn die Aktrice mit Häme überzogen und u.a. mit der goldenen Himbeere für die schlechteste Schauspielleistung bedacht wurde, sie gibt sich dennoch Mühe, mit ihren damals 48 Jahren an ihre Glanzleistung von 1992 anzuknüpfen. Allerdings sind die Dialoge, die Frau Stone aufsagt größtenteils gequirlter und unfreiwillig komischer Käse und auch das Drehbuch selbst übertreibt es maßlos mit Glorifizierung Catherine Tramells zum männerfressenden Vamp. Von der mysteriösen, fast schon sirenenartigen Aura, die die Figur im Original umgibt, ist schlicht nichts mehr übrig, stattdessen poltert „Catherine Tramell“ mit platten, obszönen Sprüchen durch die Szenerie und büßt damit maßlos an Faszination ein. Zudem macht sich bei Stone eine gewisse äußerliche Künstlichkeit bemerkbar, weshalb die Figur einfach nicht mehr richtig funktionieren will.
Dabei ist Sharon Stone, die hier sicher keine verkannte Oscar-Performance abliefert, nicht das größte Problem. Es ist Hauptdarsteller David Morrissey, der in nicht mal im geringsten Ansatz mit der Präsenz eines Michael Douglas mithalten kann und dessen Figur wie auch dessen Schauspiel derartig langweilig ist, dass er seine „Gegenspielerin“ völlig unterliegt. Im Original inszenierte Verhoeven zwei starke, interessante Charaktere, bei denen man das Feuer richtig spüren konnte. In BASIC INSTINCT 2 ist das nicht einmal ein popeliges Tischfeuerwerk. Dazu kommt noch das andere, durchaus charismatische Schauspieler wie David Thewlis als „Roy Washburn“ und Charlotte Rampling „Dr. Gardosh“ völlig unterfordert bleiben und man sich die ganze Zeit fragt, was die Beiden geritten hat, in dieser Gurke mitzuwirken.
Generell wirkt der Plot willkürlich und wie ein müder Aufguss des Originals, nur in einem anderen Setting verortet. „Catherine Tramell“ bekommt abermals Probleme mit dem Gesetz, bezirzt den nächsten „Ermittler“ (in diesem Fall ein Psychotherapeut), der der Blondine natülich verfällt und schnurstracks passieren ein paar Morde und es ist nie wirklich klar, ob die Schriftstellerin, die natürlich alle Ereignisse in ihrem neuen Buch niederschreibt, nun eine Mörderin ist oder nicht. Das Original bot mit seinem Ende einen gewissen Interpretationsspielraum, beim zweiten Mal ist die Nummer dann einfach nur noch banal. Man sieht und hört in jeder Filmminute, dass das Skript notdürftig zusammengeschustert und mehrfach umgeschrieben wurde und auch die Filmmusik, die lediglich Motive aus Jerry Goldsmiths Score zitiert, bleibt langweilig. Lediglich das London-Setting hat ein paar optische Schmankerl zu bieten, die aber nie so zur Geltung kommen wie das San Francisco aus Verhoevens Klassiker. Regisseur Michael Caton-Jones inszeniert BASIC INSTINCT 2 bewusst in Hochglanzoptik, nimmt dem Thriller dabei aber jede Form von Atmosphäre, wirkt Alles doch viel zu clean. Tatsächlich sieht das Ganze nicht unbedingt wie ein Kinofilm, sondern wie eine (ordentliche) Direct-to-Video-Produktion aus, die sich auch zu jeder Zeit so anfühlt, als hätte man sie für den schnellen Umsatz an der Ladentheke konzipiert.
Auch die Sexszenen beschränken sich auf belangloses Knattern und erzeugen nie die Form von prickelnder, schwitziger Erotik, die zwischen Stone und Douglas herrschte. 1992 noch eine großes Ding, lockten die freizügigen Momente 2006 niemanden mehr hinter dem Ofen hervor, dem Internet sei Dank. Natürlich kann man auch hier ein paar nackte Tatsachen begutachten, an den legendären Beinüberschlag aus BASIC INSTINCT kommen diese jedoch zu keiner Zeit heran. Am Ende bleiben lediglich eine zumindest bemühte Sharon Stone, eine Handvoll Sprüche und die musikalischen Zitate aus dem Original übrig, das Alles ist aber viel zu wenig, um die zwei Stunden Lebenszeit zu rechtfertigen, die man als Zuschauer aufbringen muss. BASIC INSTINCT 2 ist leider nicht mal trashig, doof oder gar schmierig genug, um wenigstens als eine Art „Guilty Pleasure“ zu funktionieren. Der Film ist einfach ein belangloses Stück Film, nach dem Niemand gefragt hat und für den sich auch 18 Jahre später so gut wie niemand mehr interessiert.
Fazit:
BASIC INSTINCT – NEUES SPIEL FÜR CATHERINE TRAMELL (2006) als schwache Fortsetzung zu bezeichnen, klingt eigentlich noch zu positiv. Zwar ist der maue, lahm inszenierte und wenig prickelnde Erotikthriller auch nicht die absolute Vollkatastrophe, zu der er gerne gemacht wird, als spannender Krimi taugt der Streifen aber ebenso wenig wie als Wichsvorlage für Stone-Fans. Ein Sequel, das man sich gleich hätte klemmen können.
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