Der Mittelteil der Rache-Trilogie Park Chan-wooks, fein eingebettet zwischen Sympathy for Mr. Vengeance (2002) und Lady Vengeance (2005), ist einer der ganz großen koreanischen Filme und ein Glanzstück koreanischen Filmschaffens. Wobei sich das Portfolio des Regisseurs Park auch so schon wie das Lexikon des erfolgreichen K-Movies liest. Sogar der großartige JSA – Joint Security Area (2000) ist von ihm, was mir gänzlich entfallen war. Oldboy ist Kino aus der obersten Style-O-Mat Kiste, ein Abräumer auf Filmfestivals und eine irrwitzige Achterbahnfahrt durch die inneren und äußeren Untiefen von Rache, Schuld und Vergebung. Wenn sich Oh Dae-su später mit dem Zimmermannshammer im Gang des Gefängnisses bis zur Erschöpfung seinen Weg durch seine Widersacher hämmert, dann ist das filmische Popkultur pur, dann erlebt man, zu welcher ikonischen Art und Weise das koreanische Kino fähig ist. Park Chan-wook machte aus einer einfachen Geschichte einen komplexen Film voller stimmiger Ideen und trockenem Humor, heftiger Gewalt und tiefer Einsamkeit. Oldboy ist ein gewichtiges Filmkaliber und wurde nun zurecht von CAPELIGHT PICTURES als opulente 4-Disc Limited Collector’s Edition im Mediabook (UHD-Blu-ray + Blu-ray + 2 x Bonus-Blu-ray) mit allerlei Extras veröffentlicht.

Originaltitel: Oldeuboi

Regie: Park Chan-wook

Darsteller: Choi Min-sik, Yu Ji-tae, Kang Hye-jeong

Artikel von Kai Kinnert

Ohne erkennbaren Grund wird der Geschäftsmann Oh Dae-su entführt und in einen fensterlosen Raum gesperrt. Sein einziger Kontakt zur Außenwelt ist ein Fernseher, über den er eines Tages aus den Nachrichten erfährt, dass seine Frau ermordet wurde und er selbst dafür verantwortlich gemacht wird. Nach 15 langen Jahren in völliger Isolation wird Oh Dae-su – ebenso unvermittelt, wie er gefangen genommen wurde – schließlich in die Freiheit entlassen. Auf der Suche nach Antworten schwört er Rache an seinen Peinigern, doch die Tortur ist für ihn noch nicht überstanden.

Das ist schon wieder einer dieser Titel, der bei Fans und Filmschaffenden bekannt wie ein bunter Hund ist. Es gibt tonnenweise Rezensionen und Aufsätze zu diesem Film im Internet zu finden, kaum ein Schlumpf, der nicht irgendetwas zu Oldboy zu sagen hatte. „Wer Oldboy nicht kennt, hat die Welt verpannt!“, pflegte meine Oma stets zu sagen und so kam es dann auch. Wer sich Asia-Kino ansieht, der wird an Oldboy nicht vorbeigekommen sein. Und wenn doch, dann wird es aber höchste Zeit, diese sträfliche Lücke nun endlich zu schließen, denn Oldboy hat ein paar sehr sehenswerte Vorteile zu bieten! Da ist zum Beispiel Hauptdarsteller Choi Min-sik als Dae-su. Der Mann ist großartig, er lieferte eine absolute Tour de Force im Schauspiel ab, er ist aggressiv, wütend, verzweifelt, einsam und zerbrechlich zugleich. Sein Boxtraining an der Gefängniswand lässt die Kulisse wackeln (siehe Making Of), sein Hammerschlag ist ikonisch, seine Erschöpfung spürbar, sein Witz trocken und seine Erkenntnis abgrundtief. Vier Oktopus kostete der Film das Leben, denn erfrischend ist nicht nur die grandiose Inszenierung der Rache, sondern auch der legendäre Verzehr eines lebenden Oktopus vor laufender Kamera. Dae-su wünscht sich nach 15 Jahren Gefängnis mit frittierten Teigtaschen nichts sehnlicher, als etwas lebendiges zu essen. Und so kommt Oktopus auf Dae-sus Teller, der dann in echt und live von Choi Min-sik verzehrt wird. Eine Einstellung, die ich mir nicht einmal ganz ansehen konnte. Ich musste immer wegschauen, das war mir schlichtweg zu eklig, wie das Tier da mit den Tentakeln im Gesicht tastet und dabei von Choi Min-sik zerkaut wird. Eine weiteres Qualitätsmerkmal ist der trockene Witz und das gute Timing des Films. Oldboy wird nie langweilig oder zergeht sich gar in stumpfer Gewalt, ganz im Gegenteil. Oldboy ist stilsicher, voller durchdachter Eleganz und schwarzhumoriger Einfälle, verwoben mit psychologischen Tiefen und fieser Feinfühligkeit.

Ein Highlight ist natürlich die lange Einstellung, in der sich Dae-su mit dem Hammer bis zur Erschöpfung durch seine Widersacher prügelt. Choi Min-sik gegen 20 Stuntmen, eine Art Power-Workout des Nahkampfs, detailliert choreografiert und einer einzigen parallelen Kamerafahrt aufgenommen. Die Szene ist fantastisch und voll erschöpfter Eleganz. Im Making of erfährt man dann auch, dass der Regisseur nach dem zehnten Durchlauf noch immer nicht zufrieden war: „Irgendetwas fehlt! Mach nochmal!“ Der Kampf wurde insgesamt 17 mal hintereinander gedreht und Cho Min-sik am Ende erschöpft zu seinem Stuhl getragen. „Jetzt ist es richtig gut gewesen!“ Es war die Erschöpfung, die Park Chan-wook bei Choi Min-sik sehen wollte – und so ließ er ihn die Szene immer wieder erneut aufnahemn. Der im Film verwendete Take ist dann die echte und absolute Erschöpfung, die von Choi Min-sik nicht mehr gespielt wurde. Ihn musste man danach tatsächlich vom Set tragen.

Oldboy ist kunstvolles Vorzeigekino aus Korea, ein echter Klassiker zeitgenössischen Kinos und sollte nicht verpasst werden. Paclend, nahbar, hart und witzig, das alles ist Oldboy. Fans wissen, was sie sich da ins Regal stellen. Für die Leute, die diesen Film noch nicht kennen, wird es jetzt höchste Zeit. Greifen Sie zu, solange solche Filme noch physisch zu haben sind.

Das Bild der gesichteten Blu-ray ist sauber, satt und klar, der Ton ist gut. Es gibt einiges an Extras. Der Film ist erstmals mit deutscher Dolby-Atmos-Tonspur auf UHD-Blu-ray (inklusive Dolby Vision und HDR10) und Blu-ray vorliegend. Dazu gibt es, verteilt auf den Discs, eine 111-minütigen Dokumentation Old Days, ein 24-seitiges Booklet mit einem neuen Text von Lucas Barwenczik, Audiokommentar von Regisseur Park Chan-wook, Audiokommentar von Park Chan-wook und Kameramann Jung Jung-hoon, Audiokommentar von Park Chan-wook und den Darstellern Choi Min-sik, Yoo Ji-tae und Kang Hye-jeong, ein 10-teiliges Making-of (Der Anfang, Vorsprechen, Vorbereitung, Drehorte, Kennenlernen, Drehstart, Produktionsdesign, Musikscore, VFX, Flashback), ein Videotagebuch, Interviews mit Cast & Crew: Park Chan-wook, Tsuchiya Garon, Choi Min-sik, Yoo Ji-tae, Kang Hye-jeong, Yoon Jin-seo, Chi Dae-han, Kim Byeong-ok, Oh Dal-su, Lee Seung-shin, Oh Kwang-rok, die Featurette: Zu Gast bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes, Entfallene und alternative Szenen (mit optionalem Audiokommentar von Park Chan-wook), Musikvideo: Starsailor – Bring My Love, Deutscher Trailer, Teaser, TV-Spot, Nicolas Winding Refn im Gespräch mit Park Chan-wook und die Dokumentation: Old Days: An Oldboy Story.

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