Fragt man die meisten Filmfans nach der besten Stephen King-Verfilmung, erhält man meist entweder die Antwort Shining und/oder Die Verurteilten. Manchmal lautet die Antwort auch Carrie – Das Satans jüngste Tochter oder, aufgrund der markanten Schlusspointe, manchmal auch Der Nebel. Keine Frage, allesamt sind dies tolle Filme, doch mein Herz schlägt für zwei andere Werke. Und so hat diese Verfilmung der Kurzgeschichte Die Leiche, der SONY PICTURES / PLAION PICTURES jetzt ein 4K-Steelbook spendierten, die Nase ganz weit vorn, prägte mich die wunderschöne Coming-of-Age-Geschichte doch damals bereits als Kind/Teenager nachhaltig. Welches die andere Verfilmung ist, verrate ich Euch in dieser Kritik ebenso, wie den Grund, warum ich kein abschließendes Fazit zur UHD-Variante geben kann.
Originaltitel: Stand by me
Regie: Rob Reiner
Darsteller: Wil Wheaton, River Phoenix, Corey Feldman, Jerry O´Connell, Kiefer Sutherland
Artikel von Christian Jürs
Rob Reiner ist nicht nur ein toller Schauspieler (u.a. The Wolf of Wall Street), er ist vor allem auch ein grandioser Regisseur, der viele meiner Lieblingsfilme inszenierte. Ob der frühe John Cusack-Spaß Der Volltreffer, die Romanze An Deiner Seite, in der man Bruce Willis einmal gefühlvoll erleben durfte, die oscarprämierten Thriller Eine Frage der Ehre und Misery, das Fantasy-Märchen Die Braut des Prinzen oder Harry und Sally, die RomCom schlechthin – Reiner bewies stets ein Händchen für gute Filmstoffe. Ganz besonders herzlich geriet seine Fabel vom Erwachsenwerden, die auf einer Kurzgeschichte von Horrormeister Stephen King basiert.
Wir schreiben das Jahr 1959 in Castle Rock, Oregon. Der Sommer neigt sich dem Ende und für die vier Freunde Gordie (Wil Wheaton), Chris (River Phoenix), Teddy (Corey Feldman) und Vern (Jerry O´Connell) stehen an einem Wendepunkt in ihrem Leben. Die Grundschule ist vorbei und auch die Kindertage sind gezählt. Die Pubertät steht vor der Tür, doch das haben die vier Jungs noch nicht realisiert. Sie alle haben ihr persönliches Kreuz zu tragen. Chris leidet unter den Vorurteilen, die sein krimineller Bruder Ace (Kiefer Sutherland) im Ort gegenüber seiner Familie geschürt hat. Teddy hat einen Vater, der seine Kriegserlebnisse nicht verkraftet hat und aufgrund häuslicher Gewalt in der Psychiatrie gelandet ist. Während Verns größtes Problem der Verlust seiner vergrabenen Pennies ist, hat Gordie das schwerste Los von allen zu tragen.
Sein Bruder Denny (John Cusack), ein aufblühender Footballstar, kam bei einem tragischen Autounfall ums Leben. Die Eltern haben den Verlust nicht verkraftet und schenken dem verbliebenen Sohn und seiner Leidenschaft, Schriftsteller zu werden, keinerlei Beachtung. Lediglich seine Freundschaft zu den anderen Jungs bietet Gordie halt. Insbesondere Chris, der so etwas wie ein Ersatzbruder für ihn ist, steht ihm in der Not bei, obwohl er selbst mit schweren (und falschen) Anschuldigungen zu kämpfen hat. Durch Zufall erfährt Vern, dass ein vermisster Junge im Wald von einem Zug erfasst wurde. Seine Leiche wurde von den Laufburschen der Gang von Ace Merill entdeckt. Diese können, aufgrund ihrer kriminellen Machenschaften, den Fund jedoch nicht melden. Vern aber erzählt seinen Freunden von der Leiche, woraufhin die sich aufmachen, einen toten Jungen zu finden und zu melden, um als Helden gefeiert zu werden.
Was Rob Reiner hier aus der King´schen Kurzgeschichte Die Leiche gezaubert hat, kann man ohne Einschränkung als kleines Meisterwerk bezeichnen. Stephen King selbst soll dem Regisseur nach einer Privatvorstellung in die Arme gefallen sein vor Begeisterung und den Film als beste Verfilmung seines Stoffes bezeichnet haben. Zu Recht, findet doch so ziemlich jeder von uns Eigenschaften der heranwachsenden Protagonisten in seiner eigenen frühen Jugend wieder. Doch bei aller Melancholie kommen hier Humor und auch Spannung nicht zu kurz. Wenn die Kinder den Weg über die Eisenbahnbrücke wählen und der Zug von hinten angerauscht kommt, bleibt dem Zuschauer zu Recht der Atem stocken.
Die getroffene Darstellerwahl war geradezu visionär. River Phoenix (My own private Idaho) wurde kurzzeitig zum Hollywoodstar, bevor er mit nur 23 Jahren den viel zu frühen Drogentod starb. Corey Feldman hatte zusammen mit dem ebenfalls unter tragischen Umständen verstorbenen Corey Haim einige Teenie´-Hits in den späten 80ern in der Pipeline (The lost Boys). Jerry O´Connell nahm später gefühlte hundert Kino ab, um in Filmen wie Scream 2 oder Piranha 3D aufzutreten. Und Wil Wheaton durfte immerhin als Dauergast in The Big Bang Theory seinem kurzen Hollywoodruhm selbstironisch nachweinen. Doch die wahren Stars sind in den Nebenrollen versteckt. So sehen wir in der Rolle des Bösewichts den jungen Kiefer Sutherland, der in der deutschen Fassung erstaunlicherweise schon damals von Stammsprecher Tobias Meister vertont wurde. Auch John Cusack durfte hier in einer seiner ersten Rollen vorbeischauen. Zu guter Letzt sei noch Richard Dreyfuss erwähnt, der als erwachsener Gordie dem Zuschauer die Geschichte der abenteuerlichen Leichensuche erzählt. Ein großes Stück Hollywood sowohl vor, als auch hinter der Kamera.
Stand by me – Das Geheimnis eines Sommers ist ein Film, der in jedes Sammlerregal gehört, das steht außer Frage. Doch wie sieht es mit der brandneuen Steelbook-Veröffentlichung seitens Sony Pictures / Plaion Pictures aus? Nun, ich denke, das Urteil würde ähnlich ausfallen, doch genau kann ich es Euch nicht sagen, da man mir zur Rezension nicht die brandneue 4K-Scheibe zugesandt hat, sondern die Blu-ray aus dem Jahr 2011. Diese scheint als zweite Disc dem Steelbook beizuliegen, worauf das Bonusmaterial hindeutet. So gibt es einen Audiokommentar von Rob Reiner, einen Bild im Bild-Kommentar von Rob Reiner, Wil Wheaton & Corey Feldman, eine Dokumentation, das Musikvideo zum Film und Trailer. Außerdem gibt es noch alternative- und geschnittene Szenen auf der 4K UHD-Scheibe obendrauf. Euch bleibt die Wahl, ob Ihr zum brandneuen Steelbook greift oder doch nur die kostengünstigere Blu-ray erwerbt, holen solltet Ihr Euch den Film aber auf alle Fälle.
Jetzt bleibt nur noch das Mysterium, welche zweite Stephen King-Verfilmung bei mir ganz oben in der Gunst steht. Nun, es ist ein Film, der ebenfalls von Plaion Pictures vertrieben wird, nämlich der wunderbare Gruselstreifen Der Werwolf von Tarker Mills, in dem der andere Corey (Haim), sich seinen Ängsten in Form einer reißenden Bestie stellen muss.
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