Kurz bevor John Carpenter sich an den Dreh seines Horrormeilensteins Halloween – Die Nacht des Grauens machte, schrieb und inszenierte er, im Auftrag von Warner Bros., einen kleinen TV-Psychothriller mit Hitchcock-Anleihen, bei dessen Dreharbeiten er seine zukünftige Ex-Frau Adrienne Barbeau kennenlernen sollte. Obwohl ich bereits während meiner Jugend ein bekennender John Carpenter-Fanboy war, habe ich mir, aus Gründen, die heute nicht mehr nachvollziehbar sind, das Tape zum Film niemals aus der Horrorecke meiner Stammvideothek entliehen. PLAION PICTURES sei Dank konnte ich dieses Versäumnis nun nachholen. Doch was taugt der Streifen, der in Windeseile und mit limitierten, damaligen TV-Mitteln produziert wurde?
Originaltitel: Someone’s Watching Me!
Drehbuch und Regie: John Carpenter
Darsteller: Lauren Hutton, David Birney, Adrienne Barbeau, Charles Cyphers
Artikel von Christian Jürs
Auch wenn John Carpenter in den Neunzigern, spätestens mit dem unsäglichen Flucht aus L.A. viel von seiner früheren Leidenschaft für Film und seinen Biss eingebüßt hat und auch wenn er sich oftmals über seine eigenen Klassiker, wie The Fog – Nebel des Grauens, in Interviews und Audiokommentaren eher negativ geäußert hat, so prägte er doch nachhaltig meinen Filmgeschmack. Denn in viel zu jungen Jahren war ich bereits begeistert von Halloween – Die Nacht des Grauens, Assault – Anschlag bei Nacht, Die Klapperschlange, Das Ding aus einer anderen Welt oder auch Big Trouble in little China, den ich im zarten Alter von elf Jahren bereits im Kino sehen durfte.
Das unsichtbare Auge, der in den USA erst im Jahr 2007 auf DVD erschien und vorher lediglich im Fernsehen zu sehen war, habe ich trotzdem stets links liegen lassen, obwohl ich das Cover mit der verängstigt dreinblickenden Lauren Hutton mehrfach vor mir stehen sah. Kein Schimmer, was mich damals geritten hat. Dabei war die Grundthematik, Frau wird von unbekanntem Anrufer verängstigt, eine, die ich stets besonders gruselig empfand. Angst über der Stadt mit Jean-Paul Belmondo aus dem Jahr 1975 war so ein Film, der zwar hier und da deutlich Action-lastiger ausfiel, der in den Szenen, in denen der Killer des Nachts einsame Frauen am Telefon in Angst und Schrecken versetzte, mir als Kind aber eine, sorry, scheiß Angst einflößte.
Auch die frisch nach Los Angeles gezogene TV-Regisseurin Leigh Michaels (Lauren Hutton) bekommt Probleme mit einem gefährlichen Stalker. Die selbstbewusste, junge Frau zieht in ein Appartementhaus, aus dem sie von gegenüber beobachtet wird. Es dauert nicht lange und sie bekommt merkwürdige Geschenke per Post, gefolgt von anonymen Anrufen zu nachtschlafender Zeit. Was sie nicht ahnt, ist, dass der Unbekannte bereits in ihrer Wohnung war und ein Abhörgerät versteckt hat, womit er jedes Wort von Leigh mithören kann.
Als sich die Situation langsam zuzuspitzen droht, weiht sie ihre sympathische Kollegin Sophie (Adrienne Barbeau) und die neu kennengelernte Romanze Paul (David Birney), einen Psychologen, ein. Doch die und auch die Polizei ist machtlos, da der Anrufer Leigh zu keiner Zeit bedroht und daher nicht eingeschritten werden kann. Nach und nach spitzt sich die Lage zu und die junge Frau droht, den Verstand zu verlieren, da sie fortan in ständiger Angst lebt. Doch dann hegt sie einen Verdacht, wer hinter den unheimlichen Anrufen steckt…
Das unsichtbare Auge ist ein Fernsehfilm durch und durch, der an den optischen Gepflogenheiten einer TV-Produktion aus den späten Siebzigern leidet. So muss man mit typischen Abblendungen zur Werbepause rechnen und bekommt leider auch keinen Soundtrack von John Carpenter auf die Ohren. Stattdessen komponierte diesen Harry Sukman, der zu Serien wie Bonanza die Musik beisteuerte. Dieser klingt halt nach typischer TV-Standardware.
Trotz dieser widrigen Umstände gelang es Carpenter, einen spannenden, stringent erzählten Horror-Thriller auf die Beine zu stellen, der an so manchen Momenten, auch optisch, an seinen Klassiker Halloween – Die Nacht des Grauens, aber auch an Alfred Hitchcocks Das Fenster zum Hof und eben Angst über der Stadt erinnert. Aber auch Lauren Hutton verdient großes Lob, verkörperte sie doch schon ein Jahr vor Ellen Ripley eine starke Frauenfigur. Mit ihr mitzufiebern, fällt dem Zuschauer leicht. Alles in allem kein Meisterwerk, aber eine schöne Ergänzung im Sammlerregal zwischen den ganzen Highlights von John Carpenter.
Mir lag zur Rezension der Blu-ray-Rohling vor. Dieser verfügt über eine erstaunlich gute Bild- und Tonqualität. Als Bonus gibt es Interviews mit John Carpenter, Adrienne Barbeau und Charles Cyphers, der hier, ebenso wie in Halloween – Die Nacht des Grauens, als Polizist auftritt, sowie die Vollbildfassung des Films, ein Dreh-Location-Besuch und TV-Spots. Dem Mediabook liegt außerdem natürlich ein Booklet bei.
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