Vor wenigen Wochen traf ich auf ein paar Filmfreunde jüngeren Alters und wir kamen auf spannende Thriller mit einem überraschenden Schluss zu sprechen. Selbstsicher warf ich Zwielicht in den Raum und bekam zu hören, dass der Film doch langweilig sei, da völlig vorhersehbar. Ich war baff. Tatsächlich? Hatten sich die Zeiten und Sehgewohnheiten so verändert, dass man meinen souverän eingeworfenen Titel einfach so weg wischen konnte? Sicher, vor knapp 30 Jahren war die Medienflut noch nicht so omnipräsent und man fand damals einiges an Filmen gut, die heute nicht mehr sehbar sind – aber Zwielicht habe ich doch als rundum gelungenen Film in Erinnerung, der mit Spannung unterhalten konnte. Um so gespannter war ich nun auf die neuerliche Sichtung des von PARAMOUNT PICTURES auf 4K UHD und Blu-ray herausgebrachten Hollywood-Klassikers, der mit restauriertem Bild vorliegt.
Originaltitel: Primal Fear
Regie: Gregory Hoblit
Darsteller: Richard Gere, Edward Norton, Laura Linney, John Mahoney, Frances McDormand, Steve Bauer, Andre Braugher
Artikel von Kai Kinnert
Schuldig oder unschuldig? Für den gerissenen Chicagoer Anwalt Martin Vail (Richard Gere) ist diese Frage Nebensache. Sein Job ist die Verteidigung – und das vor allem dann,wenn ein neuer Fall seinen Namen in die Schlagzeilen bringt und seiner Karriere einen steilen Aufstieg verspricht. Gierig nach Publicity übernimmt Vail die Verteidigung des mittellosen, sympathischen Ministranten Aaron Stampler (Edward Norton), der in Verdacht steht, den Erzbischof von Chicago auf bestialische Weise ermordet zu haben. Als Vail sich in das Gefecht gegen die Anklage stürzt, ahnt er nicht, daß er schon bald ein Netz von Korruption und Intrigen aufdeckt.Vail wird durch mysteriöse, raffinierte Fallstricke in die Irre geführt. Die Frage nach Schuld oder Unschuld stellt sich immer wieder aufs Neue.
Mein Fazit ziehe ich gleich nach oben: Der Film ist auch heute noch ein spannender und straff erzählter Thriller, fundiert inszeniert und mit bestem Schauspiel vorgetragen. Meine Bekannten mussten sich geirrt haben. Natürlich gibt es da diesen Twist, der sich irgendwann abzeichnet und schon durch die Besetzung seine Richtung vorgibt. Das ist dem Regisseur auch bewusst, denn der Film spielt ja eben genau mit der Andeutung seiner Lösung. Aber da gibt es noch diesen Twist im Twist, der selbst dann noch super funktioniert, wenn man den Film schon kennt. Zwielicht ist ein Film aus der Goldenen Zeit der 90er Jahre, in der so mancher Star in Topform war und Hollywood noch keinen Content-Ware für die Abonnenten von Streaming-Diensten produzierte. Da musste man sich noch an der Kinokasse behaupten und nicht nur die Statistik an Clicks bedienen.
Der Film hatte das Glück, dass er zeitlos produziert wurde. Der straff erzählte Anwalts-Crime-Thriller bedient keinen Zeitgeist, die Popkultur ist nicht erzählerisches Gewand und somit wirkt der Film auch heute noch frisch und befreit von kurzlebigen Trends. Das Drehbuch ist ohne Längen und wurde formvollendet auf den Punkt gebracht, was noch durch die zeitlose und von Schnörkeln befreite Inszenierung unterstrichen wird. Hier wird noch ein Kinofilm erzählt, der mit Michael Chapman (Wie ein wilder Stier, Auf der Flucht) einen erstklassigen Kameramann hatte und mit seinen Bildern ganz wesentlich diesen Film in der heutigen Zeit ankommen lässt. Dazu passt die runde und klassische Filmmusik von James Newton Howard (King Kong, 2005), die sich hauteng um den Film legt. Qualitätive Upper Class ist dazu das Schauspiel. Richard Gere ist auf der Höhe seines Könnens und sieht blendend aus. Ihm ist die Rolle des Anwalts auf den Leib geschrieben worden und er nutzt seine Rolle in komplexer Breite und mit viel Spielfreude. Ihm gegenüber Edward Norton in seiner ersten großen Hauptrolle, die er gänzlich ausfüllt. Was ist der Kerl gut!
Richard Gere soll, laut den Extras auf der Blu-ray, völlig beeindruckt vom Schauspiel seines jungen Kollegen gewesen sein. Zurecht – Edward Norton zeigt hier in seinem Beruf eine ganz große Leistung und ein Talent, von dem sich so mancher Kollege etwas abschneiden könnte. Dank ihm funktioniert der Gänsehautmoment auch heute noch so gut.
Regisseur Gregory Hoblit (Dämon – Trau keiner Seele, Das perfekte Verbrechen) ruht hier, wie bei seinen anderen Kinofilmen auch, souverän ins sich selbst und inszeniert gekonnt und auf den Punkt gebracht. Dank dieses geschmeidigen Zusammenspiels aus rundem Drehbuch, einer geschlossenen Inszenierung und einem bestens aufgelegtem Schauspiel-Ensemble ist Zwielicht auch heute noch ein sehenswerter und spannender Thriller. Ein Tipp für alle, die den Streifen noch nicht kennen und Fan von guten Krimis sind!
Das Bild der gesichteten Blu-ray ist gut, sauber und satt, der Ton ebenso, die 4K UHD sogar noch, erwartungsgemäß, ein wenig besser. Als Extras gibt es einen Audiokommentar, Filmmaker Focus mit dem ausführenden Produzenten Hawk Koch, „Zwielicht“ – Das endgültige Urteil, „Zwielicht“ – Der beste Zeuge, Psychologie der Schuld und den Original Kinotrailer.
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