Spätestens seit ihrer Hauptrolle im Netflix-Hit WEDNESDAY (seit 2022) gehört Jenna Ortega zu den absoluten Shootingstars Hollywoods und beweist immer wieder auch ein Händchen für Genreproduktionen. Dass die gerade einmal 21-jährige Schauspielerin mit MILLER’S GIRL (2024) nun in einen Film zu sehen ist, der vom Verleih mehr oder weniger als laszives Katz- und Mausspiel zwischen ihr und SHERLOCK-Sidekick Martin Freeman angepriesen wird, ließ besonders die männlichen Fans aufhorchen. Ob die doch eher ambivalente Genre-Mixtur, die Studiocanal kürzlich auch im Heimkino veröffentlichte, auch hält was sie verspricht, erfahrt ihr in unserer Kritik.

Originaltitel: Miller’s Girl

Drehbuch & Regie: Jade Halley Bartlett

Darsteller: Martin Freeman, Jenna Ortega, Bashir Salahuddin, Gideon Adlon, Dagmara Dominczyk…

Artikel von Christopher Feldmann

Handlung:

Die begabte Literaturstudentin Cairo Sweet (Jenna Ortega) ist ehrgeizig und willensstark. Ihr Professor Jonathan Miller (Martin Freeman) sieht ihr kreatives Potential – und nicht nur das: Cairo ist ganz anders als die anderen Studentinnen und übt eine geheimnisvolle Anziehungskraft auf ihn aus, der er sich nur schwer entziehen kann. So verstricken sich Lehrer und Schülerin in ein immer gefährlicher werdendes, emotionales Netz, das beide an ihre Grenzen bringt. Als Jonathan beschließt, den Kontakt zu Cairo abzubrechen, ahnt er nicht, was für verhängnisvolle Folgen das haben wird. 

Es hinterlässt einen etwas faden Beigeschmack, dass Studiocanal MILLER’S GIRL (2024) als „packender Psychothriller, in dem ein harmloser Flirt aus dem Ruder gerät und zu einem emotionalen Katz- und Mausspiel zwischen Lehrer und Studentin wird“ verkauft. Vermutlich ist dies dem Umstand geschuldet, dass der Verleih selbst nicht wirklich wusste, wie man diesen Film sonst an den Mann bzw. die Frau bringen soll. In den USA krähte, trotz Ortegas Starpower, kein Hahn nach dem mit vier Millionen US-Dollar überschaubar budgetierten Streifen, sodass er nicht mal eine Millionen wieder in die Kassen spülen konnte. Betrachtet man die vorliegenden 90 Minuten versteht man auch warum.

Die Geschichte um eine ehrgeizige Schülerin, die sich aufmacht, ihren Lehrer zu verführen, lässt Erinnerungen an pseudo-erotische Schmonzetten wie EISKALTE ENGEL (1999) wach werden, so dass es mir ein Rätsel ist, warum gerade dieses Drehbuch auf Hollywoods Blacklist der heißen, noch unverfilmten Skripte stand, speist sich der Plot doch aus etablierten Motiven zusammen, die kaum weniger Klischees beinhalten könnten. Die einsame aber hochbegabte und ausgesprochen belesene Schülerin mit Sex-Appeal und der gescheiterte, spießige Schriftsteller, der nun unterrichtet und deshalb von der eigenen Frau verspottet wird, sind Rollentypen, die schon in den 2000er Jahren aus der Mode waren. MILLER’S GIRL greift diese auf, ohne ihnen etwas Neues hinzuzufügen, stattdessen entspinnt sich eine spannungsarme und völlig in der Luft hängende Geschichte um Versuchung und den Verfall des männlichen Protagonisten. Wer jetzt allerdings in dem Glauben lebt, bei dem Film könnte es sich zumindest um eine gerade noch goutierbare Wichsvorlage handeln, wird restlos enttäuscht sein, denn außer dass Martin Freeman zu einer obszönen Kurzgeschichte masturbiert, passiert auch auf der Schmuddel-Ebene nichts, was den Film in irgendeiner Form empfehlenswert machen würde.

Dabei ist es nicht mal unbedingt die abgedroschene Geschichte, die MILLER’S GIRL zum Rohrkrepierer macht, denn mit exorbitantem Kitsch und Fremdscham-Dialogen schaufelt sich das Ganze zügig sein eigenes Grab. Neben der Tatsache, dass man den Film weder als Thriller, noch als Erotikdrama, geschweige denn als Romanze klassifizieren kann, tun vor allem die Dialoge richtig weh. Sämtliche Beteiligten lassen hier Sätze vom Stapel, die so pseudointerlektuell daherkommen, dass der Cringe-Faktor kontinuierlich am Anschlag ist. So schwadronieren Freeman und Ortega über Literatur und eigene Sehnsüchte und teilen sich Zigaretten, während es entweder regnet oder die gesamte Szenerie nebelverhangen daherkommt.

Gerade die „künstlerische Idee“ hinter der Inszenierung habe ich nicht verstanden. Die Location Tennessee gibt zwar optisch einiges her, warum man diese allerdings wie eine Art mystische Welt, in der auch kaum Menschen zu leben scheinen, darstellt, bleibt mir ein Rätsel. Ortegas Figur, die sehr oft gezeigt wird, wie sie in Zeitlupe aus dem Nebel oder Regen kommt, bewohnt eine Villa, die fast wie ein verwunschenes Haus aus einem Schauerroman anmutet, in der Schule sind bis auf „Cairo“ und „Winnie“ so gut wie keine Schüler zu sehen und mit „Jonathan Miller“ selbst, sowie dessen Kumpel und Kollege „Boris“ scheint der Lehrkörper aus zwei (?) Personen zu bestehen. Die Inszenierung vermittelt etwas traumhaftes, unwirkliches und kaum greifbares, was allerdings überhaupt nicht hinein passen will, sondern MILLER’S GIRL zu einem kruden Machwerk werden lässt, das einfach ins Nichts läuft. Das ist schade, da mit Ortega und Freeman zwei nachweisliche Hochkaräter an Bord sind, die das Potenzial hätten, einen solchen Film ohne weiteres zu tragen. Immerhin der SCREAM-Star hängt sich in ihre Rolle hinein, scheitert aber an dem Material, der selbst jeden Oscar-Preisträger in die Knie zwingen würde.

Studiocanal veröffentlichte MILLER’S GIRL kürzlich im Heimkino. Bild- und Tonqualität der Blu-ray sind sauber, als Bonus ist der Trailer enthalten.

Fazit:

Wer mal wieder so richtig enttäuscht werden möchte, ist bei MILLER’S GIRL (2024) gut aufgehoben. Ein in allen Belangen seltsamer Mix, der sich nie entscheiden kann, was er jetzt sein möchte und dabei so erbarmungslos im Kitsch versumpft, dass 90 Minuten Laufzeit zur Herausforderung werden. Selbst den Anstand ein wenig Schweinkram zu liefern, hat der Film nicht. Buh!

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