Da werden mal wieder Erinnerungen wach. Kurz vor Weihnachten im Jahr 1993 lief das US-Debut des Heroic Bloodshed-Gotts John Woo in den hiesigen Kinos an – entgegen seiner Hongkong-Werke ohne Zensuren seitens der FSK. Natürlich hatte das amerikanische Pendant, die MPAA, hier bereits kräftig zugeschlagen. Trotzdem war die Freude groß, denn an der grandiosen Choreographie änderte dies freilich nicht viel. Dass an diesem Tag in meiner Heimatstadt unser erstes, damals brandneues, Multiplexkino eröffnete, versüßte den Kinobesuch zusätzlich. So konnten wir die bombige Soundabmischung richtig genießen. Später erschien der Film dann sogar in der Unrated-Version, zunächst auf Englisch und später auch auf Deutsch – mit einigen englischsprachigen Passagen, die nicht neu synchronisiert wurden. Ein Fall für PLAION PICTURES, die die entsprechenden Stellen nachsynchronisieren ließen, um Fans eine währe Ultimate Edition bieten zu können. Was genau die Veröffentlichung so ultimate macht, dass erfahrt Ihr, inklusive Unboxing-Video, in dieser Kritik.
Originaltitel: Hard Target
Regie: John Woo
Darsteller: Jean-Claude Van Damme, Yancy Butler, Lance Henriksen, Arnold Vosloo, Wilford Brimley
Artikel von Christian Jürs
Seit frühester Jugend bin ich Fan brachialer Actionfilme. Ob Norris, Eastwood oder Bronson – ich liebe und liebte sie alle. Eines Tages übergab mir ein befreundeter Videothekar das Presseband eines Filmes mit dem Titel Hard Boiled. Was ich darauf zu sehen bekam, war ein echtes Kunstwerk, ein Actionballett, voller Zeitlupen und grandioser Choreographien, in denen sich die Helden mitten im Schusswechsel die Waffen zuwarfen, um weiter zu ballern. Ich war angefixt und begab mich auf die Suche nach weiteren Werken von Regisseur John Woo. Schnell fand ich City Wolf aka A better tomorrow und natürlich Blast Killer, besser bekannt unter dem Titel The Killer. Leider wurden Letzterem kräftig die Krallen gestutzt, was mich nicht davon abhielt, die melodramatische Geschichte des Profikillers mit dem Herzen aus Gold in mein selbiges zu schließen.
Harte Ziele lässt diese Tragik fast gänzlich vermissen, auch wenn hier eine junge Frau gleich zu Beginn ihren Vater verliert. John Woo´s Hollywood-Einstand ist mehr eine bunte Wundertüte für den Herrn, gefüllt mit comichaften Helden und Bösewichten. Das Drehbuch von Chuck Pfarrer, der es sich nicht nehmen ließ, den kleinen Part des Herrn Papas zu Beginn des Films zu übernehmen, ist eher eine Mischung aus Neon-Western und Comic, gepaart mit einer gehörigen Portion Graf Zaroff – Genie des Bösen.
In New Orleans findet ein perverses Spiel für die Reichen immer mehr Beliebtheit. Unter der Führung von Spielleiter Emil Fuchon (Lance Henriksen) und seiner rechten Hand Oik van Cleaf (Arnold Vosloo), jagen nachts reiche Geldsäcke mit schweren Waffen und unterstützt von Fuchons Schergen, Obdachlose mit Kriegserfahrung quer durch den Stadtrand. Schaffen die es, den Fluss zu erreichen, gehören ihnen 10.000$ Belohnung. Selbstverständlich liegt hier die Erfolgsquote bei 0%, dafür sorgen die schwerbewaffneten Gangster. Immerhin sollen die wohlsituierten Kunden auf ihre Kosten kommen.
Zu dieser Zeit macht sich die attraktive Natasha Binder (Yancy Butler) auf, ihren Vater in New Orleans zu besuchen. Was wir bereits wissen, sie aber nicht ahnt, ist, dass er vor geraumer Zeit seinen Job verloren hatte, obdachlos wurde und schließlich bei der Menschenjagd getötet wurde. In ihrer Verzweiflung bittet sie den arbeitslosen Matrosen Chance Boudreaux (Jean-Claude Van Damme) um Hilfe bei ihrer Suche, da von der Polizei, die sich gerade in einer Streiksituation befindet, wenig Hilfe zu erwarten ist. Lediglich die fleißige Polizistin Detective Marie Mitchell (Kasi Lemmons) ist bemüht, der verzweifelten Tochter zu helfen.
Da Chance dringend Geld benötigt, begeben Natasha und er sich auf die Suche und bekommen einen entscheidenden Hinweis vom ebenfalls obdachlosen Elijah Roper (Willie Carpenter). Der hat das Hab und Gut von Natashas Vater aufgetrieben. Darunter befinden sich auch Werbezettel für eine Sexhotline, die der schmierige Randal Poe (Eliott Keener) von Obdachlosen verteilen lässt. Der dient als Vermittler zwischen den armen Schluckern und der Killerbande, weswegen Chance dem Kerl einen Besuch abstattet.
Dann aber steht die Hiobsbotschaft ins Haus. Der verschollene Douglas Binder wurde gefunden, angeblich bei einem schweren Brand ums Leben gekommen. Doch damit wollen sich Chance und Natasha nicht zufriedengeben und forschen weiter, wodurch Fuchon auf den Matrosen aufmerksam wird und seine Killer loshetzt. Doch der erweist sich als zäher als erwartet und bekommt auch noch Unterstützung von seinem kauzigen Onkel Douvee (Wilford Brimley), der nicht nur als Schnapsbrenner ein Könner ist, sondern auch mit Pfeil und Bogen äußerst gut umgehen kann.
Harte Ziele von John Woo ist eine echte Spaßbombe für Actionfans, bei der man deutlich merkt, dass der Verleiher dem Regisseur, aufgrund seiner damals schlechten Englischkenntnisse, Tanz der Teufel-Macher Sam Raimi an die Seite setzte. So manche optische Spielerei, wie etwa die fliegenden Pfeile, dürften seine Idee gewesen sein. Was man dem Film anlasten könnte, ist die handlungsbetonte, erste Filmhälfte, die das Publikum in Warteposition verharren lässt. Dafür explodiert der Film dann in Filmhälfte Nummer zwei vollends und bietet ein herrlich überzogenes Blutballett. Hier darf vor allem Lance Henriksen als manischer Oberbösewicht so richtig aufdrehen, dass es eine wahre Freude ist, ihm zuzuschauen.
Plaion Pictures ließen sich bei dieser Ultimate Edition nicht lumpen und holten Van Dammes und Butlers Synchronsprecher Charles Rettinghaus und Sabine Falkenberg ins Studio zurück, um die damals fehlenden Szenen der Unrated-Fassung nachzusynchronisieren. Auch kurze Momente mit Lance Henriksen und Wilford Brimley mussten eingesprochen werden. Leider weilen Klaus Kindler und Joachim Nottke nicht mehr unter uns, weswegen man auf andere Sprecher zurückgreifen musste. Dabei wählte man aber weise (auf Henriksen hört man kurz Patrick Giese, der recht ähnlich klingt), sodass ein durchgehend ungestörter Filmgenuss garantiert ist.
Die 4K UHD-Variante in Dolby Vision sieht hervorragend und farbenfroh aus und klingt auch so. Natürlich kann man den Stuntman von Van Damme in den Reit- und Motorradszenen nun noch deutlicher erkennen. Auf Blu-ray gibt es zusätzlich zur Unrated-Fassung noch die Kinofassung und die deutlich längere Workprint-Version in englischer Sprachfassung. Diese verfügt über keine sonderlich gute Bildqualität, interessant ist die Version aber allemal. Des weiteren gibt es diverse Interviews neueren Datums, diverse Making Ofs, Trailer und Bildergalerien. In der Box befinden sich außerdem ein Poster, stabile Artcards, einen Abdruck des alten Presseheftes und ein weiteres Booklet. Eine wirklich hervorragende Edition.
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