Es kommt nicht oft vor, dass ich dazu komme, einen Roman zu lesen. Aufgrund meines zeitraubenden Hobbies, Filme zu rezensieren, bleibt mir schlichtweg kein Raum dafür. Diesmal hatte ich allerdings keine Wahl, denn Autor Peter Osteried schickte mir ungefragt (Skandal!) ein Exemplar seines, vom VERLAG IN FARBE UND BUNT vertriebenen, Romans zu. Natürlich mit der Bitte um eine Rezi – umsonst ist nur der Tod. Mittlerweile sind mehrere Wochen ins Land gezogen, in denen ich um Vertröstungen nicht drumherum kam. Da ich nun aber Urlaub hatte, war endlich einmal Zeit da, den Schmöker von vorne bis hinten durchzulesen. Ein Mix aus Science Fiction-Geschichte und Filmnerd-Wissen.
Autor: Peter Osteried
305 Seiten – schwarzweiss
Artikel von Christian Jürs
Vor einigen Wochen, ich war gerade auf dem Weg zu einer Pantoffelkino-Aufzeichnung, habe ich die kurze Bahnfahrt genutzt, um mich in die ersten Kapitel von Interview mit Marilyn Monroe hineinzulesen. Es waren kaum dreißig Seiten, aber umgehend kam von Autor Peter Osteried die Frage, an welchen Schauspieler ich bei dem Interviewer (der Hauptfigur des Romans) denken würde. Spontan nannte ich Christian Slater, also nicht den jugendlichen Rebell aus Hart auf Sendung, sondern den aktuellen Slater (er feiert am 18. August seinen 65. Geburtstag). Natürlich war das ins Blaue geraten, denn nach nur dreißig Seiten fällt es schwer, ein solches Urteil zu fällen – man lernt die Figur ja gerade erst flüchtig kennen.
Die Handlung des Romans findet im Jahr 2033 statt. Im Inneren einer hochmodernen Einrichtung erwachen Menschen zum Leben, die eigentlich bereits tot sind, teilweise schon mehrere Jahrzehnte lang. Doch es sind keine gewöhnlichen Personen, sondern Schauspieler – weltberühmte Schauspieler. Der Erste, den wir kennenlernen ist der Ungar Bela Lugosi, der als Graf Dracula in den Dreißigern bis Vierzigern große Erfolge feierte und der 1956 von Krankheit und Drogensucht gezeichnet verarmt an einem Herzinfarkt verstarb.
Doch es handelt sich mitnichten um den alten, kranken Lugosi, sondern den, der in den Dreißigern auf dem Zenit seines Könnens angekommen war. Empfangen wird er vom weiter oben bereits erwähnten Interviewer, der sich behutsam um den Horrorstar und alle anderen Ankömmlinge kümmert, damit diese den Schock ihres ungewollten Zeitsprungs mental verkraften können.
Peter Osteried…. und ein Waldweg
Die anderen, wiedergeborenen Stars lesen sich wie das Who-is-who aus Hollywoods-Glanztagen. Von Sidney Portier über John Wayne, Heath Ledger, Bruce Lee, Sean Connery und Robin Williams – so nach und nach versammelt sich im Gebäudekomplex eine ganze Schar von Legenden, die die Leinwände zum Leuchten brachten. Interessanterweise verlief das Leben der Akteure trotz ihres Herausgerissen-Werdens aus ihrer Welt parallel weiter. Stolz präsentiert der Interviewern den eigentlich Verstorbenen ihre Werke, die sie in den Folgejahren ihres Lebens noch drehen würden – auf einem Tablet, was für Menschen wie Bela Lugosi, James Stewart und Co. reinste Science Fiction darstellt.
Die Welt, in der sie sich befinden, ist ihnen fremd, was auch den Grund darstellt, warum die Türen nach draußen zunächst verschlossen bleiben. Dem Interviewer ist wichtig, dass sich die Stars und Sternchen langsam an ihre neue Umgebung gewöhnen, was jedoch nicht allen der Neuankömmlinge schmeckt. Eine unter ihnen aber ist anders als die anderen. Die Rede ist von Norma Jean Baker, besser bekannt als Marilyn Monroe. Die ist nicht nur zauberhaft, sondern auch dankbar für ihre zweite Chance, nachdem sie erfährt, dass ihr natürliches Leben früh endete. Doch an der Blondine ist noch mehr außergewöhnlich. Was, das sei hier nicht verraten, wohl aber, dass sie dem Interviewer den Kopf verdreht.
Chapeau, Herr Osteried. Es ist ihnen gelungen, mich an einen Science Fiction-Roman zu fesseln. Das hätte ich tatsächlich nicht erwartet. Das Genre war, vor allem im Romanbereich, eigentlich nie meine bevorzugte Kost. Erstaunlicherweise war ich trotzdem schnell im Lese-Bann gefangen. Dies lag, neben der durchaus interessanten Geschichte, am respektvollen Umgang mit den Figuren, über deren Leben hier einiges zusammengetragen wurde. So schuf man Spannung auf verschiedenen Ebenen: Neben der, vor allem gegen Ende ordentlich Fahrt aufnehmenden Geschichte, gibt es allerlei Hintergrundwissen über die ganz Großen in Hollywood.
Nachdem ich Interview mit Marilyn Monroe zum letzten Mal schloss, sinnierte ich nochmal, wer denn nun der Interviewer für mich sein könnte – ich glaube, ich bleibe beim aktuellen Christian Slater. Ich glaube, der passt ganz gut.
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