Vor nicht allzu langer Zeit veröffentlichte Plaion Pictures John Woos Actionkracher HARD TARGET (1993) als schicke Ultimate Edition und gleichzeitig deutschsprachige 4K-Premiere im Heimkino. Da lag es natürlich auf der Hand, im Rahmen unserer „Best Worst Sequels“ einen Blick auf die 23 Jahre später erschienene Straight-to-DVD-Fortsetzung zu werfen, wobei der Begriff „Fortsetzung“ an dieser Stelle mit Vorsicht zu genießen ist. In HARD TARGET 2 (2016) fehlt vom VoKuHiLa tragenden Jean-Claude van Damme nämlich jede Spur, stattdessen mischt B-Recke und Kampfsport-Ass Scott Adkins sinistere Menschenjäger auf und auch das Regie-Zepter wandelte von Genrekoryphäe John Woo zu Auftragshandwerker Roel Reiné. Ob der Actionstreifen zumindest für kurzweiligen Spaß sorgen kann, verraten wir euch im Artikel, denn was passt besser zum Sommer als feurige Pyrotechnik und Roundhouse-Kicks im Dschungel von Myanmar?

Originaltitel: Hard Target 2

Drehbuch: Matt Harvey, Dominic Morgan, George Huang

Regie: Roel Reiné

Darsteller: Scott Adkins, Robert Knepper, Ann Truong, Rhona Mitra, Temuera Morrison, Amarin Cholvibul…

Artikel von Christopher Feldmann

Als ich das erste Mal HARD TARGET (1993) glich das einer Art Erweckungserlebnis. Auch wenn es sich dabei um die stark gekürzte FSK-16-Fassung handelte, entfachte John Woos Kracher meine Liebe für stilsichere, körperbetonte und mit reichlich Zeitlupen angereicherte Action. Jean-Claude van Damme befand sich zur Zeit der Produktion kurz vor seinem Zenit, Woo war unter den Genreregisseuren der neue, heiße Scheiß, Lance Henriksen ein fantastischer Bösewicht und die pompös inszenierten Shootouts, sowie van Dammes akrobatische Kicks sorgten für ein nachhallendes Filmerlebnis, das mit der von mir später gesichteten Unrated Fassung nochmal erheblich aufgewertet wurde. Dass eine Fortsetzung da nur verlieren konnte, war vermutlich sämtlichen Beteiligten klar, weswegen folgerichtig auch keine produziert wurde. Erst 23 Jahre später wurde Actionfans die Buxe feucht, als Scott Adkins persönlich verkündete, in Thailand HARD TARGET 2 (2016) zu drehen. Dass der für den Heimkinomarkt produzierte Actionfilm natürlich niemals an das Original herankommen würde, war so ziemlich jedem klar aber Adkins genoss schon damals aufgrund Highlights wie UNDISPUTED III: REDEMPTION (2010), UNIVERSAL SOLDIER: DAY OF RECKONING (2012) und NINJA: SHADOW OF A TEAR (2013) ein großes Renommee unter Fans des klassischen Prügelkinos und galt als legitimer Nachfolger van Dammes, der für den Briten seit Kindheitstagen ein Vorbild war. Natürlich kann es das Pseudo-Sequel, das sich eher als Reboot versteht, nicht mit dem Klassiker von 1993 mithalten, ist aber ein ordentlich inszenierter B-Kracher vor schöner Kulisse, bei dem Fans durchaus auf ihre Kosten kommen.

Handlung:

MMA-Champion Wes „The Jailor“ Baylor (Scott Adkins) hatte einen tragischen Schicksalsschlag zu verkraften, als er einen guten Freund bei einem gemeinsamen Kampf versehentlich tödlich trifft. Er möchte die brutale Welt der Schaukämpfe endgültig hinter sich lassen. Doch er bekommt ein Angebot, das er nicht ausschlagen kann: Für einen letzten Kampf soll er nach Myanmar reisen, es winkt eine Prämie von einer Million Dollar! Doch Wes erlebt eine böse Überraschung, die ihn sein Leben kosten könnte. Es gibt keinen Ringkampf, sondern ein sadistisches Spiel, eine gnadenlose Menschenjagd. Und Wes ist die Beute, doch er beschließt, es den Häschern so schwer wie möglich zu machen…

Mit HARD TARGET 2 verhält es sich wie mit vielen anderen mit großem Abstand zum Original produzierten Straight-to-DVD-Fortsetzungen. Hinter diesen steht meist die Heimkino-Abteilung eines großen Majors (in diesem Fall Universal Pictures), die mit Titeln aus ihrem Back-Katalog nochmal ein wenig Geld in die Kassen zu spülen versuchen. Ein Vorgehen, das in den 1990er und 2000er Jahren aufgrund eines stabilen DVD-Markts gang und gebe war und mittlerweile selten geworden ist, auch wenn es in der jüngeren Vergangenheit mit Filmen wie BLADES OF THE 47 RONIN (2022), R.I.P.D. 2: RISE OF THE DAMNED (2022) und ERASER: REBORN (2022) eine kleine Renaissance erlebte. Bedeutet: Man nehme einen bekannten, noch publikumswirksamen Titel und schustert daraus eine Art Fortsetzung, die in den meisten Fällen nur rudimentär etwas mit dem Original zu tun hat und dieses allenfalls in einer Dialogzeile erwähnt. HARD TARGET 2 verzichtet auf jegliche Verweise auf das Original, sondern kocht sein eigenes Süppchen, auch wenn man sich stilistisch natürlich sehr offensichtlich beim van-Damme-Klassiker bedient.

Eine nette Anekdote ist übrigens die Tatsache, dass Scott Adkins den Film ursprünglich gar nicht machen wollte. Als ihm Universal Pictures das Projekt anbot, lehnte er ab und zwar mit der Begründung, dass er selbst ein großer Fan des Originals ist und ist eine mit deutlich geringerem Budget bedachte Produktion für den Heimkinomarkt niemals das Niveau des van-Damme-Klassikers erreichen könne. Doch am Ende muss auch Kampfsport-Ass Adkins seine Familie ernähren und da das Studio ihm immer mehr Gage anbot, sagte er schlussendlich doch noch zu. Er selbst scheint nach wie vor fein mit dem Endprodukt zu sein und gab zu verstehen, dass es man das Beste aus den gegebenen Umständen herausholen konnte. Ich persönlich würde diese Aussage sofort unterschreiben, denn auch wenn HARD TARGET 2 seinem geistigen Vorgänger nicht das Wasser reichen kann, haben wir es hier mit einem souveränen und kurzweiligen B-Actionfilm zu tun.

Der Plot recycelt natürlich die bekannten Elemente des John-Woo-Films. Fiese Menschenjäger treiben ihr mörderisches Spiel dieses Mal im asiatischen Dschungel und statt eines Helden, der die Schergen von Außen aufmischt, befindet sich unsere Hauptfigur als Zielscheibe von Beginn an im Zentrum der Jagd. Dass das Set-Up um einen MMA-Champion, der seinem Kumpel und Konkurrenten versehentlich im Ring über den Jordan schickt und daraufhin eine Sinnkrise erlebt, reichlich konstruiert wirkt, muss man an dieser Stelle schlucken, sorgt aber immerhin für Szenen, in denen Adkins Underground-Fights in Asien bestreitet, was zugegeben immer ein Pluspunkt ist. Der Film verschwendet nicht allzu viel Zeit, bis es zur Jagd kommt, die dann auch recht zügig voranschreitet.

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Adkins tut das was er am besten kann und prügelt und kickt sich mit viel Körpereinsatz durch die Fauna Myanmars. Dass der B-Recke sein Metier beherrscht steht außer Frage und so gibt es einige akrobatische Stunts zu bestaunen, sowie einen fetten Split-Kick, mit dem der Brite zwei Schergen gleichzeitig vom Motorrad holt. Auch auf der Gegenseite ist Talent vorhanden. Lance Henriksen war ein perfekter Schurke, Robert Knepper kommt an diesen zwar nicht heran, gibt sich aber sichtlich Mühe und überzeugt als fieser Villain, dem aber ein ansprechender Henchman fehlt. Einen adäquaten Ersatz gibt für Arnold Vosloo gibt es zwar nicht, mit Temuera Morrison bekommt man aber ein bekanntes Gesicht als Ersatz. Dafür sind aber die übrigen Jäger größtenteils Knallchargen und auch Rhona Mitra ist als knallharte und schießwütige Kämpferin im sexy Outfit etwas zu überkandidelt, vor allem wenn sie ihren „Cool Girls don’t Look at Explosions“-Move aufführt. Wirklich farblos bleibt aber Adkins‘ weiblicher Sidekick, die kaum etwas nennenswertes beizutragen hat.

Natürlich muss man auch in Sachen Action ein paar Abstriche machen. Roel Reiné ist kein Visionär wie John Woo, sondern eher der Mann für das Metier, um das wir uns hier kümmern, nämlich günstig produzierte Quasi-Fortsetzungen bekannter Kinohits. So inszenierte der Niederländer u.a. THE MARINE 2 (2008), DEATH RACE 2 (2010), DEATH RACE 3: INFERNO (2013), THE SCORPION KING 3: BATTLE FOR REDEMPTION (2012) und THE MAN WITH THE IRON FISTS 2 (2016). Unter all diesen DVD-Heulern stellt HARD TARGET 2 die beste Arbeit des Handwerkers dar. Gemessen an den 17 Drehtagen und dem überschaubaren Budget, sieht der Streifen durchaus wertig aus und es gibt sogar einige schöne Panoramen zu bewundern. Auch die Dichte der Action ist lobendwert, denn Adkins prügelt und ballert sich nicht nur durchs Dickicht, sondern liefert sich auch noch eine Verfolgungsjagd mit einem Helikopter auf dem Wasser und bestreitet einen ordentlichen Showdown auf einer Brücke, bei dem er gleich mehrere Gegner niederstrecken darf. Inszenatorisch zollt Reiné dabei immer wieder Woo Tribut, so lässt auch er weiße Tauben fliegen und nutzt zahlreiche Zeitlupen, um der Action etwas mehr Wucht und Pathos zu verleihen. Das sieht zwar nie so filigran wie bei seinem Vorbild aus, ist aber weitaus besser gemacht als beim Großteil der fürs Heimkino produzierten B-Filme.

Mittlerweile ist die DVD- und Blu-ray-Auflage, die 2017 über KSM in Deutschland erschien größtenteils vergriffen, so dass Fans zu Second-Hand-Angeboten greifen müssen. Zuletzt war der Film allerdings für eine gewisse Zeit im Paket bei Amazon Prime Video enthalten. Augen auf in Zukunft, dann lässt sich der Film bestimmt mal erwischen.

Fazit:

HARD TARGET 2 (2016) ist trotz seines Titels eher eine Art Reboot und Standalone-Film statt eine Fortsetzung des Actionkrachers mit Jean-Claude van Damme. Dennoch macht der B-Streifen Laune, sieht für seinen Produktionswert deutlich größer aus und hat mit Scott Adkins den richtigen Hauptdarsteller an Bord, der Fans von knackiger Kampfsport-Action zufriedenstellen wird. Kein Highlight aber ein ordentlicher Reißer für Zwischendurch.

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